Koblenz. Leo Breuer, der in Bonn geboren wurde und in Paris und Bonn gelebt hat, kehrt ins Rheinland und explizit nach Koblenz zurück, wo er seine letzte 1993 im Mittelrhein-Museum hatte. Bis zum 27. März 2022 wird der Künstler im Koblenzer Museum gezeigt.
Er gehört zweifelsohne zu den bedeutenden Künstlern der Moderne im Rheinland. Vom Expressionismus über die Neue Sachlichkeit bis hin zur Abstraktion und zur Op-Art umfasst das Breuersche Werk eine erstaunliche Abfolge von Stilrichtungen. Niemals kümmerte sich Leo Breuer (1893 – 1975), um modische Trends, alles an ihm war konzentrierte und konsequente Weiterentwicklung seiner künstlerischen Position. In Erinnerung an Breuer vergibt der Landschaftsverband Rheinland (LVR) durch das LVR-LandesMuseum Bonn seit 1999 im zweijährigen Turnus den mit 5000 Euro dotierten Leo-Breuer-Preis.
Koblenzer Stadttheater
Bereits von 1928 bis 1930 war Breuer Leo Breuer durch seine Tätigkeit für das Koblenzer Stadttheater mit der Moselstadt verbunden. Fast 40 Jahre später, im Jahr 1968, richtete ihm das Mittelrhein-Museum eine große Retrospektive aus. Eine unerwartete Schenkung veranlasste nun das Museum, Leo Breuer erneut in den Blick zu nehmen. Denn im Jahr 2019 hatte das Bonner Landes Museum elf großformatige Gemälde und Reliefs aus dem Nachlass des Sohnes des Künstlers Jaques Breuer, an das Mittelrhein-Museum vermittelt. Zu sehen sind neben den frühesten Malereien der 1920er Jahre und Portraits im Stil der Neuen Sachlichkeit auch Theaterentwürfe der Koblenzer Phase und Aquarelle aus der Zeit seiner Internierung 1941 bis 1944. Ein Schwerpunkt liegt auf den abstrakten Malereien seit der Nachkriegszeit und deren Weiterentwicklung zu den lautstarken, kinetisch wirkenden Reliefs des Spätwerks. Konsequente Reduktion verbunden mit der Intention, dem Betrachter Bewegung und Dynamik zu vermitteln, führten in seinem Spätwerk zur Bildform des Reliefs, die in der geometrisch-konstruktiven Kunst eine besondere Rolle spielt. In seinen Reliefs hat Leo Breuer zu einer eigenständigen und eindringlichen Bildsprache gefunden. Die Reduktion auf meist einheitliche Quader oder Leisten, die lediglich in Farbe, Anordnung und Ausrichtung variieren, zeigen sein intuitives Gespür für eine spannungsreiche Komposition.
Eigenständiges Relief
Stilistisch waren seine frühen Bilder an einen expressiven Impressionismus angelehnt, wie etwa Max Liebermann (1847–1935) ihn pflegte, der sich in den späten 1920er Jahren – besonders bei seinen Personendarstellungen – hin zur neusachlichen Malerei änderte. Sein 1924 gestalteter Sieger-Entwurf zu einem Plakatwettbewerb, den die Stadt Bonn zur Rheinischen Jahrtausendfeier ausgeschrieben hatte, wies jedoch schon deutlich in Richtung des Konstruktivismus. Bei der Koblenzer Ausstellung wurde der Schwerpunkt auf sein Spätwerk und die sehr eigenständigen Reliefs aus dieser Schaffensperiode gelegt. Die Reliefs leben aus der Interaktion mit dem Betrachter: verschieden gewählte Blickpunkte lassen unterschiedliche Strukturen erkennen. Das Wesentliche, das Leo Breuer in seinen Werken zu verbildlichen versuchte, lässt sich in Struktur und Farbe seiner Bilder entdecken. Dabei steht die Komposition klar im Vordergrund und bildet meist Variationen.
Konstruktivismus
Künstlerisch beschäftigte sich Le Breuer stark mit den theoretischen Schriften Wassily Kandinskys (1866–1944). Zudem setzte er sich mit dem holländischen Konstruktivismus auseinander. Seine neu gewonnenen Erkenntnisse flossen in seine eigenen Bilder ein. Inspiriert durch die Begegnung mit Künstlerkollegen wie Hans Hartung (1904–1989), Albert Gleizes (1881–1953) und vor allem Auguste Herbin (1882–1960), von dem er stark beeinflusst wurde, konzentrierte Breuer sich nun ganz auf den Konstruktivismus. Besonderes Augenmerk galt der „Pinselzeichnung I“ mit ihren gegen schwarze Keile geführten Linienflächen. Sein aus dem Schwarz-Weiß entwickeltes Gestaltungsprinzip übernahm der Maler auch bei Farbbildern. In seinen Bildern dominierte mehr und mehr die reine Farbe unter Verzicht gebrochener Töne. Die Kompositionen wurden zunehmend harmonischer.
In Paris wurde Leo Breuer 1953 Mitglied des Salons des „Réalités Nouvelles“. Seit 1957 nahm er an den Ausstellungen des Deutschen Künstlerbundes teil, dem er 1960 beitrat. 1961 feierte er bei einer Ausstellung in der Pariser Galerie „Hautefeulle“ große Erfolge mit seinen dort gezeigten Grafiken. Ein Ankauf des Pariser Musée National d’Art Moderne führte zu einem steilen Karriereanstieg mit einer Fülle von Folgeausstellungen.
Werkschau in Bonn
Das Städtische Kunstmuseum Bonn, das bereits 1929 eine erste Arbeit Breuers (Porträt des Vaters) angekauft hatte, feierte den gebürtigen Bonner 1963 zu seinem 70. Geburtstag mit einer großen Werkschau, die anschließend auch in anderen Museen gezeigt wurde. Damit wurde Breuers Name erstmals einer größeren Öffentlichkeit bekannt gemacht. Seit 1967 entstanden ausschließlich Arbeiten in Kombination verschiedener Materialien wie Kork oder Holz mit teilweise kinetischem Ansatz, was ihn im selben Jahr zum Mitbegründer der Gruppe „Construction et Mouvement“ (CO-MO) werden ließ. Letzte große Ehrungen Breuers fanden 1973 zum 80. Geburtstag des Künstlers mit einer Retrospektive des Rheinischen Landesmuseums Bonn (heute Landes Museum Bonn) statt. Diesem Haus vermachte Leo Breuer große Teile seines Konvoluts.
Peter Köster