Immobilienkauf | Hier lohnt sich das Pendeln ins Berliner Umland

Postbank Bonn | Foto: KABINETT
  • ExpertInnen analysieren Kaufpreisvorteile außerhalb der Metropole
  • Sehr gute Bedingungen in Bernau bei Berlin (Landkreis Barnim) und Ludwigsfelde (Landkreis Teltow-Fläming)
  • Pendelkostenrechner zeigt, wo sich der längere Arbeitsweg über mindestens 25 Jahre lohnt

postbank-logoDie Immobilienpreise stagnieren oder sinken in vielen Gebieten Deutschlands – doch vor allem in den größten Städten der Republik liegen sie weiter auf sehr hohem Niveau. Wer statt in der Innenstadt der Metropole eine Eigentumswohnung im Speckgürtel kauft, kann daher Geld sparen.

In Berlin kostete der Quadratmeter 2022 durchschnittlich 5.904 Euro. Damit mussten KäuferInnen in der Hauptstadt durchschnittlich mindestens 2.200 Euro pro Quadratmeter mehr ausgeben als in den meisten umliegenden Städten und Gemeinden. Die Ausnahme bildet die kreisfreie Stadt Potsdam, in der die Kaufpreise fast das Niveau der Hauptstadt erreicht haben. Wer sich trotz Arbeitsstelle in der Berliner Innenstadt für das Umland entscheidet, darf jedoch nicht vergessen, dass dann für den verlängerten Arbeitsweg zusätzliche Kosten für Treibstoff oder Zugticket anfallen und mehr Zeit eingeplant werden muss. Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat für die Postbank eine Modellrechnung entwickelt, mit der sich diese Pendelkosten beziffern lassen. Der Postbank Wohnatlas 2023 zeigt, wie viele Jahre sich der Immobilienerwerb im Umland rechnet und wann der Kostenvorteil beim Kauf durch die erhöhten Pendelkosten aufgezehrt ist. In der Annahme pendelt je Haushalt ein:e ArbeitnehmerIn. Dabei wurde auch der Faktor Homeoffice mit drei statt fünf Pendeltagen pro Woche einberechnet sowie größere Wohnungen etwa für Familien berücksichtigt.

Verglichen wurde jeweils der Kauf einer durchschnittlich teuren 70-Quadratmeter-Wohnung sowie einer 120-Quadratmeter-Wohnung in Berlin zur Selbstnutzung mit dem Erwerb einer gleich großen Wohnung in einer der vier bevölkerungsreichsten Städte oder Gemeinden der angrenzenden Landkreise Barnim, Dahme-Spreewald, Havelland, Märkisch-Oderland, Oberhavel, Oder-Spree, Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming sowie der kreisfreien Stadt Potsdam. Insgesamt wurden somit 33 Städte und Gemeinden im Berliner Umland betrachtet. KäuferInnen sollten jedoch mit einem Preisaufschlag für verkehrsgünstig gelegene Wohnungen in den Umlandkreisen rechnen, da dort ein großes Gefälle zu abgelegenen Ortschaften besteht. Diesen Aufschlag haben die ExpertInnen mit 20 Prozent kalkuliert.

Der Kaufpreisvorteil im Speckgürtel wurde mit den jährlichen Pendelkosten verrechnet. Dabei haben die ExpertInnen neben den Kosten für das Ticket im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder für das Auto samt Treibstoff auch den höheren Zeitaufwand einbezogen. Die Kosten für den Weg mit dem Auto liegen bei 0,45 Euro pro Kilometer und ab 21 Kilometer einfache Entfernung bei 0,43 Euro. Die Fahrt mit Bus und Bahn bleiben bei 0,13 Euro und ab 21 Kilometer bei 0,12 Euro, die jährlichen Mobilitätskosten wurden durch Einführung des 49-Euro-Tickets bei 588 Euro gedeckelt.

