Museum Morsbroich plant interessante Neuausrichtung

Jörg van den Berg, hier Redner der Morsbroicher Kunsttage, leitet seit einem Jahr das Museum Morsbroich. Foto: Denis Bury

Leverkusen. „Das Museum Morsbroich in Leverkusen soll zu einem öffentlichen Raum für die Stadtgesellschaft werden“, sagt Direktor Jörg van den Berg. Ab September solle zudem die Sammlung neu präsentiert werden. Das Haus besitzt u.a. Werke von Künstlern wie Gerhard Richter, Georg Baselitz oder Sigmar Polke.

Gründung der Werkstatt

Am 2. August war es genau ein Jahr und einen Tag her, dass Jörg van den Berg die Leitung des Museum Morsbroich übernommen hat. Ein Jahr liegt hinter Morsbroich, in dem das Team um ihn, Fritz Emslander und Thekla Zell begonnen hat, Morsbroich neu zu denken. Rückblende: 2016 hatten Gutachter der Stadt Leverkusen empfohlen, das Museum zu schließen, um Geld zu sparen. Getreu dem Einstiegscredo „Nichts steht außer Frage!“ hat sich das Museumsteam sehr bald in einen engen Dialog mit der Leverkusener Verwaltung und Politik begeben. Im Frühjahr folgte die Gründung der Werkstatt Morsbroich 2022-26, der der Leverkusener Stadtrat Anfang April einstimmig eine Zuwendung von 1,9 Millionen Euro bis 2026 zusprach, um das Ensemble Morsbroich neu zu entwickeln. Ein entschiedener Wendepunkt im Verhältnis zwischen der Stadt Leverkusen und ihrem Museum Morsbroich. Seither arbeitet das Museumsteam in der Werkstatt Morsbroich mit einem kleinen Kreis von Künstlerinnen und Künstlern daran, das gesamte Ensemble Morsbroich in seiner einzigartigen Verbindung von Historie, Kunst und Natur in einem offenen Prozess weiterzuentwickeln.

Leichtigkeit im Denken

Dieser Prozess wird vom gesamten Team als eine grundlegende Revision begriffen, die neben allen alltäglichen operativen Zwängen vor allem Zeit und eine auch spielerische Leichtigkeit im Denken voraussetzt. Die Idee der „2022: Spielzeit“‹ war geboren und mit ihr die alles bestimmende Leitfrage: „Wie wird aus einem Museum für Gegenwartskunst ein gegenwärtiges Museum?“ Nach 366 Tagen ist es Zeit für ein Zwischenfazit: Ist der Start in diesen Prozess gelungen? Welche Mitdenkerinnen und Mitdenker, Mitspielerinnen und Mitspieler, Unterstützerinnen und Unterstützer und Komplizinnen konnten gewonnen werden? In welcher Form wird das, nach über 60 Jahren wieder aufgegriffene Veranstaltungsformat der Morsbroicher Kunsttage fortgesetzt? Wie geht die spielzeit in ihre zweite Runde? Wann fängt Gegenwart an und wann fängt sie an Geschichte zu werden? Was bedeutet Gegenwart für uns als Gesellschaft heute? Welche Vorstellungen oder Sehnsüchte verbinden wir damit? Welche Rolle spielt dabei unser tradiertes Verständnis von Zeit und Raum und wie wirkt sich dieses auf die Gesellschaft, die Kunst und damit auch auf das Museum als öffentliche Institution aus?

Projekt „Spielzeit“

Mit dem Projekt „Spielzeit“ begibt sich das Museum mit einer sich sukzessive verändernden Inszenierung und einer Vielzahl von Veranstaltungen in einen Prozess, der das gesamte Ensemble Morsbroich in den Blick nimmt: das Museum, den Außenbereich mit Parkanlage sowie die umliegenden historischen Remisen. Ausgehend von der Leitfrage: „Wie wird aus einem Museum für Gegenwartskunst ein gegenwärtiges Museum? schafft „Spielzeit“ Raum für einen öffentlichen wie auch offenen Prozess − offen für Fragen, Experimente und Versuche, damit zugleich auch offen für ein mögliches Nicht-Gelingen und ein Erneut-Versuchen.

Kunstsammlung

Begleitet wird dieser Entwicklungs- und Gestaltungsprozess von einem Kreis gezielt ausgewählter Künstlerinnen und Künstler, die sich über einen längeren Zeitraum hinweg intensiv mit dem Ort Morsbroich, seiner Beschaffenheit, seiner Kunstsammlung, seiner Historie − vielleicht auch dem Mythos Morsbroich befassen und darauf künstlerisch reagieren. Gemeinsam mit den Künstlerinnen und Künstlern Schirin Kretschmann, Harald F. Müller, Gabriela Oberkofler, Christoph Schäfer & Margit Czenki, Antje Schiffers, Tilo Schulz und Andrea Wolfensberger soll Morsbroich mit seinen unterschiedlichen Spiel- und Handlungsflächen neu gedacht und gestaltet werden und sich mit seinen verschiedenen Raumzonen in neuer Weise für die Besucherinnen und Besucher öffnen.

Den Auftakt zur „Spielzeit #1“ bildeten die dreitägigen Morsbroicher Kunsttage, die sich mit ihrem Titel und interdisziplinären Konzept an die 1961 von Udo Kultermann veranstalteten ersten Morsbroicher Kunsttage anlehnen und verschiedene Disziplinen und Veranstaltungsformate zusammenbringen. pk