Bonns gute Stube: Der Petersberg und sein Gästehaus
Er ist einer von sieben Geschwistern: Der Petersberg gehört zum Siebengebirge nahe der Bundesstadt. Er liegt auf dem Stadtgebiet von Königswinter auf einer Höhe von sage und schreibe 331 Metern über dem Meeresspiegel. Spätestens seit 1990, als das Hotel auf dem stolzen Hügel erneut Gästehaus der Bundesregierung wurde, ist der Petersberg so etwas wie die gute Stube der ehemaligen Bundeshauptstadt. Deren Einrichtung war, wie das auch in den besten Familien vorkommt, keineswegs unumstritten. „Nicht gemütlich genug“, wurde damals vehement geschimpft, und „Verschwendung von Steuergeldern“, die man anderswo besser angelegt hätte, war noch der geringste Vorwurf. Der „angeklebte Empfangspavillon“, die Rotunde, lasse verwöhnte Staatsgäste vermutlich nach einem Magenbitter verlangen, krittelte man hämisch.
Doch es wurden auch andere Stimmen laut, die vom „Juwel Petersberg“ sprachen und die Rotunde als lichtdurchflutetes Herz- und Prunkstück des neuen Gästehauses und als modernes Wunderwerk aus Stahl priesen.
Genau das hatten die Architekten Gernot Kramer und Horst Linde im Sinn gehabt, nach deren Entwürfen gebaut wurde: Die Rotunde sollte Transparenz und Leichtigkeit vermitteln, Offenheit, Eleganz und eine festliche Atmosphäre suggerieren.
1978 bereits hatte die Bundesregierung von der Familie Mülhens den Petersberg mit allen Gebäuden und dem zirka 109 Hektar großen Gelände erworben. Nach Abschluss der aufwendigen, 1985 begonnenen Umbauten ließ nicht nur die Architektur des neuen Petersberg-Outfits, sondern auch die Ausstattung der noblen Suiten die Meinungen der Besucher auseinander gehen. Eine „Orgie aus creme-, lachs- oder zigarrenfarbenem Marmor“, räsonierte damals der Kölner Stadt-Anzeiger.
Blässliche Seidentapeten, „gediegene“ Teppiche und „unentschiedener Möbelmix“ wurden bemängelt.
Aus heutiger Sicht allerdings erscheinen die fast 137 Millionen Mark, die die Neugestaltung des größtenteils denkmalgeschützten Gebäudes verschlang, doch gut angelegt. Seit der Neueröffnung 1990 wird das Gästehaus Petersberg, das nach wie vor im Eigentum des Bundes ist, von der Hotelgruppe Steigenberger betrieben. 2004 wurde der Managementvertrag zwischen der Gästehaus Petersberg GmbH und der Hotelgruppe Steigenberger um 15 Jahre verlängert.
Die 99 Hotelzimmer können auch von Privatpersonen gemietet werden. „Ein Hotel dieser Größe hat normalerweise mindestens 200 Zimmer. Wir haben nur 99“, erklärt Steigenberger-Hoteldirektor Vladimir Saal, der den Petersberg Ende des Jahres 2010 verlassen hat. Wenn das kein Beleg für Großzügigkeit ist…
Nahezu alle Staatsoberhäupter und Regierungschefs der Länder, mit denen die Bundesrepublik diplomatische Kontakte pflegt, haben hoch oben über dem Rhein auf dem Petersberg gewohnt. Und auch nach dem Regierungsumzug an die Spree fungiert der Petersberg weiter als Gästehaus der Bundesregierung und wird in unregelmäßigen Abständen für Konferenzen genutzt. So stand er im Dezember 2001 und Ende des Jahres 2002 im Mittelpunkt des Weltinteresses als Schauplatz der Afghanistan-Konferenz. Jeweils im Herbst findet seit 1999 das Symposium „Petersberger Perspektiven“ statt, das bedeutende historische Ereignisse aus jenen glücklichen, längst vergangenen Tagen, als die Geschicke der Bundesrepublik noch vom Rhein gesteuert wurden, in Verbindung mit aktuellen Bezügen behandelt.
Auch die „Petersberger Gipfelgespräche“ für den Mittelstand, die in Kooperation mit NRW-TV stattfinden, erfreuen sich großer Beliebtheit.
Noch immer findet sich Prominenz ein, vor allem politische. So übernachteten in den vergangenen Monaten Fürst Albert von Monaco, Großbritanniens Ex-Premier Tony Blair, der mexikanische Präsident Felipe Calderón und der ehemalige NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers auf dem Petersberg. Auch die Kanzlerin genoss hier ihre wohlverdiente Nachtruhe.
Der Petersberg – bewegte und lebendige Geschichte hat hier stattgefunden. Hier betrat Bundeskanzler Konrad Adenauer ohne Erlaubnis den roten Teppich, als er von den alliierten Hohen Kommissaren empfangen wurde. Hier unterzeichnete er 1949 das Abkommen, dem der Petersberg seinen Namen gab.
Der Berg im Siebengebirge hat Geschichte geschrieben wie keines seiner Geschwister, nicht einmal der legendäre Drachenfels. Der Weg der Domäne Petersberg, einst Treffpunkt der Romantiker um Ernst Moritz Arndt und August Wilhelm Schlegel auf der Suche nach der blauen Blume, dann neubarockes Kurhotel der Kölner 4711-Dynastie, später Sitz der Alliierten Hohen Kommission von 1949 bis 1952 über die erste Nutzung als Gästehaus 1955 bis 1969 bis zum heutigen Grandhotel Petersberg, war lang und beschwerlich. Heute ist der Petersberg ein einzigartiger, nicht nur durch den phantastischen Blick übers Rheintal kaum zu toppender Veranstaltungsort der Region mit Galaempfängen, hochkarätigen Events, Silvestertanz in der Rotunde, Wellness-Wochenenden und sagenhaften Lunchbüffets, aber auch Tagungen, Konferenzen und Seminaren.
Im November hatte das Steigenberger Grandhotel Petersberg illustre Gäste zum 20-jährigen Jubiläum des Gästehauses Petersberg geladen. Unter den Gästen war auch der Prinz von Benin. Der erste Staatsgast im Gästehaus war vor zwanzig Jahren der Premierminister von Benin, wie sich Hotelmanager Saal erinnert.
So schließt sich gleichsam der Kreis. Und Zeitzeuge Norbert Blüm sprach in seiner Rede zum Jubiläum vielen von ihnen aus dem Herzen mit dem denkwürdigen Statement:
„Der Petersberg gehört zur Topografie der deutschen Demokratie. Er ist eine der Geburtsstätten der Bundesrepublik Deutschland, die unserem Land eine gute Zeit gebracht hat“.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
R.