Der große italienische Komponist Giorgio Battistelli widmet Pier Paolo Pasolini sein neuestes Werk: IL TEOREMA DI PASOLINI

Nach einem premierenreichen Frühjahr freuen wir uns auf zwei Uraufführungen im Juni zum Abschluss der Saison 2022/23: IL TEOREMA DI PASOLINI von Giorgio Battistelli am 9. Juni und BÄR*IN von Arne Gieshoff und Franziska Angerer am 21. Juni in der Tischlerei.

Unter den Intellektuellen und Künstlern, die Ende der Sechzigerjahre die bürgerliche Gesellschaft in Frage stellten, war Pier Paolo Pasolini sicherlich einer der radikalsten. In „Teorema“, das er 1968 sowohl als abendfüllenden Spielfilm wie in Romanform veröffentlichte, macht er seine Generalabrechnung mit der Bourgeoisie und zeigt eine großbürgerliche Familie, deren Alltag von erstarrten Konventionen beherrscht wird. Diese Ordnung wird durch einen Fremden zum Einsturz gebracht, dessen Gegenwart bei allen Mitgliedern der Familie ein Bedürfnis nach Liebe auslöst und dadurch einen Prozess der Selbstbefreiung in Gang setzt. Doch nur, wenn sie alle bürgerlichen Bindungen hinter sich lassen – so der Lehrsatz, das „Teorem“ Pasolinis – werden diese Menschen zur Freiheit finden.

Als Film gehörte „Teorema“ schnell zu Pasolinis bekanntesten Werken und wurde bereits 1992 als Musiktheater im Rahmen der Münchener Biennale auf die Bühne gebracht. Der Komponist dieses Bühnenwerks, in dem die Handlung von sechs Pantomimen dargestellt wurde, hieß Giorgio Battistelli – er zählt heute zu den bekanntesten zeitgenössischen italienischen Komponisten. Im vergangenen Jahr wurde er von der Biennale in Venedig mit dem Goldenen Löwen für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Nun hat Battistelli, der Pasolini noch selbst kannte, den Stoff zur abendfüllenden Oper IL TEOREMA DI PASOLINI auskomponiert.

Der Bariton Nikolay Borchev interpretiert den geheimnisvollen Gast, die Familienmitglieder werden von Ángeles Blancas Gulin, Davide Damiani, Andrei Danilov, Meechot Marrero und Monica Bacelli gesungen. Die musikalische Leitung liegt in den Händen von Daniel Cohen, Generalmusikdirektor des Theaters Darmstadt. Weitere Vorstellungen am 16. und 21. Juni.

Im Vorfeld der Uraufführung zeigt das Kino Filmkunst 66 (Bleibtreustr. 12) zwei Pasolini-Filme, und zwar am 14. Mai um 12 Uhr „Medea“ und am 29. Mai um 12 Uhr „Teorema“.

Außerdem laden wir am 15. Mai um 19 Uhr zum Vortrag von Fabien Vitali (Ludwig-Maximilians-Universität München) ins Opernfoyer ein:
„Der abnorme Charme der Bourgeoisie“.

Konzertante Premiere: HÉRODIADE von Jules Massenet am 15. Juni

Wenige Frauengestalten haben die Kunst des späten 19. Jahrhunderts so nachhaltig inspiriert wie die judäische Prinzessin Salome, die der Legende nach für die Enthauptung Johannes des Täufers verantwortlich gewesen sein soll. Vor allem in Frankreich waren Schriftsteller, Maler und Komponisten fasziniert von diesem Stoff und seiner Verquickung von Orientalismus und Dekadenz, von Erotik und Opulenz. Auch Jules Massenet griff zu: Allerdings steht im Zentrum seiner 1881 in Brüssel uraufgeführten HÉRODIADE nicht, wie ein Vierteljahrhundert später bei Richard Strauss, die royale Kindfrau Salome, sondern ihre Mutter Herodias, die Gattin des Königs Herodes. Und bei Massenet feiert die große Oper des 19. Jahrhunderts mit Pathos, Pose und hollywoodreifem Drehbuch einen ihrer letzten Triumphe – mit einer Königin, die aus Eifersucht den Tod der eigenen Tochter verschuldet.

Für die Titelpartie kehrt die große französische Mezzosopranistin Clémentine Margaine an das Haus zurück, an dem sie Erfolge u. a. als Carmen, Marguerite in LA DAMNATION DE FAUST und zuletzt als Fidès in LE PROPHÈTE feierte. Unter musikalischer Leitung von Enrique Mazzola sind am 15. und 18. Juni Nicole Car als Salomé, Etienne Dupuis als Hérode und Matthew Polenzani als Jean zu erleben.

