Von der Heydt Museum Wuppertal breitet 2024 seine Schätze aus

Paul Gauguin, Stillleben mit exotischen Vögeln, um 1902. Foto: Von der Heydt-Museum

von der Heydt LogoWuppertal. Das Von der Heydt-Museum breitet für sein Ausstellungsprogramm 2024 seine Schätze aus: Nach „Zero, Pop und Minimal“ steht nun die Abstraktion im Fokus: von der klassischen Moderne bis hin zu heutigen Tendenzen der ungegenständlichen Malerei. Hauptwerke bekannter Künstlerinnen und Künstler sind genauso zu sehen wie lange verborgene Kostbarkeiten aus den Depots. Eine Reihe von Neuerwerbungen aus den vergangenen Jahren wird erstmals überhaupt ausgestellt.

„Wege der Abstraktion“

„Nicht viel zu sehen. Wege der Abstraktion 1920 bis heute“ lautet der Titel der Auftaktschau, die vom 24. Februar bis 01. September 2024 gezeigt wird.

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Gustave Courbet, „Die Steilküste bei Étretat“, um 1896.
Foto: Von der Heydt-Museum

Benannt ist die Ausstellung nach dem Titel eines bedeutenden Beispiels informeller Malerei im Bestand des Museums: Jean Fautriers Bild „Not much to look at (Nicht viel zu sehen)“ aus dem Jahr 1959. Insbesondere die vielen überraschenden Wechselbeziehungen zwischen figurativen und gegenständlichen Ansätzen einerseits und der ungegenständlichen bzw. abstrakten Kunst andererseits werden in der Ausstellung erlebbar. Etwa indem die historische Schlüsselfigur Max Ernst auf einen aktuellen Künstler wie Pius Fox trifft oder indem sich Werke von Amedée Ozenfant und Toulou Hassani, von Jean Dubuffet und Hannsjörg Voth, von George Mathieu und Katharina Grosse begegnen. Die Wege der Abstraktion in der Moderne sind verschlungen: ein lebendiger und offener Prozess mit vielen Beteiligten. Unterschiedliche Ideen stehen am Anfang der abstrakten und abstrahierenden Malerei. Sie sind aus dem Bewusstsein heraus entstanden, dass die Malerei mehr kann, als nur die Dinge, die man sieht, ins Zweidimensionale der Leinwand zu übersetzen. Die Idee, dass ein Gemälde allein aus Farben und Linien auf Leinwand besteht und darüber hinaus keine Bedeutung hat, entstand im Umkreis der „De Stijl-Bewegung“ der 1920er Jahre und lässt sich bis zur Farbmalerei von heute verfolgen.

„Zeiten und Räume“

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Ferdinand Hodler, „Der Holzfäller“, 1908/1910. Foto: Von der Heydt-Museum

Vom 24. März bis Frühjahr 2025 zeigt das Museum die Ausstellung „Zeiten und Räume. Klassiker der Sammlung. Ruisdael bis Dix“. In der neu konzipierten Sammlungspräsentation vereint das Wuppertaler Haus ausgewählte Klassiker und Publikumslieblinge. Besonders ist dabei die Gruppierung der Werke: Unter dem Titel „Zeiten und Räume“ sind diese wie in einer Art visuellem Reiseführer zusammengestellt, der durch die Kunstgeschichte führt. Die Reise beginnt in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts mit Werken von Jacob van Ruisdael und Frans Snyders und führt weiter in die deutsche Landschaftsmalerei des 18. und 19. Jahrhunderts mit Gemälden u. a. von Ludwig Richter und Hans Thoma. Einen weiteren bedeutenden Zeit-Raum repräsentiert die „Schule von Barbizon“, mit zum Beispiel Künstlern wie Camille Corot, die im Wald von Fontainebleau gemalt haben. Daran anschließend werden Schlüsselwerke des Impressionismus von Claude Monet, Edgar Degas und Paul Signac präsentiert. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die so genannten Deutschrömer Hans von Marées, Arnold Böcklin und Anselm Feuerbach. Die „Künstlerkolonie Worpswede“ mit Paula Modersohn-Becker leitet thematisch über in die Zeit des Expressionismus, der seinen Schwerpunkt in Deutschland in Dresden/Berlin und Murnau hat. Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff treffen u. a. auf Wassily Kandinsky, Franz Marc und Gabriele Münter. Meisterwerke der Neuen Sachlichkeit, z. B. von Otto Dix oder Christian Schad, sowie Werke der Kölner Progressiven knüpfen daran an. Eine repräsentative Auswahl an Skulpturen ergänzt den Gemäldebestand.

