Großer Preis für Gemeinschaftsgastronomie 2023 | Leuchttürme für praxisnahe Ernährungswende ausgezeichnet

v.l.n.r.: Dinah Hoffmann, Dr. Philipp Stierand, Olga Graf (alle 3 Kantine Zukunft), Moritz Mack (Mercedes-Benz Gastronomie), Tobias Grau (Vivantes Gastronomie) und Patrick Wodni (Kantine Zukunft) © Thomas Fedra

Preisträger: Mercedes-Benz Gastronomie GmbH (Stuttgart),  Vivantes Gastronomie (Berlin) und Kantine Zukunft (Berlin)

Dreifach wurde in diesem Jahr der „Frankfurter Preis – Großer Preis der deutschen Gemeinschaftsgastronomie“ von dem Wirtschaftsfachmagazin gvpraxis (dfv Mediengruppe) verliehen. Der Preis honoriert zukunftsweisende konzeptionelle wie unternehmerische und persönliche Leistungen im Markt der Gemeinschaftsgastronomie. Die Preisverleihung fand am 09. Oktober 2023 während der internationalen Kölner Ernährungsmesse Anuga in der Flora statt. Vor 230 Gästen stellten die Laudatoren Prof. Dr. Carolyn Hutter, DHBW Heilbronn, Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft, und Renate Künast, MdB, das Juryurteil für die drei Preisträger vor und betonten deren außergewöhnliche Impulskraft und Vorbildfunktion für die deutsche Gemeinschaftsgastronomie. Das Grußwort an die drei Ausgezeichneten, darunter zwei aus Berlin, sendete per Videobotschaft Franziska Giffey, Berlins Bürgermeisterin und Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe.

Die Preisträger 2023 im Profil:

Mercedes-Benz Gastronomie GmbH, Stuttgart

Das Tochterunternehmen des Automobilkonzerns verantwortet die gastronomische Versorgung an sieben Standorten mit 20 Kantinen und 45 Shops. Mit einer hochgradig ambitionierten Nachhaltigkeitsstrategie setzen die Verantwortlichen ein Ausrufezeichen. So wurde ein Bonussystem für eine Förderung gesunden Essverhaltens eingeführt. Eine CO2-Bewertung des Speiseplans führte zu einer Einsparung von Treibhausgasen von 15 Prozent, möglich durch optimierten Fleischeinsatz und Verringerung von Milchprodukten. Die CO2-Äquivalente der Speisen werden dank besonderer Messmethodik ausgewiesen und ergeben ein vollständiges Bild der Klimabilanz. Wichtig war dem Leitungsteam die bundesweite Implementierung einer rein pflanzlichen Menülinie. Auch die weiteren Ziele sind ambitioniert: Die Mercedes-Benz Gastronomie möchte die Planetary Health Diet in Deutschland gemeinsam mit den Gästen unter Berücksichtigung der Parameter der EAT-Lancet Kommission bis 2025 in den Kantinen und bis 2027 in den Shops umsetzen. Laut Juryurteil gilt die in Eigenregie geführte GmbH als ein Musterbeispiel für eine nachhaltige Betriebsgastronomie, die  Genuss, Gesundheit und Ökologie sinnvoll verbindet.

Vivantes Gastronomie, Berlin 

Im Fokus der Auszeichnung steht das Engagement der hundertprozentigen Tochter der Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH, dem bundesweit größten kommunalen Klinikkonzern. Kernaufgabe ist die Verpflegung von Patientinnen und Patienten in neun Berliner Krankenhäusern sowie pflegebedürftiger Menschen in 17 Pflegeeinrichtungen und Seniorinnen und Senioren in zwei Seniorenheimen von Vivantes.

Die Vivantes Gastronomie verfolgt eine konsequente Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstrategie. Als herausragende Qualitäts-Offensive entwickelte der Berliner Sternekoch Max Strohe 40 hochwertige Menüs, die für den Einsatz als Regelleistung in Kliniken eingeführt wurden. Seit 2022 gilt dieser Standard auch für die Seniorenheime. Zudem setzt Gastronomiechef Tobias Grau auf einen sinkenden Anteil an tierischen Komponenten – auch in den Max Strohe-Menüs, um einen Beitrag zu Gesundheit von Menschen und Planeten zu leisten. Dazu gehören auch Mehrwegbecher mit eigenem Branding und eine systematische Vermeidung von Foodwaste. Die Jury würdigt den Pioniergeist von Vivantes mit der Begründung: Hier werden die Aspekte Gesundheit und Wohlbefinden mit einem patientenorientierten Ernährungsansatz sinnvoll kombiniert.

Auch die innerhalb weniger Jahre neu aufgestellte Gastronomieorganisation arbeite im Sinne von Gesundheit, sozialer Gerechtigkeit sowie konsequenter Schonung von Ressourcen wie Energie und Wasserverbrauch, Lebensmitteln und Verpackung. Mit Pioniergeist und Innovationskraft zeige die Vivantes Gastronomie für die kostengeprägte Branche eine praxisorientierte Richtung auf.

Kantine Zukunft, Berlin

In der bunten Branchen-Landschaft der Gemeinschaftsgastronomie gilt das Berliner Projekt als herausragend. Das Land Berlin hat bereits 2019 in dem bedarfsorientierten Beratungsprogramm für Großküchen ein wichtiges Instrument gesehen, eine nachhaltige Transformation mitzugestalten. Das Projekt läuft zunächst bis Ende 2023 und wird vom Land Berlin mit jährlich 1,1 Millionen Euro finanziert – als Teil der Berliner Ernährungsstrategie. Auch die vertraglichen Grundlagen für die Weiterfinanzierung des Projekts über 2024 hinaus sind gelegt. Die Köpfe bzw. Projektleiter der „Kantine Zukunft“ sind Dr. Philipp Stierand und Patrick Wodni. Während Wodni als versierter Koch gilt, setzt sich Stierand seit Jahren für eine nachhaltige Lebensmittel-Versorgung der Städte ein. Beide stehen für eine zeitgeistige, nachhaltige Gemeinschaftsgastronomie. Ihr klar definiertes Ziel: In Berlins Großküchen, allen voran in den öffentlichen Schulen und Kitas sowie Kantinen, Kliniken und Senioreneinrichtungen, sollen künftig bis zu 60 Prozent Bio-Lebensmittel in die Töpfe kommen – bei nahezu gleichem Budget wie zuvor. Gleichzeitig solle das Speisenangebot nachhaltiger und gesundheitsförderlich werden. Dazu helfe das angebotene Coaching.

Für die Jury zeige der Wandel „in Köpfen und Töpfen“ ein Gewinn für alle: für Gäste und Küchenteams, für Umwelt und Gesellschaft. Das Beispiel zeige, dass der Bedarf hin zu einem zeitgeistigen, grünen Angebot praxisnah bereits bei 50 Berliner Küchen aus allen Sparten realisiert werde. Damit sei die Berliner Initiative ein nachahmenswerter Leuchtturm über die Stadtgrenzen hinaus.

Seit 1993 wurden bis heute insgesamt 49 Unternehmen und Persönlichkeiten der professionellen Gemeinschaftsgastronomie mit dem Frankfurter Preis gewürdigt.