Preisvorteile im Umland vor allem in Bernau bei Berlin und Ludwigsfelde

Bahnhofsplatz_in_Bernau_b_Berlin
Lukas Beck, Bahnhofsplatz in Bernau b Berlin, CC BY-SA 4.0

Wird jeweils eine 70-Quadratmeter-Wohnung verglichen, profitieren PendlerInnen aus dem 29 Kilometer entfernten Bernau bei Berlin im Landkreis Barnim am längsten vom günstigeren Wohnungskauf im Umland: Wer den Arbeitsweg jeden Tag mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegt, hat den Kaufpreisvorteil gegenüber der Metropole erst nach 42,1 Jahren aufgebraucht, bei täglicher Fahrt mit dem Auto schrumpft diese Zeitspanne auf 13,4 Jahre. Im mit 32 Kilometern etwas weiter entfernten Ludwigsfelde (Teltow-Fläming) hält der Kaufpreisvorteil 36,4 Jahre mit öffentlichen Verkehrsmitteln, aber nur 12 Jahre für AutopendlerInnen. Für DurchschnittskäuferInnen sollten jedoch die erhöhten Pendelkosten mindestens 25 Jahre lang durch die Kaufpreisersparnisse gedeckt werden. Dies entspricht in der Regel der restlichen Lebensarbeitszeit eines Immobilienkäufers oder einer Immobilienkäuferin, der oder die in Deutschland im Durchschnitt 40 Jahre alt ist. Unter diesen Vorgaben lohnt sich das Pendeln für AutofahrerInnen jedoch in keiner der 33 untersuchten Kommunen.

70-Quadratmeter-Wohnung: Anzahl in Jahren, in denen sich der Umzug ins BerlinerUmland rechnen kann

Annahmen: Preis 20% über kreisweitem Schnitt; 220 Pendeltage im Jahr (5 Tage pro Woche)

Stadt – sortiert nach Nutzung ÖPNV Jahre bei Nutzung ÖPNV Jahre bei Nutzung PKW
Bernau bei Berlin 42,1 13,4
Ludwigsfelde 36,4 12,0
Falkensee 27,4 10,6
Eberswalde 25,5 7,7
Blankenfelde-Mahlow 25,3 13,4
Panketal 23,1 15,6
Oranienburg 21,7 8,4
Wandlitz 21,6 12,2
Luckenwalde, Stadt 21,2 7,1
Brieselang 20,8 8,8
Teltow 18,1 7,0
Hennigsdorf 17,7 11,2
Hoppegarten 17,5 11,2
 Nauen 17,1 7,3
Zossen 16,9 8,8
Mühlenbecker Land 16,9 11,7
Neuenhagen bei Berlin 16,7 10,3
Hohen Neuendorf 16,1 10,5
Strausberg 16,0 8,4
Fürstenwalde/Spree 14,6 5,0
Schöneiche bei Berlin 14,0 10,1
Rathenow 12,5 3,9
Königs Wusterhausen, Stadt 10,0 4,4
Werder (Havel) 9,8 3,5
Schönefeld 9,7 6,3
Kleinmachnow 8,1 7,0
Eisenhüttenstadt 7,9 3,1
Zeuthen 7,9 4,3
Seelow 7,5 4,5
Beeskow 6,9 3,7
Lübben (Spreewald) 6,0 2,2
Bad Belzig 5,8 2,2
Potsdam, Kreisfreie Stadt 4,8 1,7

Quellen: Berechnungen und Darstellung HWWI

PendlerInnen, die täglich mit Bus und Bahn fahren, haben den Kaufpreisvorteil einer 70-Quadratmeter-Wohnung in fünf Umlandkommunen auch nach 25 Jahren noch nicht aufgebraucht. Neben Bernau und Ludwigsfelde ist vor allem die Stadt Falkensee im Osten der Hauptstadt (Landkreis Havelland) einen Blick wert: Mit dem ÖPNV dauert die Fahrt vom Bahnhof der Umlandstadt bis zum Hauptbahnhof in Berlin 22 Minuten, eine Eigentumswohnung kostet dort pro Quadratmeter durchschnittlich 1.600 Euro weniger als in der Metropole – selbst mit dem Aufschlag für eine zentrale Lage. Bis dieser Preisvorteil aufgezehrt ist, vergehen 27,4 Jahre. Auch in Eberswalde (Barnim) und Blankenfelde-Mahlow (Teltow-Fläming) bleibt der Immobilienkauf nach 25 Jahren täglichen Pendelns laut Modellrechnung noch günstiger als im Berliner Stadtgebiet – zumindest bei Nutzung von Bus und Bahn.

