Blame and Shame heißt ihr Motto

Verleihung der Karlsmedaille (v.l.n.r.): Moderatorin Annette Gerlach, Oberbürgermeister Marcel Philipp, Preisträgerin Dunja Mijatović, Dr. Jürgen Brautmeier (Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten), Laudator Richard Porter und Michael Kayser (Vorsitzender des Vereins „Medaille Charlemagne“). © Stadt Aachen/Andreas Herrmann

Mit dieser Medaille wird seit dem Jahr 2000 im Vorfeld der Karlspreis-Feierlichkeiten in Aachen eine europäische Persönlichkeit oder Institution ausgezeichnet, die sich auf dem Gebiet der Medien in besonderer Weise um den Prozess der europäischen Einigung und um die Herausbildung einer europäischen Identität verdient gemacht hat. Die Laudatio auf Dunja Mijatović hielt Richard Porter, Controller of English bei BBC Global News und ehemaliger Nachrichtendirektor bei BBC World News.

Den Finger in die Wunde legen

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE, hat deutlich mehr Mitglieder als Die EU. Sie umfasst 57 Mitgliedsstaaten, darunter alle Staaten Europas (inklusive Türkei und Russland) außer Kosovo, die Mongolei, die Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion sowie die USA und Kanada. Schon aus dieser Konstellation wird klar, dass es mit der Pressefreiheit selbst in den Staaten der OSZE nicht zum Besten bestellt ist. Die Türkei, Russland und Ukraine, aber auch Länder wie Ungarn  genügen wohl als Beispiel dafür, wie wichtig die Arbeit der OSZE-Beauftragten für die Freiheit der Medien ist, um Defizite immer wieder aufzudecken und anzuprangern. „Blame and Shame“, nennt Dunja Mijatović aus Bosnien und Herzegowina dies im Gespräch. „Meine wichtigste Aufgabe ist es, mit meiner Stimme auf den Unterscheid zwischen der Wahrheit und Propaganda aufmerksam zu machen“, erklärt sie resolut. Man müsse immer wieder den Finger in die Wunde legen.
Zu Recht, wie während der Preisverleihung im Krönungssaal des Aachener Rathauses ein Filmclip der Organisationen „Reporter ohne Grenzen“ zur Situation der Pressefreiheit eindrucksvoll belegte: Allein 2014 kamen (als dokumentierte Fälle) 66 Journalisten, 19 Bürgerjournalisten und 11 Medienmitarbeiter bei der Ausübung ihres Auftrags ums Leben – durch Folter, Krieg etc.


Dunja Mijatović im Weißen Saal des Aachener Rathauses.  © Frank Fäller

Dunja Mijatović bezeichnete es als hohe Ehre, mit der Médaille Charlemagne ausgezeichnet zu werden. Darauf sei sie sehr stolz: „Durch diese Auszeichnung wird ein deutliches Signal an Journalisten in aller Welt geschickt, wie wichtig die Sicherung der freien Meinungsäußerung und der Freiheit der Medien für das Wohlergehen unserer Gesellschaft ist. Die Auszeichnung ist eine große Ehre für mein gesamtes Team und die Anerkennung unserer Arbeit zur Unterstützung und Förderung der Medienfreiheit in den OSZE-Mitgliedsländern.“

Aachens Oberbürgermeister Marcel Philipp betonte in seiner Begrüßungsrede, dass Dunja Mijatović als Beauftragte der OSZE für die Freiheit der Medien immer unabhängig und konsequent die Freiheit der Medien verteidigt habe. „Ein Angriff auf die Freiheit der Presse, ist immer auch ein Angriff auf die Demokratie“, sagte Philipp. Ihre Berichte, Mahnungen und Interventionen seien keine Fußnoten der großen Politik, sondern elementare Beiträge zur Verteidigung der Menschenrechte und der demokratischen Freiheiten. „Die Auszeichnung, die Sie heute in Aachen erhalten, ist tiefer Dank hierfür und mag Ansporn sein, weiterhin für die Menschenrechte und die Demokratie einzutreten als Grundlagen für menschliche Würde, aber auch für politische Stabilität auf dem europäischen Kontinent.“

Reporter, Fotografen und Kameraleute riskieren Gesundheit und Leben

Michael Kayser, der Vorsitzende des Vereins „Médaille Charlemagne“, erinnerte daran, das uns jeden Tag eine Vielzahl von Nachrichten aus aller Welt erreicht. Gute wie schlechte Nachrichten, leider häuften sich die schlechten. „Aber auch solche wollen wir erfahren und die Hintergründe kennen. Wir wollen wissen, was passiert, an welchen Orten und vor allem, warum etwas passiert. Hierfür benötigen wir freie und unabhängige Medien. Ich denke, niemand mag sich vorstellen, wo wir heute ohne diese Medien wären, ohne die Reporter, Fotografen und Kameraleute, die, das muss man wohl so sagen, teilweise ihre Gesundheit und ihr Leben riskieren, um uns mit Nachrichten und Bildern zu versorgen. Und weil sich unsere diesjährigen Preisträgerin für all diese Dinge einsetzt, finde ich, dass wir eine gute Wahl getroffen haben und Dunja Mijatović diese Auszeichnung verdient hat“.
(Frank Fäller/ACP)

Info: Bisherige Träger der Karlsmedaille waren der Publizist Lord George Weidenfeld (GB), der Autor Cees Nooteboom (NL), der Produzent Jan Mojto (D), der Regisseur Jean-Jacques Annaud (F), der ehemalige Intendant des Westdeutschen Rundfunks Köln Fritz Pleitgen (D), die polnische Schauspielerin Krystyna Janda (PL), die Stiftung Berliner Philharmoniker,  gemeinsam die Regisseure Fatih Akin (D) und Abdellatif Kechiche (F), die Organisation „Reporter ohne Grenzen“, der Musiker André Rieu (NL), die Verlegerin Inge Schönthal-Feltrinelli (I), die russische Zeitung Novaya Gazeta, Timothy Garton Ash (GB) sowie im vergangenen Jahr die European Film Academy (EFA). Gestiftet wird der Preis vom Verein „Médaille Charlemagne pour les Médias Européens“, dem folgende Institutionen angehören: Stadt Aachen, Stadt Maastricht, Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens, Landesanstalt für Medien NRW (LfM), Film- und Medienstiftung NRW GmbH, Arte – der Europäische Kulturkanal, BBC World News, Deutsche Welle, EOS Entertainment GmbH, Euronews, Eurosport S.A., der Zeitungsverlegerverband Nordrhein-Westfalen        e. V. sowie die Gesellschaft für die Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen e. V. Der Verein wurde 2006 auf Initiative der LfM und der Stadt Aachen ins Leben gerufen.

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