„Lothar Baumgarten“

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Carl Grossberg, „Der gelbe Kessel“, 1933. Foto: Von der Heydt-Museum

Aus der Sammlung Lothar Schirmer stammt die Ausstellung „Lothar Baumgarten“. Sie wird vom 24. März  bis 01. September gezeigt. Im Mittelpunkt stehen Werke des deutschen Künstlers Lothar Baumgarten (1944–2018). Es handelt sich um die erste Würdigung des Künstlers in einem deutschen Museum seit seinem frühen Tod vor fünf Jahren. Die Ausstellung ist eingebettet in die neue Sammlungspräsentation „Zeiten und Räume“, mit der sie in Wechselwirkung tritt und neue Lesarten öffnet. Baumgartens Schaffen kreiste um die Frage nach dem Eigenen und dem Fremden, es handelte von fernen Räumen, die das europäische Auge und die europäische Politik zu erobern versuchten.

Lothar Baumgarten studierte von 1961 bis 1971 an der Kunstakademie Düsseldorf, u. a. bei Joseph Beuys. Er war mehrfach Teilnehmer der documenta und erhielt neben zahlreichen anderen Auszeichnungen 1984 den „Goldenen Löwen“ der Biennale von Venedig für seine Arbeit „America Señores Naturales“. Bereits in den 1970er Jahren beschäftigte Baumgarten sich mit dem europäischen Blick auf fremde Kulturen. 1978/79 reiste er ins Amazonasgebiet und lebte dort 18 Monate bei zwei Stämmen der Yãnomãmi am oberen Orinoco in Venezuela. Besonders eindrücklich sind neben seinen Fotografien die installativen Arbeiten, die eine sinnlich-haptische Wirkung entfalten und zugleich auf subtile Weise anregen, über globale und sozialpolitische Themen nachzudenken.

„Lucio Fontana: Erwartung

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Paula Modersohn-Becker, „Stillleben mit Goldfischglas“, 1906/07.
Foto: Von der Heydt-Museum

Lucio Fontana (Argentinien 1899 – Italien 1968) zählt international zu den Schlüsselfiguren der Kunst des 20. Jahrhunderts. Das Museum präsentiert den Künstler vom 08. Oktober bis 12. Januar 2025 in der Ausstellung „Lucio Fontana: Erwartung“. Seine inspirierende Wirkung auf inzwischen mehrere Generationen von Künstlerinnen und Künstler ist unübersehbar. Dessen ungeachtet hat es in Deutschland seit fast 30 Jahren keine museale Ausstellung mehr gegeben, die Fontanas Geltung und seinem bis in die Gegenwart reichenden Einfluss gerecht wird. Mit „Lucio Fontana: Erwartung“ möchte das Museum Fontanas komplexes Gesamtwerk anhand ausgewählter Arbeiten möglichst umfassend erlebbar machen: von den figurativen bis zu den konzeptuellen Arbeiten, von der Keramik bis zur Rauminstallation. Wegweisend, wenn nicht brisant ist Fontanas Schaffen insbesondere deshalb, weil er es ganz der Erfahrung von Raum und Zeit widmete. Angesichts einer durch die elektronischen Medien immer fluider werdenden Bildwelt erscheint seine schon 1946 gestellte Diagnose, die Geschwindigkeit sei die entscheidende Erfahrung der Moderne, heute aktueller denn je. Andererseits kann man Fontanas Arbeiten als Antithese zur potentiell totalen Überformung der realen durch die digitale Welt verstehen, verdanken sie ihre Wirkung doch einem elementar bildhauerischen, wenn auch vielfach höchst unkonventionellen Zugriff auf das Material. pk