In Berlin gilt: Nur wenn der tägliche Arbeitsweg mit dem ÖPNV zurückgelegt wird, lohnt sich der Umzug in eine 70-Quadratmeter-Wohnung im Umland für PendlerInnen ohne Homeofficemöglichkeit – und auch dann nur in fünf Kommunen. Die Wege sind teilweise weit und die Preise im Umland zumindest in zentralen Langen bereits nahezu auf dem Hauptstadt-Niveau“, sagt Christian Hesse, Regionalbereichsleiter Süd und Ost von der Postbank Immobilien GmbH – der Makler der Deutschen Bank. „Wer sich für den Immobilienkauf im Umland interessiert, sollte neben den günstigen Quadratmeterpreisen auch die Fahrkosten und den Zeitaufwand einplanen – der Pendelkostenrechner liefert dafür einen Überblick. Darüber hinaus spielen aber auch persönliche Vorlieben, die individuelle Lage zu Kitas und Bahnhof sowie die Ausstattung der Wohnung eine Rolle.“

Deutlich weniger als zehn Jahre lang profitieren PendlerInnen vom günstigen Umlandpreis vor allem in abgelegenen Orten wie Eisenhüttenstadt, Beeskow, Lübben (Spreewald) und Bad Belzig, die zwischen 87 und 125 Kilometer von der Hauptstadt entfernt sind. Die Ausnahme bildet die kreisfreie Stadt Potsdam, die zwar nur 36 Kilometer von der Berliner Innenstadt liegt, aber kaum Ersparnis beim Immobilienkauf bietet. „In Potsdam sind Eigentumswohnungen oft nicht günstiger als im Berliner Stadtgebiet. Im Durchschnitt sind gerade einmal 322 Euro Ersparnis pro Quadratmeter möglich – diesen Vorteil zehren die Pendelkosten schnell wieder auf. Der Umzug wird sich in finanzieller Hinsicht kaum lohnen“, sagt Hesse. „In anderen Regionen, in denen der günstige Kaufpreis ebenfalls früher als nach 25 Jahren aufgebraucht ist, kann der Umzug zur Überbrückung bis zur Rente oder einem Jobwechsel jedoch trotzdem lohnenswert sein. Es kommt auf die individuellen Bedingungen an.“

ÖPNV-NutzerInnen sind Kfz-FahrerInnen immer überlegen

Ludwigsfelde
Digitoxin from Ludwigsfelde, Germany, Kristalltherme Ludwigsfelde 3, CC BY 2.0

Täglich pendelnde AutofahrerInnen profitieren vom Kaufpreisvorteil im Berliner Umland in keiner der untersuchten Umlandkommunen 25 Jahre oder länger – zumindest, wenn sie eine 70-Quadratmeter-Wohnung erwerben wollen. Überall sind ÖPNV-Nutzerinnen den Autofans überlegen.

EigentümerInnen einer 120 Quadratmeter großen Wohnung, die täglich mit dem Auto und nicht mit dem ÖPNV nach Berlin pendeln möchten, können immerhin in Panketal im Landkreis Barnim mehr als 25 Jahre lang von den günstigeren Immobilienpreisen im Umland profitieren. Die Fahrt mit dem Pkw in die 24 Kilometer entfernte Gemeinde dauert durchschnittlich nur 35 Minuten – daher hält der Kaufpreisvorteil in Panketal 26,8 Jahre lang bei Nutzung der Straße. Die Verbindung mit dem ÖPNV ist etwas weniger optimal und dauert daher mit 39 Minuten knapp länger. Trotzdem profitieren auch hier PendlerInnen mit öffentlichen Verkehrsmitteln länger vom Kaufpreisvorteil im Umland – und zwar 39,6 Jahre lang. In allen anderen untersuchten Kommunen reicht der Preisvorteil keine 25 Jahre lang. Und überall sind ÖPNV-PendlerInnen den AutofahrerInnen rechnerisch überlegen.

