Berlin, 13. November 2023- Im Kabarett-Theater DISTEL wurde am Abend ‘Zickengold’, eine Likörmarke “nicht nur für weibliche Zicken” der Privatbrennerei Boente im Rahmen einer öffentlichen Gala mit dem Goldenen Zaunpfahl 2023 ausgezeichnet.
Eine Likörmarke mit dem Namen ‘Zickengold’, die sich zwar laut Unternehmen nicht nur an “weibliche Zicken” richtet, dann aber alle denkbaren Klischees bedient: hier wird Alkoholkonsum mit viel “Augenzwinkern” und “Fun” propagiert, damit verharmlost und Frauen ganz beiläufig nahelegt, sich mal locker zu machen, also nicht so zickig zu sein. Das sei dann auch, so die Privatbrennerei weiter, der passende Anreiz, weshalb die “Männerwelt es mit einem Lächeln gerne verschenken” wird. Alkohol als strategisches Mittel, Frauen gefügig zu machen… angesichts hoher Zahlen von sexualisierter Gewalt, da war sich die Jury schnell einig, sollte auch eine Privatbrennerei ein derart gravierendes, gesellschaftliches Problem nicht durch plumpe Wortspielchen verharmlosen.
Den letzten Ausschlag für die Jury, ‘Zickengold’ mit dem Goldenen Zaunpfahl 2023 zu küren, gab die offensichtliche Bezugnahme auf ein ähnliches Produkt von 1953: Das medizinähnlich vermarktete Getränk ‘Frauengold’ mit 16,5% Alkoholanteil sollte damals beruhigend und stimmungshebend wirken und so Frauen helfen, “das bisschen Haushalt” immer lächelnd zu stemmen. “Frauengold schafft Wohlbehagen, wohlgemerkt – an allen Tagen.” Diese befremdliche Kontinuität in Haltung und Ansprache hob auch Lisi Maier, Co-Direktorin der Bundesstiftung Gleichstellung in ihrer Laudatio hervor:
“Die Frauengold-Hochphase ist eine Zeit, die für mich ins Geschlechter-Gruselkabinett gehört. Und in diesem finde ich mich heute wieder, wenn ich die Werbung für ‘Zickengold’ sehe: mit dem Bild der jungen Frau, deren Stimmung mit ein wenig ‘Zickengold’ gehoben werden muss, katapultiert uns der Likör-Anbieter zurück in die 1950er. Die Brauerei zeigt, wie Frauen sich in unserer Gesellschaft zu geben haben und zeichnet auf seinen Flaschen tanzende, junge, normschöne Frauen, die ein bisschen ‚Fun‘ haben wollen. Dieser oberflächliche Blick verdeckt die Realität, dass insbesondere bei jungen Frauen der Anteil an gesundheitsgefährendem Alkoholkonsum in den vergangenen Jahren stark zugenommen hat. Aber wenn die Brennerei ihr ‘Zickengold’ als perfektes Geschenk zum Muttertag bewirbt, sind wir schon wieder mitten in der Welt der 1950er angekommen. Und auch das Wort ‘Zicke’ für Frauen, deren Verhalten nicht den Erwartungen ihrer (männlichen) Mitmenschen entspricht, gehört in den Altglascontainer der Geschichte.”
Lisi Maier bildet 2023 die Jury gemeinsam mit: Autor Boris von Heesen (‘Was Männer kosten’), Tebogo Niminde-Dundadengar (Tebalou.shop), Pia Ihedioha (‘of Color’), Johanna Fröhlich Zapata (Alltagsfeminismus), Comedian Florian Hacke (‚Feierabend‘) sowie Schülerinnen und Schüler der Gendermarketing-AG der IGS Zetel. Aus über 200 Einreichungen waren zunächst die ‘Unrühmlichen Sieben’ des absurden Gendermarketing nominiert Goldener Zaunpfahl und daraus heute die Gewinnerin gekürt worden.
Gratis Fortbildung für die Brauerei
Wie im vergangenen Jahr ist auch der Goldene Zaunpfahl 2023 dotiert: die beiden Initiator*innen Almut Schnerring und Sascha Verlan bieten der Führungsetage, Marketingabteilung und Belegschaft der Privatbrauerei Boente einen kostenfreien Workshop an zum Unconscious Gender Bias, zu Gendermarketing und seinen einschränkenden Folgen insbesondere für Kinder und junge
Erwachsene. Denn Ziel der Initiative sei es, Unternehmen an ihre gesellschaftliche Verantwortung zu erinnern, so Almut Schnerring, Gründerin des Projekts ‘Goldener Zaunpfahl’:
„Wir fordern von Unternehmen, sich offensiv und explizit für mehr Wahlfreiheit einzusetzen. Es ist an der Zeit, dass Firmen ihre gesellschaftliche Verantwortung (sog. ‘Corporate Social Responsibility’) im Themenfeld von Geschlechtergerechtigkeit, Vielfalt und Chancengleichheit anerkennen. Denn enge Rollenbilder und stereotype Erwartungshaltungen entstehen und verfestigen sich im Lauf der kindlichen Sozialisation, und zwar nicht nur in Familie, Kita oder Schule, sondern auch durch klischeehafte Darstellungen in Medien, in der Werbung, durch eine stereotype Zielgruppenansprache und im Design von Produkten und Verpackungen.”
