„Die Rückkehr der Moderne. Leo Breuer in Koblenz, Bonn und Paris“

Leo Breuer, Sphärisch, 1965 LVR LandesMuseum Bonn Foto: Jürgen Vogel

Koblenz. Leo Breuer, der in Bonn geboren wurde und in Paris und Bonn gelebt hat, kehrt ins Rheinland und explizit nach Koblenz zurück, wo er seine letzte 1993 im Mittelrhein-Museum hatte. Bis zum 27. März 2022 wird der Künstler im Koblenzer Museum gezeigt.

Er gehört zweifelsohne zu den bedeutenden Künstlern der Moderne im Rheinland. Vom Expressionismus über die Neue Sachlichkeit bis hin zur Abstraktion und zur Op-Art umfasst das Breuersche Werk eine erstaunliche Abfolge von Stilrichtungen. Niemals kümmerte sich Leo Breuer (1893 – 1975), um modische Trends, alles an ihm war konzentrierte und konsequente Weiterentwicklung seiner künstlerischen Position. In Erinnerung an Breuer vergibt der Landschaftsverband Rheinland (LVR) durch das LVR-LandesMuseum Bonn seit 1999 im zweijährigen Turnus den mit 5000 Euro dotierten Leo-Breuer-Preis.

Leo Breuer, Konstruktiv, 1954 Kunstmuseum Bonn Foto: David Ertl

Koblenzer Stadttheater

Bereits von 1928 bis 1930 war Breuer Leo Breuer durch seine Tätigkeit für das Koblenzer Stadttheater mit der Moselstadt verbunden. Fast 40 Jahre später, im Jahr 1968, richtete ihm das Mittelrhein-Museum eine große Retrospektive aus. Eine unerwartete Schenkung veranlasste nun das Museum, Leo Breuer erneut in den Blick zu nehmen. Denn im Jahr 2019 hatte das Bonner Landes Museum elf großformatige Gemälde und Reliefs aus dem Nachlass des Sohnes des Künstlers Jaques Breuer, an das Mittelrhein-Museum vermittelt. Zu sehen sind neben den frühesten Malereien der 1920er Jahre und Portraits im Stil der Neuen Sachlichkeit auch Theaterentwürfe der Koblenzer Phase und Aquarelle aus der Zeit seiner Internierung 1941 bis 1944. Ein Schwerpunkt liegt auf den abstrakten Malereien seit der Nachkriegszeit und deren Weiterentwicklung zu den lautstarken, kinetisch wirkenden Reliefs des Spätwerks. Konsequente Reduktion verbunden mit der Intention, dem Betrachter Bewegung und Dynamik zu vermitteln, führten in seinem Spätwerk zur Bildform des Reliefs, die in der geometrisch-konstruktiven Kunst eine besondere Rolle spielt. In seinen Reliefs hat Leo Breuer zu einer eigenständigen und eindringlichen Bildsprache gefunden. Die Reduktion auf meist einheitliche Quader oder Leisten, die lediglich in Farbe, Anordnung und Ausrichtung variieren, zeigen sein intuitives Gespür für eine spannungsreiche Komposition.

Eigenständiges Relief

Sti­lis­tisch wa­ren sei­ne frü­hen Bil­der an ei­nen ex­pres­si­ven Im­pres­sio­nis­mus an­ge­lehnt, wie et­wa Max Lie­ber­mann (1847–1935) ihn pfleg­te, der sich in den spä­ten 1920er Jah­ren – be­son­ders bei sei­nen Per­so­nen­dar­stel­lun­gen – hin zur neu­sach­li­chen Ma­le­rei än­der­te. Sein 1924 ge­stal­te­ter Sie­ger-Ent­wurf zu ei­nem Pla­kat­wett­be­werb, den die Stadt Bonn zur Rhei­ni­schen Jahr­tau­send­fei­er aus­ge­schrie­ben hat­te, wies je­doch schon deut­lich in Rich­tung des Kon­struk­ti­vis­mus. Bei der Koblenzer Ausstellung wurde der Schwerpunkt auf sein Spätwerk und die sehr eigenständigen Reliefs aus dieser Schaffensperiode gelegt. Die Reliefs leben aus der Interaktion mit dem Betrachter: verschieden gewählte Blickpunkte lassen unterschiedliche Strukturen erkennen. Das Wesentliche, das Leo Breuer in seinen Werken zu verbildlichen versuchte, lässt sich in Struktur und Farbe seiner Bilder entdecken. Dabei steht die Komposition klar im Vordergrund und bildet meist Variationen.