Familien und Haushalte mit viel Platzbedarf profitieren in vielen Umlandstädten

Kinderzimmer, ein größerer Esstisch, mehr Stauraum und ein Arbeitsplatz: Vor allem Familien benötigen viel Platz. 120 Quadratmeter Eigenheim in der Metropole sind ohnehin nicht leicht zu finden und mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Wer sich stattdessen für eine gleichgroße Wohnung im Umland entscheidet, und täglich mit Bus und Bahn in die City pendelt, profitiert in 19 der 33 untersuchten Kommunen über einen Zeitraum von mehr als 25 Jahren vom günstigeren Kaufpreis. In fünf Kommunen hält der Kaufpreisvorteil rechnerisch sogar mehr als 40 Jahre lang. Spitzenreiter ist erneut Bernau bei Berlin: PendlerInnen brauchen 72,1 Jahre, um den günstigeren Immobilienpreis im Umland mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu verfahren. In Ludwigsfelde sind es 62,3 Jahre. In Falkensee, Eberswalde (Barnim) und Blankenfelde-Mahlow (Teltow-Fläming) decken die Einsparungen mindestens 40 Jahre täglichen Pendelns ab. Hier lohnt sich der Umzug in den Speckgürtel für Haushalte mit viel Platzbedarf noch sicher bis zur Rente.  „In einigen Regionen hält der Kaufpreisvorteil für größere Eigentumswohnungen so lange an, dass ein Kauf auch für jüngere Familien und Paare im Speckgürtel vorteilhaft ist, auch wenn diese ihr ganzes Arbeitsleben noch in die Großstadt pendeln“, sagt Hesse.

Auch in den weiteren 14 Städten und Gemeinden sind KäuferInnen großer Wohnungen mehr als 25 Jahre lang im Vorteil gegenüber EigentümerInnen in Berlin, wenn sie öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Allerdings sind beispielsweise Wandlitz (Barnim), Luckenwalde (Teltow-Fläming), Hoppegarten (Märkisch-Oderland), Zossen (Teltow-Fläming), Neuenhagen bei Berlin und Strausberg (Märkisch-Oderland) weniger gut an Berlin angebunden, die einfache Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln dauert mindestens 40 Minuten. Je nach Entfernung von Tür zur Tür (Arbeitsstätte und Wohnort) fällt gegebenenfalls weitere Zeit an, die auch mit Kosten verbunden ist, zum Beispiel durch höhere Kosten für längere Kinderbetreuung. Daher rät Immobilienexperte Hesse: „Diskutieren Sie ehrlich und möglichst unter Berücksichtigung aller Aspekte die Vor- und Nachteile alternativer Wohnorte. Und lassen Sie sich bei Fragen zu Lage, möglicher Wertentwicklung, Sanierungsbedarfen und Energieeffizienz professionell beraten.“

120-Quadratmeter-Wohnung: Anzahl in Jahren, in denen sich der Umzug ins BerlinerUmland rechnen kann

FH-Bibliothek Eberswalde 2023 WNW (52.833300, 13.816900)
FH-Bibliothek Eberswalde 2023 | Hans G. Oberlack, Uni-Bibliothek Eberswalde 2023 WNW, CC BY-SA 4.0

Annahmen: Bei Homeoffice 130 statt 220 Pendeltage im Jahr, 2 Homeoffice-Tage pro Woche; Preis 20% über kreisweitem Schnitt

Stadt- sortiert nach Nutzung ÖPNV Jahre bei Nutzung ÖPNV – ohne Homeoffice Jahre bei Nutzung ÖPNV – mit Homeoffice
Bernau bei Berlin 72,1 111,7
Ludwigsfelde 62,3 97,1
Falkensee 46,9 73,1
Eberswalde 43,8 70,1
Blankenfelde-Mahlow 43,4 69,2
Panketal 39,6 63,8
Oranienburg 37,2 58,9
Wandlitz 37,0 59,7
Luckenwalde, Stadt 36,3 58,5
Brieselang 35,6 56,5
Teltow 31,1 47,5
Hennigsdorf 30,4 48,7
Hoppegarten 30,0 48,4
Nauen 29,4 47,2
Zossen 28,9 47,1
Mühlenbecker Land 28,9 46,4
Neuenhagen bei Berlin 28,7 46,3
Hohen Neuendorf 27,5 44,3
Strausberg 27,5 44,5
Fürstenwalde/Spree 24,9 40,4
Schöneiche bei Berlin 24,0 38,9
Rathenow 21,4 34,8
Königs Wusterhausen, Stadt 17,1 27,4
Werder (Havel) 16,9 26,9
Schönefeld 16,7 26,7
Kleinmachnow 13,9 22,4
Eisenhüttenstadt 13,6 22,5
Zeuthen 13,5 21,8
Seelow 12,8 21,2
Beeskow 11,9 19,7
Lübben (Spreewald) 10,2 16,7
Bad Belzig 9,9 16,2
Potsdam, Kreisfreie Stadt 8,2 12,8