 Besetzungs-Highlights LUCIA DI LAMMERMOOR und LOHENGRIN

In den Vorstellungen von LUCIA DI LAMMERMOOR am 7. und 10. Juni freuen wir uns auf Adela Zaharia in der Titelpartie, die bereits in Marina Abramovics 7 DEATHS OF MARIA CALLAS einen herausragenden Vorgeschmack auf ihre Gestaltung der Lucia gegeben hat. An ihrer Seite werden Rolando Villazón als Edgardo und Germán Enrique Alcántara als Enrico zu hören sein.

Und in den LOHENGRIN-Vorstellungen am 26. Juni und 2. Juli werden unsere Ensemblemitglieder Attilio Glaser in der Titelpartie und Flurina Stucki als Elsa debütieren. An ihrer Seite sind die erfahrenen Kolleg*innen Anna Smirnova als Ortrud, Thomas Johannes Mayer als Friedrich von Telramund und Albert Pesendorfer als König Heinrich zu erleben.

Uraufführung BÄR*IN von Arne Gieshoff und Franziska Angerer am 21. Juni

In der Uraufführung BÄR*IN beschäftigen sich der Komponist Arne Gieshoff und die Regisseurin Franziska Angerer mit der Beziehung zwischen Mensch und Tier. Ausgangspunkt des experimentellen Musiktheaters ist Nastassja Martins Roman „An das Wilde glauben“: Auf einer Forschungsreise in der sibirischen Wildnis begegnet die Anthropologin einem Bären, der sie schwer verletzt. Martins dramatische Krankheitsgeschichte ist zugleich der Beginn einer Transformation: Die Grenzen zwischen dem Bären und ihrer selbst verschwimmen, sie fühlt sich als Zwischenwesen, in dem die Welten implodieren.
Auch die Geschichte Berlins ist mit Bären verwoben. Von 1939 bis 2015 lebten mehrere Generationen des Berliner Bärengeschlechts als lebende Wappentiere eingesperrt in einem Zwinger am Köllnischen Park. Ebenso wie die menschlichen Stadtbewohner sind die Bären Teil der Stadt – doch ihre Perspektive bleibt meist ungesehen.
Arne Gieshoffs Komposition, in der Gesang, Sprache, Live-Musik und Elektronik dicht verwoben sind, trifft in BÄR*IN auf den Sound einer dreiköpfigen Band, die in ihren Songs die Geschichten der Berliner Stadtbären erzählen.

Zur Uraufführung am 21. Juni oder zu einer der Folgevorstellungen am 22., 24., 26., 28., 30. Juni sowie 1. Juli laden wir Sie schon heute herzlich ein.
 
Sinfoniekonzert unter dem Dirigat von Lorenzo Viotti am 30. Juni

Obwohl in seiner 1. Sinfonie die Anknüpfungspunkte an die klassisch-romantische Traditionslinie deutlich spürbar sind, finden sich hier bereits typische Charakteristika von Mahlers Stil: Die Schichtung von Motiven, das groteske, auch als ironisch bezeichnete Scherzo, die Finalität hin zu einer Apotheose am Schluss. Doch gleichzeitig verarbeitet auch die 1. Sinfonie – wie manche anderen großangelegten Werke Mahlers – fast bescheiden wirkende Volksweisen. Hier sind es die „Lieder eines fahrenden Gesellen“, die der Komponist zuvor als Liederzyklus erarbeitet hatte.
So wie sich in Mahlers 1. Sinfonie ein neuer Stil zu formen beginnt, stellt Mozarts 27. Klavierkonzertden reifen Abschluss einer Fortentwicklung dieser Gattung dar. Mozart kehrt dabei zur kammermusikalischen Besetzung zurück und zielt weniger auf Virtuosität als auf eine reiche und kühn modulierende Verarbeitung der Themen.
Zu Gehör bringen wird Mozarts letztes Klavierkonzert der in Berlin ansässige Schweizer Pianist Francesco Piemontesi, welcher schon international an der Seite etlicher renommierter Orchester konzertierte. Am Pult erleben Sie den jungen italienischen Stardirigenten Lorenzo Viotti.

Und last but not least: Nachdem Christof Loys vielgerühmte Inszenierung von Zandonais FRANCESCA DA RIMINI ab dem 19. Mai in der Deutschen Oper Berlin zu erleben ist, können Sie am 16. Juni um 18 Uhr eine ganz andere Regie Christof Loys bei seinem charmanten Regie-Erstlingsfilmmit viel Musik im Kant-Kino erleben: „Springtime in Amsterdam“. Eine kosmopolitische Runde von Künstlerinnen und Künstlern trifft sich zufällig in der niederländischen Hauptstadt und erlebt allerlei Verwirrungen und Entwirrungen während zweier Tage und Nächte.