Es ist Karneval. Wo immer die Jecken ein paar Tage in den Landen feiern, seit Kurzem gehört Schleswig-Holstein dazu. In Aachen wurde der Orden wider den tierischen Ernst an Daniel Günther verliehen, von wegen Ministerpräsidenten sind unwichtig. Manche fehlten.
Der neue Ritter hat seine Aufgabe als aufmerksamer Politiker im Narrenkäfig gut gemeistert. Schleswig-Holstein sei ein innovatives Land, seine Heimat Eckernförde und Dithmarschen habe mit der Investition von Northvolt, ein Unternehmen zur Produktion von Batteriezellen, einen Kreis geschlossen. Auch die Aachener und Jülicher Region arbeite mit Hochdruck an zukunftsorientierten Lösungen. „Nord und Süd (und der Westen) dürften in Deutschland nicht getrennt werden. Wir brauchen Beschleunigung und einen Dialog, der schneller nützt“, rief Günther aus dem Narrenkäfig dem Publikum zu. Manche Granden aus seiner Partei (CDU), ebenfalls Ordensträger wie Friedrich Merz und NRW-Ministerpräsident Henrik Wüst, glänzten durch Abwesenheit. Nicht so Armin Laschet, ein Aachener Urgestein, der ihm bei der Formulierung seiner Rede sehr geholfen habe. Bleib wie du bist, sein ein Tipp gewesen, verriet er und rutschte die neue Ordensmütze im Narrenkäfig manchmal zu recht. Passte alles, viel Applaus aus dem Publikum.
Abtauchen ist nicht sein Ding
Über den Tellerrand hinaus wünschte sich der Familienvater Günther aus dem Norden mehr Zusammenhalt für Europa, gegen Rechtspopulisten. „ Wann nicht jetzt, wann dann“, rief er sangesfreudig den Höhner-Song ins Gewissen. Da stand das Publikum parat, wie man im Rheinland sagt. Publikumskracher wie Cat Ballou aus Köln und die 4 Amigos aus Aachen rockten den Saal mit rund 1.000 Gästen. Guido Cantz, ohne die rote Jacke, wärmte das Publikum gekonnt auf. Als Moderatorin konnte der AKV Jessy Wellmer gewinnen, die in den Tagesthemen der ARD und auf der Bühne einen souveränen Eindruck macht. „Ich habe sogar mitgeswingt, wenn es Show- und Tanzeinlagen gab. Freudige Gesichter machen es mir leicht. Sonst sage ich einfach Oche Alaaf“, zwinkerte die Journalistin.
„Daniel Günther ist ein Ministerpräsident zum Anfassen: Er liebt das Gespräch und scheut keine Begegnung. Nein – auch wenn in seiner Heimatstadt Eckernförde U-Boote der deutschen Marine stationiert sind – abtauchen ist nicht sein Ding“, sagte AKV-Präsident Wolfgang Hyrenbach vor der Übergabe der Ritterinsignien. Er arbeite auf Lösungen hin, nicht auf Umfragehochs. Das mache ihn zu einem der beliebtesten Politiker in Deutschland.
Annalena Baerbock wünschte viel Wind aus dem Norden
In Schleswig-Holstein mit rund 2,6 Millionen Einwohnern kennen sich die Leute ja fast persönlich. Dort fällt es vielleicht leichter die Probleme vor Ort schneller zu lösen. Kurze Wege nutzen, das zeigt uns der vermeintlich kleine Norden an.
Die Laudatio auf den Preisträger hielt Außenministerin Annalena Baerbock, ohne Narrenkappe, noch rechtzeitig zur Verleihung eingetroffen. Der Norden sei „ebent“ ein Beispiel dafür, dass wir uns besser verständigen, lieber Christian. Frischer Wind komme nicht nur energetisch aus dem Norden, „schauen wir gemeinsam auf Lösungen für unser Land.“ Ritter Christian Lindner (FDP) hielt sich als Gast vornehm zurück. Parteivize Wolfgang Kubicki hielt eine Rede, die s(einem) Klientel folgte. „Hier gibt’s ja nur Wasser“, der Mann hatte Nerven wie Drahtseile und schien in der Kleidung eben aus dem Büro zu kommen … Vielleicht waren es auch Erkenntnisse aus einer turbulenten Kreuzfahrt auf der „MS Berlin“, mit der er die Ampelregierung verglich.
Gemeinsam anpacken
Ricarda Lang, Grünen-Vorsitzende, schnupperte für Gespräche auch mal rein. Julia Klöckner CDU) ist immer eine Wucht, sie kennt den Auftritt. „Willkommen im Club der 500 Pferdestärken. Wir Traktor, Du Porsche,“, sagte sie mit Blick auf den amtierenden Finanzminister der FDP. „Haben sich denn heute Einige vom Acker gemacht?“, schmunzelte sie. Wo war denn der Cem Özdemir? Wo war eigentlich die Prominenz der SPD? Die Dame ist immer bühnenreif.
Gemeinsam anpacken, über Parteigrenzen hinaus, könne nur das Ziel sein um rechte Kräfte zu stoppen – und Europa zu stärken, rief dagegen der neue Ritter. „Seien wir wieder stolz darauf was wir in Deutschland erreicht haben und schauen mutig in die Zukunft.“ Kurze Seitenhiebe und Selbstironie haben ihn besonders ausgezeichnet. „Muttis Schwiegersohn“ ist Daniel Günther sicher nicht, auch wenn dieses Attribut kein schlechtes ist. Geht’s noch „wüster“, lachte der Saal mit ihm. Im Aachener Eurogress gab es genug zu lachen, dafür sorgten Martin Schopps (klasse!), Kabarettist Wilfried Schmickler als Kaiser Karl und Khalid Bounouar aus Eschweiler. Sehenswert die Tanzeinlagen und der Auftritt der Aachener Prinzengarde, gekrönt für die Öcher mit dem Auftritt des Aachener Prinzen Thomas der IV. und Märchenprinz Mats I. Da schlugen so manche Herzen der Mamas und Papas höher, wenn große und kleine Narren ihren großen Auftritt hatten. Friedlich darf auch mal bei allen Krisen gefeiert werden. Kopf hoch ihr Jecken. So steht auf dem Orden: Kiel Ahoi, Oche Alaaf. (Frank Fäller)