Quellen: Berechnungen und Darstellung HWWI

PendlerInnen mit Homeoffice-Option profitieren öfter

Trotz Job in der Metropole aus dem Bürofenster ins Grüne schauen: Corona hat die Entstehung flexibler Arbeitsmodelle mit Homeoffice beschleunigt. Seitdem ist das Arbeiten von zuhause aus der Berufswelt nicht mehr wegzudenken und ermöglicht mehr Arbeitnehmerinnen einen neuen Lebensentwurf mit einer Immobilie im Umland. Mehr Homeoffice verringert Pendelzeiten und -kosten. Vor diesem Hintergrund haben die ExpertInnen des HWWI berechnet, wie lange KäuferInnen vom günstigeren Umlandpreis profitieren, wenn sie mit zwei Homeoffice-Tagen pro Woche planen können und der Preis außerdem 20 Prozent über dem kreisweiten Durchschnitt liegt. Das Ergebnis: Kann eine Person im Haushalt zwei Tage im Homeoffice arbeiten, rentiert sich der Kauf einer 120-Quadratmeter-Eigentumswohnung in 25 der untersuchten 33 Umland-Regionen mehr als 25 Jahre lang gegenüber der Metropole. Mit rechnerischen 40 Jahren und mehr sind BesitzerInnen von großen Eigentumswohnungen im Umland mit Homeoffice-Anteil in allen untersuchten Fällen ein ganzes Arbeitsleben lang gegenüber BerlinerInnen im Vorteil. Spitzenreiter mit einer Zeitspanne von mehr als 100 Jahren bis bei dreimaligem Pendeln pro Woche der Kaufpreisvorteil aufgebraucht ist, ist erneut Bernau bei Berlin. In Kleinmachnow, Eisenhüttenstadt, Zeuthen, Seelow, Beeskow, Lübben (Spreewald), Bad Belzig und der Stadt Potsdam rechnet sich der Umzug selbst bei einer größeren Wohnung und zwei Tagen Homeoffice nicht ausreichend lang.

Singles oder Paare, die auf 70 Quadratmetern im Umland noch das Arbeitszimmer unterbringen können, sind rein rechnerisch bei zwei Tagen Homeoffice in 19 der untersuchten Wohnorte über den Zeitraum von mindestens 25 Jahren im Vorteil. Nahezu überall gilt dies jedoch ausschließlich bei Nutzung des ÖPNV. In Panketal können hingegen beide Verkehrsmittel genutzt werden, wobei der ÖPNV gegenüber dem Auto Vorzüge von rund zehn Jahren bietet.

Was Pendeln wirklich kostet: So funktioniert die Modellrechnung

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A.Savin, HVL 05-14 img 13 Speicher Aussicht, CC BY-SA 3.0

Ausgangspunkt für die Modellrechnung sind die kalkulatorischen Kosten für den Kauf einer 70 Quadratmeter bzw. 120 Quadratmeter großen Eigentumswohnung aus dem Bestand zuzüglich Notargebühren (2 % vom Kaufpreis) und Grunderwerbssteuer in Berlin und im jeweiligen Umlandkreis. Der Erwerb erfolgt zum jeweiligen Durchschnittspreis des Jahres 2022, wobei in den Umlandstädten und -gemeinden der Durchschnittspreis des jeweiligen Landkreises zugrunde gelegt wird. Da verkehrsgünstig gelegene Wohnlagen in den größten Städten und Gemeinden des Umlandes bei PendlerInnen besonders begehrt und nur in den seltensten Fällen zum Durchschnittspreis des Landkreises zu erwerben sind, sollten sich PendlerInnen bei der Standortssuche an den Ergebnissen der Berechnungen mit Preisaufschlägen von 20 Prozent auf den Durchschnittspreis der jeweiligen Landkreise bei nicht kreisfreien Städten orientieren.

