Ein Zufall beschert Historikern in Aachen Glücksmomente

Ein Monogramm-Denar Karls des Großen und der Königin Fastrada. Foto: Route Charlemagne Aachen

Extra eine Münze bei Vielehe eines Kaisers prägen? Karl der Große war fünfmal verheiratet und hatte zahlreiche Freundinnen, die wir zum Teil mit Namen kennen. Warum, so fragte man sich bisher, ist keine einzige dieser Frauen auf einer Münze genannt?

Denn: Was wären Karl und seine Herrschaft ohne Gefährtin an seiner Seite gewesen, fragt sich Prof. Dr. Frank Pohle, Leiter der Route Charlemagne. Ein zufälliges Fundstück, besser klingt Sammlerstück, mit kleinem materiellem Wert damals, aber großer Verbreitung im Reichsgebiet, beschert der Stadt Aachen heute große Bedeutung in ihrem Fundus der Kaiserstadt.

Karlspreis lässt grüßen
Der Karlspreis in Aachen steht am 14. Mai vor der Tür, Männer und Frauen haben diesen bereits erhalten. Heute ist dieser Orden für alle gleich, allerdings „nur“ ein Zahlungsmittel politischer Natur. Und mehr als wichtig. Auch die kleine Münze hat heute einen herausragenden Wert.

Frank Pohle, der Kenner Karls des Großen in Aachen beschreibt die Glücksmomente so: Ein Aachener Bürger ist fündig geworden. Auf Vermittlung von Simon Coupland – dem Fachmann für Numismatik der Karolingerzeit – konnte er im Münzhandel tatsächlich einen Monogramm-Denar Karls des Großen sichern, auf dem auch eine seiner Gemahlinnen als Königin genannt ist: Fastrada. Das Centre Charlemagne hat das einzigartige Stück nun für das Münzkabinett der Städtischen Sammlung erworben. Über den Kaufwert herrscht Stillschweigen.

Diese Münze ist bislang ein Unikat – und das in dreifacher Hinsicht: Sie ist ein Unikat sowohl im Hinblick auf die Prägeserie, als auch im Hinblick auf die Nennung einer Königin auf einer Münze in der langen Regierungszeit Karls des Großen, und schließlich handelt es sich (ausgenommen einer Prägung Ludwigs II. für Benevent) um die bisher einzige Münze eines Herrschers aus der Familie der Karolinger, die den Namen einer Königin ausweist. Dabei handelt es sich um einen „ganz gewöhnlichen“, kursfähigen Denar für den Münzumlauf im Reich.

Fastrada galt den grauen Eminenzen am Hof als Hexe
Dass es unter den Ehefrauen Karls des Großen dann ausgerechnet seine dritte Ehefrau, die mainfränkische Adelige Fastrada (um 765-794), geschafft hat, in einer Münzinschrift genannt zu werden, scheint jedoch folgerichtig. Wie keine andere von Karls Ehefrauen hatte sie nicht nur die Aufsicht über den königlichen Haushalt zu führen, sondern war ihrem Mann auch geschätzte Beraterin und als Stellvertreterin in Abwesenheit des Herrschers mit Regierungsaufgaben betraut. Die „großen alten Männer“ am Karlshof sahen dies mit Skepsis, scheint Fastrada doch mit harter Hand geführt und das Urteil des Hofkreises nicht in jedem Fall gesucht zu haben. Karls Biograf Einhard (der sie allerdings nicht mehr persönlich kennenlernte) schildert sie als grausam, sie genoss jedoch das unbedingte Vertrauen des Herrschers, der ihr in Liebe zugetan war, wovon ein Brief Karls an seine Frau zeugt. (Siehe Anhang) Das Umfeld konnte sich den Einfluss dieser Frau auf den König aber nur mit Hexerei erklären: Die Legende vom „Ring der Fastrada“ hat hier ihren Ursprung.

Der Ring der Fastrada
Die Legende berichtet, Fastrada habe Karl durch einen verzauberten Ring an sie gebunden und zwar so sehr, dass Karl auch vom Leichnam seiner Frau nicht zu trennen war, bis der Ring als Wurzel allen Übels erkannt und entfernt worden war. Bischof Turpin von Reims soll den Ring in den Teich der Frankenburg in Aachen-Burtscheid geworfen haben, an dessen Ufer Karl der Große dann immer wieder lange verweilte.

Nur kurze Umlaufzeit
Vor der Münzreform Karls des Großen kann das Stück nicht ausgemünzt worden sein, also nicht vor 793, auch wenn Karl damals bereits seit zehn Jahren mit Fastrada verheiratet war. Deren Tod im Sommer 794 dürfte dann das Ende dieses Münztypus bedeutet haben, was die Seltenheit des Stückes erklärt. Da einige Jahre zuvor König Offa von Mercia, mit dem das Frankenreich in regem diplomatischem Kontakt und wirtschaftlichem Austausch stand, damit begonnen hatte, Münzen mit dem Namen seiner Ehefrau ausgeben zu lassen, mögen diese angelsächsischen Prägungen Vorbildcharakter für die Inschrift gehabt haben. Die Form des Kreuzes auf dem Avers ist eine Besonderheit. Statt des üblichen griechischen Kreuzes mit ausgestellten Enden ist hier eine sehr schlanke Variante mit Endrundeln gewählt, wie es in der Form typischen Frauenfibeln aus dem ostfränkischen Raum entspricht.

Münze fraglos von überragender münz- und ortsgeschichtlicher Bedeutung
Ein Problem bei Unikaten ist natürlich immer, dass sie – anders als bei dem Porträtdenar Karls des Großen, der 2022 als Dauerleihgabe für das Centre Charlemagne gewonnen werden konnte und auf reges Medieninteresse gestoßen ist – nicht Ihresgleichen haben, mit dem sie unmittelbar verglichen werden können. Der Zustand des Materials deutet auf ein hohes Alter hin, vor allem aber können die Schmuckelemente (Perlkranz), das Karlsmonogramm und die Form der Buchstaben sowie die technische Herstellung des Stempels analysiert und auf Vergleichsstücke hin untersucht werden. So ergibt sich eine besondere Nähe zu den sogenannten „Ac patricius Romanorum“-Prägungen Karls des Großen, die von hoher Qualität in Schrift und Gestaltung sind. Bei diesen Münzen begegnet auch das kleine „o“, allerdings im Wort „RoM(anorum)“. Für diese Münzen (die übrigens sowohl das lateinische Karlsmonogramm als auch das Monogramm auf Griechisch zeigen) wurde Aachen als Münzstätte ins Gespräch gebracht. (red/ff)