Bonner Kunstpreisträgerin Louisa Clement schuf „Becoming Lost“

Louisa Clement: Aufgeschnittene Bodenskulptur. Foto: Peter Köster

Im letzten Jahr wurde Louisa Clement der Bonner Kunstpreis verliehen. Damit verbunden ist u.a. eine Solopräsentation im  Kunstmuseum. Die Ausstellung, die bis zum 16. Juni gezeigt wird, trägt den Titel: „Becoming Lost“.

Verstehen der DNA

Seien es nun DNA-Kapseln, seien es Roboterklone: Mit ihren künstlerischen Visionen ist Louisa Clement ihrer Zeit immer ein ganzes Stück voraus. So auch bei ihrem Werk „Compression“, 2023. Aber um es gleich vorwegzunehmen, ihre Arbeit zeichnet sich durch hohe Komplexität aus. Um das Werk einigermaßen zu verstehen, muss man ihre DNA verstehen. „Es ist keine kulinarisch einfache Kost, die uns Louisa Clement hier bereitet“, so Stephan Berg, Intendant des Kunstmuseums. In weiten Teilen ist das Werk irritierend. In die neuesten Arbeiten sind ihre Recherchen zur Molekularbiologie und zur KI eingeflossen. „Louisa Clement beschäftigt sich mit der Frage, wo die Grenzen zwischen Künstlichkeit und Menschlichkeit verlaufen und wie wir den Unterschied erkennen können.“

Wissenschaft und Glauben

Für ihre Präsentation hat die Künstlerin zwei einnehmende wie beunruhigende Videoarbeiten geschaffen: „Off-Target-Effekt“ und „Believers“ (beide 2023). „Ich mache dich perfekt, die Zukunft wird dir gehören“, lauten die Botschaften. Während das eine die Chancen und Risiken des molekularbiologischen Genschere-Verfahrens – dabei können Gene einzeln entfernt, hinzugefügt oder verändert werden – reflektiert, entfalten in dem anderen von KI-generierten Menschen vorgetragene KI-generierte Predigten ihre unheimliche verführerische Kraft.  Es geht um Wissenschaft und Glauben.

Zehn Roboterclons

In ihrer Arbeit beschäftigt sich Louisa Clement (geboren 1987 in Bonn) mit der menschlichen Präsenz im Künstlichen und der künstlichen Präsenz im Menschlichen. So erregte sie Aufsehen mit ihrem Werk „Repräsentantinnen“ (2021): zehn Roboterclons, die der Künstlerin nicht nur optisch gleichen, sondern auch über ihre gesamten persönlichen Informationen und Daten verfügen und sie, dank einer eigens programmierten künstlichen Intelligenz, möglichst naturgetreu nachahmen und dabei ein Eigenleben als Wiedergängerinnen von Louisa Clement entwickeln. Geschützt unter einem Plexiglasschrein befindet sich eine weitere spektakuläre Arbeit. Dabei handelt es sich um eine zwei Zentimeter hohe Metallkapsel, in der die künstlerische DNA aufbewahrt wird. Das ganze besteht aus den Datensätzen des bisherigen Gesamtwerkes der Künstlerin, das die generierte, synthetische DNA umschließt und diese nun für 1000 Jahre speichert.

Zunächst vor allem mit ihren hochaktuellen fotografischen Arbeiten bekannt geworden, erweitert Louisa Clement kontinuierlich ihr mediales Spektrum. Skulpturale Objekte gehören ebenso zu ihrem künstlerischen Werk wie Roboter-Klone mit Eigenleben oder Kapseln, die die synthetische DNA der Künstlerin enthalten. Bereits in jungen Jahren hat sie ein außergewöhnlich starkes und konsistentes Werk geschaffen. Peter Köster