Es pendelt jeweils eine Person des Haushalts vom Umland in die Metropole. Für die Kalkulation wird angenommen, dass die Fahrtzeiten für den Stadtbewohnenden innerhalb der City identisch sind mit denen des Pendelnden von seiner Haustür zum Bahnhof der betreffenden Stadt und vom Berliner Hauptbahnhof zu seinem Arbeitsplatz. Zusätzliche Zeiten entstehen für PendlerInnen also vom Umland-Bahnhof zum Berliner Hauptbahnhof. Analysiert wurden sowohl die Fahrtzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV) als auch mit dem Auto.

Die Pendelkosten setzen sich aus den Ticketpreisen für Bus und Bahn beziehungsweise den laufenden Kosten für das Auto pro Kilometer zusammen. Hinzu kommen die Zeitkosten: Der zusätzliche Zeitaufwand durch das Pendeln vom Umland in die Metropole wurde mit dem im Mittel in Berlin erzielten Bruttolohn im Jahr 2021 (23,56 Euro je Stunde) bewertet. Darüber hinaus wurde eine weitere Variante berechnet: Eine Homeoffice-Lösung erlaubt es dem Berufspendelnden, nur noch an drei statt an fünf Tagen pro Woche ins Büro zu pendeln (130 statt 220 Tage im Jahr).

Annahmen und Berechnungen der Pendelkosten

1. In der Gemeinde des Landkreises wird eine Eigentumswohnung von 70 oder 120 Quadratmetern zum Durchschnittspreis des Landkreises im Jahre 2022 erworben. Alternativ wird eine Eigentumswohnung von 70 oder 120 Quadratmetern in der Metropole zum Durchschnittpreis der Metropole im Jahre 2022 gekauft.

2. Der berechnete Kaufpreis wird um Notargebühren von zwei Prozent sowie der derzeit im Bundesland geltenden Grunderwerbsteuer erhöht.

3. Einsparungen beim Kauf einer Eigentumswohnung im Umland im Vergleich zu einem Kauf in der Metropole werden um notwendige Mobilitätskosten (direkte entfernungsabhängige Mobilitätskosten und bewerteter Zeitaufwand für das Pendeln), die durch den Umzug in das Umland entstehen, reduziert.

4. Zusätzliche Mobilitätszeiten für BewohnerInnen des Umlandes gegenüber den BewohnerInnen der Metropole entstehen für den Weg vom Bahnhof der Umlandgemeinde zum Hauptbahnhof der Metropole. Alle PendlerInnen nehmen den Weg von Bahnhof zu Bahnhof.

5. Als Pendelzeit für den einfachen Weg wird die kürzeste Reisezeit angesetzt, die mit dem jeweiligen Verkehrsmittel am Dienstagmorgen, den 13.06.2023, zwischen 7.00 Uhr und 8.30 Uhr erzielt werden konnte.

6. Die Mobilitätszeiten für Hin- und Rückweg sind identisch.

7. Bis (ab) 20 km liegen die Mobilitätskosten pro einfachem Entfernungskilometer nach Abzug der Steuervergünstigungen bei 0,45 (0,43) Euro für den PKW und bei 0,13 (0,12) Euro für den ÖPNV. Durch die Einführung des 49,- Euro-Tickets liegen die jährlichen Mobilitätskosten im ÖPNV aktuell bei maximal 546,- Euro nach Steuern (bei Ticketkosten von 588,- Euro für das 49,- Euro-Ticket) und werden in den Berechnungen auf diesen maximal möglichen Betrag gedeckelt.

8. Der Zeitaufwand für das Pendeln wird mit dem Medianeinkommen von sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten (Brutto je Stunde) bewertet, der im Jahre 2021 in der Metropole erzielt wurde.

9. Pro Haushalt pendelt ein:e ArbeitnehmerIn.

Hintergrundinformationen zum Postbank Wohnatlas 2023

Der Postbank Wohnatlas ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene beleuchtet. Die vorliegende Analyse zur Immobilienmarktbewertung der größten Umlandstädte der Metropole Berlin aus Sicht von Berufspendlern bildet den siebten Studienteil des diesjährigen Wohnatlas, der unter der Leitung von Diplom-Volkswirtin Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin beim Hamburger WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), erstellt wurde.