Bauhaus Dessau eröffnet drei neue Zwischenspiele – Auftakt mit Triadischem Ballett von Oskar Schlemmer

Figurinen des Triadischen Balletts von Oskar Schlemmer. Foto: Bauhaus Dessau

Dessau. Die Stiftung Bauhaus Dessau eröffnet am Donnerstag, 31. März, ab 17 Uhr die ersten Zwischenspiele im neuen Ausstellungsjahr. „Oskar Schlemmer und Kia LaBeija“ bildet den Auftakt zu den Aktivitäten rund um das Jubiläum des „Triadischen Ballets.“ Die Ausstellung, die in Kooperation mit der Staatsgalerie Stuttgart entstand, wird bis zum 25. September gezeigt.

Uraufführung in Stuttgart

Vor 100 Jahren, am 30. September 1922, wurde das erfolgreichste Bühnenprojekt von Oskar Schlemmer in Stuttgart uraufgeführt: das „Triadische Ballett.“ Ursprünglich angelegt als ein von der rhythmischen Gymnastik inspiriertes „Erlösungsballett“, wurde es zu einer Versuchsanordnung, in der performativ, spekulativ und abstrakt erkundet wird, wie ein anderes Menschsein durch Gestalt- und Bewegungswandel vorstellbar werden kann. Vor allem in Dessau hat Schlemmer das „Triadische Ballett“ zusammen mit dem ebenfalls 1922 entworfenen „Figuralen Kabinett“ in seine Bauhausarbeit integriert und als Produkt der von ihm geleiteten Bühnenwerkstatt weiterentwickelt. Die Kostüme dienten dabei weniger als Verkleidungen: Schlemmers Bühnenpuppen sind Kostümapparate, die gewohnte Bewegungen einschränken, um das Erfinden neuer, von Konventionen befreiter Bewegungsmuster zu fördern. Parallel zum Zwischenspiel im Bauhaus Museum Dessau werden auf der historischen Bühne im Bauhausgebäude Reproduktionen von Kostümen und Figurinen Oskar Schlemmers ausgestellt.

In Dialog mit historischen Dokumenten zum „Triadischen Ballett“ tritt im Zwischenspiel eine Videoinstallation zur Performance (Untitled) „The Black Act“ (2019) von Kia LaBeija (geboren 1990). Die New Yorker Künstlerin und Choreografin hat Schlemmers Vision aufgegriffen, nutzt die abstrakte Versuchsanordnung aber nicht für imaginäre Entwürfe neuer Menschen. Stattdessen aktualisiert und öffnet sie für sich den dritten Akt des „Triadischen Balletts“ als eine Spielstruktur, um darin sehr persönlich Schwarze Weiblichkeit und Zuschreibungen von Körperbildern zu verhandeln sowie zugleich ein selbstbewusstes Sich-Verwandeln-Können immer wieder neu zu erproben.

Dänisches Kollektiv „Superflex“

Für das Zwischenspiel „Das Meer ist kein Abgrund“ ist das dänische Kollektiv „Superflex“ eingeladen. Im Bauhaus Museum (bis 25. September) und im Bauhausgebäude (bis zum 4. September) beschäftigen sich die Künstler mit den möglichen Folgen des Klimawandels. In verschiedenen Arbeiten und Projekten nehmen „Superflex“ den künftigen Anstieg des Meeresspiegels vorweg. Es werden mögliche Konsequenzen wie etwa Überschwemmungen vor Augen geführt, sollte sich die Erde weiter erwärmen, und sollte es zu keiner Verhaltensänderung kommen. Im Museum bewegt sich ein fremd anmutendes Wesen über Boden und Wand der Black Box: Eine Siphonophore – Verwandte der Quallen. „Superflex“ entwarf eine computergenerierte Siphonophore und erstellte einen Animationsfilm mit dem Titel „Vertical Migration“ (Vertikalwanderung), der ihren Aufstieg aus der Tiefe des Ozeans zeigt. „Superflex“ geht davon aus, dass die Menschen angesichts des steigenden Meeresspiegels in den kommenden Jahrhunderten ebenfalls vertikal wandern werden – in höhere Lagen und höhere Gebäude.  Im Werkstattflügel des historischen Bauhausgebäudes zeigt die Künstlerformation eine Reihe von Skulpturen, die sowohl Kunst für Menschen als auch potenzielles künftiges Zuhause für Meeresbewohner sind.

“Superflex“ wurde 1993 von Jakob Fenger, Bjørnstjerne Christiansen und Rasmus Rosengren Nielsen gegründet. Heute ist „Superflex“ ein Unternehmen, ein Kollektiv und eine künstlerische Praxis, die sich ausgehend von ihren Gründern erweitert hat und immer wieder in anderer Formation auftritt.

„Hol erst mal Luft“

„Hol erst mal Luft“ lautet der Titel eines weiteren „Zwischenspiels“, das bis zum 24. März 2023 gezeigt. In der Vergangenheit definierte man klar, wie ein neues Verständnis vom Menschen und dessen geändertes Verhältnis zur Welt aussehen könnte. Das historische Bauhaus hinterfragte die Idee des sogenannten „Neuen Menschen“ – in Bezug zur räumlichen Umgebung und im Kontext der Industrialisierung. Auch im 21. Jahrhundert ist die Wunschliste an den „Neuen Menschen“ lang. Das digitale Zeitalter verspricht Werkzeuge zur stetigen Selbstoptimierung, und die Corona-Pandemie verlangt enorme Flexibilität und Geschwindigkeit bei der Nutzung digitaler Hilfsmittel. Zeit, um innezuhalten und sich dem psychischen Wohlbefinden zu widmen, bleibt kaum. „Das Zwischenspiel gibt den Gästen während ihres Museumsbesuchs die Möglichkeit zum Durchatmen“, so Barbara Steiner, Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau. „Man kann zur Ruhe kommen und man kann sich Zeit nehmen, um anschließend den Ausstellungsrundgang mit einer neuen Perspektive fortzusetzen.“  pk