RWTH-Studie zu Entlastungsmaßnahmen

Bild von 5688709 auf Pixabay

Entlastungspakete der Bundesregierung nur begrenzt zur Armutsbekämpfung geeignet

RWTH LogoDer RWTH-Lehrstuhl für Energiesystemökonomik hat die Wirksamkeit und das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Entlastungspakete der Bundesregierung untersucht. Ein Großteil der energiebedingten Mehrbelastung kann demnach durch die Maßnahmen kompensiert werden – indes komme vom gesamten Entlastungsvolumen lediglich 14,8 Prozent bei einkommensschwachen Haushalten an.

Um die Folgen der gestiegenen Verbraucherpreise abzufedern, wurden von der deutschen Bundesregierung bislang drei Entlastungspakete verabschiedet. Am Lehrstuhl für Energiesystemökonomik der RWTH Aachen haben Professor Aaron Praktiknjo und Jan Priesmann die finanzielle Entlastungswirkung für verschiedene Einkommensgruppen sowie das Aufwand-Nutzen-Verhältnis der Entlastungspakete eingehend untersucht.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass ein Großteil der energiebedingten Preisanstiege 2022 und 2023 durch die Maßnahmen der Bundesregierung kompensiert wird. Nach den Berechnungen der Autoren musste ein durchschnittlicher Vierpersonenhaushalt, der Wärme über eine Gasheizung bezieht, für das Jahr 2022 im Vergleich zu 2021 mit Mehrausgaben von rund 1.400 Euro kalkulieren. Durch die verschiedenen Entlastungsmaßnahmen steht diesen Haushalten ein zusätzliches Einkommen in Höhe von durchschnittlich 1.200 Euro zur Verfügung. In den Ergebnissen sind Nachfragerückgänge infolge gestiegener Preise bereits berücksichtigt. Für das Jahr 2023 verringert sich die energiepreisbedingte Belastung gegenüber 2022 leicht.

Weiterhin zeigt die Studie, dass die Maßnahmen der Bundesregierung Haushalte aller Einkommensgruppen deutlich entlasten. Somit profitieren aber auch Haushalte mit sehr hohen Einkommen von den Entlastungsmaßnahmen.

Nur ein geringer Teil des Entlastungsvolumens kommt bei von Armut betroffenen Haushalten an

Einkommensschwache Haushalte sind durch die gestiegenen Energiepreise stärker durch Armut gefährdet als zuvor. Angesichts begrenzter öffentlicher Mittel haben die Autoren deshalb das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Maßnahmen hinsichtlich der Armutsbekämpfung untersucht. Hierfür untersucht die Studie den Anteil der Entlastung, der explizit Haushalte unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle adressiert. Dabei zeigt sich, dass bei den wenigsten der Einzelmaßnahmen Haushalte in Armut im Fokus stehen. Gewichtet man die Maßnahmen zudem nach ihrem finanziellen Entlastungsvolumen, fällt die Bilanz sogar noch schlechter aus.

Dies zeigt sich laut der Studienergebnisse für alle drei Entlastungspakete. Für die Jahre 2022 und 2023 ergeben sich Gesamtentlastungsauswirkungen auf die finanziellen Budgets von Privathaushalten von insgesamt 79,9 Milliarden Euro, welche sich auf die drei Entlastungspakete aufteilen. Hiervon kommen 11,8 Milliarden Euro und damit nur 14,8 Prozent bei Haushalten unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle zugute. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 waren 16,9 Prozent aller Haushalte in Deutschland von Armut betroffen.

Jan Priesmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl, rät für zukünftige Maßnahmen, dass „möglichst gezielte Entlastungen im Vordergrund stehen sollten, um insbesondere die Gefährdung durch Armut zu reduzieren“. Dabei sollte vor allem auf gezielten Transferzahlungen gesetzt werden. Diese können bei langfristig anhaltend hohen Energiekosten, die über einen kurzfristigen Preisschock hinausgehen, mit Lohnanpassungen und Anpassung von Leistungsbezügen flankiert werden. Aaron Praktiknjo, Inhaber des Lehrstuhls für Energiesystemökonomik, führt an: „Hierfür sollten in Deutschland Strukturen aufgebaut werden, die eine solche zielgenaue Adressierung ermöglichen.“ Er weist zudem auf ein weiteres Ergebnis der Studie hin: „Wie in anderen Untersuchungen stellen auch wir erneut fest, dass Preiseingriffe meistens wenig zielgerichtet wirken und daher sowohl ineffizient als auch kontraproduktiv für das Ziel der Energieeinsparung sind.“

Hier ist die Studie online verfügbar.