Jawlensky-Porträt „Mädchen mit Zopf“ bereichert Sammlung im Kunstmuseum

Alexej von Jawlensky: „Mädchen mit Zopf“, 1910. Foto: Peter Köster

Emil Nolde schuf 1910 das Gemälde „Nadja“. Das Porträt ist wesentlicher Bestandteil der Sammlung der Klassischen Moderne des Kunstmuseums Bonn.  Nun erfährt Diese durch das Gemälde „Mädchen mit Zopf“ (1910) von Alexej von Jawlensky eine Bereicherung.   

Langfristige Dauerleihgabe

Die angesprochenen Werke entstammen der Sammlung „Reisen-Hall“. Der Mönchengladbacher Unternehmer Michael Reisen-Hall stellt, wie schon beim Nolde-Gemälde „Nadja“ auch Jawlenskys „Mädchen mit Zopf“ dem Bonner Haus als langfristige Dauerleihgabe zur Verfügung. „Das Werk gehört der Öffentlichkeit zugänglich gemacht“, so Reisen-Hall. Zudem betonte er die langjährige besondere Beziehung zum Kunstmuseum. Die ursprünglich aus dem Nachlass des Künstlers stammende Arbeit „Mädchen mit Zopf“, die sich seit 2007 in Schweizer Privatbesitz befand, wurde bei einer Auktion im Kunsthaus „Ketterer“ (Köln) am 09. Juni 2023) für mehrere Millionen versteigert und gelangte so in den Besitz des Mönchengladbacher Sammlers.

Nolde
Emil Nolde: „Nadja“, 1910. Foto: Peter Köster

Wichtige Anregungen

Das Kunstmuseum indes freut sich über den, wie Intendant Stephan Berg es ausdrückte, „gewichtigen Sammlungszuwachs. Ein Glücksfall für das Kunstmuseum.“ Berg betonte, dass die Sammlung bereits über zahlreiche Jawlenskys verfüge. Zugleich erinnerte er an die Einzelausstellungen des Künstlers im Museum 1971 und 2022. Als zentraler Künstler der frühen Moderne hat Alexej von Jawlensky die Möglichkeiten der Farbe wesentlich erweitert. Während er die sichtbare Welt zu Beginn expressiv farbig darstellte, reduzierte er später die Formen des Bildes und steigerte die innere Leuchtkraft der Farben zum Ausdruck einer immateriellen und geistigen Wahrheit. Trotz der großen Individualität seines Wegs hat er der Malerei bis zur Gegenwart im Blick auf die Bedeutung der Farbe, des Seriellen und Spirituellen wichtige Anregungen gegeben.

Frühes Schlüsselwerk

Das Gemälde „Mädchen mit Zopf“ gilt als eines der frühen Schlüsselwerke Jawlenskys. In dem ausdrucksstarken Porträt, sozusagen das Lebensthema des deutsch-russischen Malers, wird ein neuer Umgang mit Farbe und Form spürbar, der sich weitgehend von dem früheren Naturbezug löst. „Mädchen mit Zopf“  ist wegweisend für den Expressionismus und bildet in Farbigkeit und Komposition einen faszinierenden Solitär in Jawlenskys Œuvre. Das Gemälde entstanden am Beginn seiner expressionistischer Schaffensphase, zählt  aufgrund seiner impulsiven Pinselführung, seinen extremen Farbkontrasten, einer spannungsvollen Perspektive und einem zoomartig fokussierten Bildausschnitt zu Jawlenskys expressionistischem Meisterwerk. Es ist geradezu ein  Paradebeispiel für seinen Aufbruch in den Expressionismus, den der Künstler zusammen mit seiner Frau und Künstlerin Marianne von Werefkin und dem Künstlerpaar Gabriele Münter und Wassily Kandinsky unter anderem mit der Künstlervereinigung des „Blauen Reiters“ ab 1911 wesentlich prägte.

In der Sammlung zur Klassischen Moderne bildet das Gemälde „Mädchen mit Zopf“ auch eine hervorragende Brücke zu August Mackes „Stillleben mit Apfelschale und japanischem Fächer“. Auch dies ein Geschenk des kunstsinnigen Sammlers aus Mönchengladbach. Peter Köster