Leo Breuer, Der Kohlenmann, 1931 LVR-LandesMuseum Bonn, Foto: Jürgen Vogel

Konstruktivismus

Künst­le­risch beschäftigte sich Le Breuer stark mit den theo­re­ti­schen Schrif­ten Was­si­ly Kandins­kys (1866–1944). Zudem setzte er sich mit dem hol­län­di­schen Kon­struk­ti­vis­mus aus­ein­an­der. Sei­ne neu ge­won­ne­nen Er­kennt­nis­se flos­sen in sei­ne ei­ge­nen Bil­der ein. In­spi­riert durch die Be­geg­nung mit Künst­lerkollegen wie Hans Har­tung (1904–1989), Al­bert Glei­zes (1881–1953) und vor al­lem Au­gus­te Her­bin (1882–1960), von dem er stark be­ein­flusst wur­de, kon­zen­trier­te Breu­er sich nun ganz auf den Kon­struk­ti­vis­mus. Be­son­de­res Au­gen­merk galt der „Pin­sel­zeich­nung I“ mit ih­ren ge­gen schwar­ze Kei­le ge­führ­ten Li­ni­en­flä­chen. Sein aus dem Schwarz-Weiß ent­wi­ckel­tes Ge­stal­tungs­prin­zip über­nahm der Ma­ler auch bei Farb­bil­dern. In sei­nen Bil­dern do­mi­nier­te mehr und mehr die rei­ne Far­be un­ter Ver­zicht ge­bro­che­ner Tö­ne. Die Kom­po­si­tio­nen wur­den zu­neh­mend har­mo­ni­scher.

In Paris wurde Leo Breuer 1953 Mitglied des Salons des „Réalités Nouvelles“. Seit 1957 nahm er an den Aus­stel­lun­gen des Deut­schen Künst­ler­bun­des teil, dem er 1960 bei­trat. 1961 fei­er­te er bei ei­ner Aus­stel­lung in der Pa­ri­ser Ga­le­rie „Hau­te­feul­le“ gro­ße Er­fol­ge mit sei­nen dort ge­zeig­ten Gra­fi­ken. Ein An­kauf des Pa­ri­ser Mu­sée Na­tio­nal d’Art Mo­der­ne führ­te zu ei­nem stei­len Kar­rie­re­an­stieg mit ei­ner Fül­le von Fol­ge­aus­stel­lun­gen.

Werkschau in Bonn

Das Städ­ti­sche Kunst­mu­se­um Bonn, das be­reits 1929 ei­ne ers­te Ar­beit Breu­ers (Por­trät des Va­ters) an­ge­kauft hat­te, fei­er­te den ge­bür­ti­gen Bon­ner 1963 zu sei­nem 70. Ge­burts­tag mit ei­ner gro­ßen Werk­schau, die an­schlie­ßend auch in an­de­ren Mu­se­en ge­zeigt wur­de. Da­mit wur­de Breu­ers Na­me erst­mals ei­ner grö­ße­ren Öf­fent­lich­keit be­kannt ge­macht. Seit 1967 ent­stan­den aus­schlie­ß­lich Ar­bei­ten in Kom­bi­na­ti­on ver­schie­de­ner Ma­te­ria­li­en wie Kork oder Holz mit teil­wei­se ki­ne­ti­schem An­satz, was ihn im sel­ben Jahr zum Mit­be­grün­der der Grup­pe „Con­struc­tion et Mou­ve­ment“ (CO-MO) wer­den ließ. Letz­te gro­ße Eh­run­gen Breu­ers fan­den 1973 zum 80. Ge­burts­tag des Künst­lers mit ei­ner Re­tro­spek­ti­ve des Rhei­ni­schen Lan­des­mu­se­ums Bonn (heu­te Lan­des ­Mu­se­um Bonn) statt. Diesem Haus vermachte Leo Breuer große Teile seines Konvoluts.

Peter Köster

Leo Breuer, Konstruktiv, 1954 Kunstmuseum Bonn, Foto: David Ertl