Internationale Waldpädagogiktagung | Gemeinsam gestalten und lernen

SDW_Waldpädagogiktagung © Noemi Loi. Ein Blick auf die Teilnehmenden der Tagung im JUFA-Hotel in Königswinter

Ulrike Schuth

Logo SDWDrei Tage lang trafen sich über 160 Teilnehmende aus 26 Ländern in Königswinter bei Bonn zum 17ten Europäischen Waldpädagogik-Kongress. Ziel war es, sich zu waldbezogener Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in Wissenschaft und Praxis weiterzubilden und das internationale Netzwerk zu stärken. Es wurde den Fragen nachgegangen, wie Waldpädagogik noch mehr zur Transformation der Gesellschaft und zu nachhaltigerem Handeln beitragen kann. Das Motto der Fachtagung lautete entsprechend: Lernen, um gemeinsam zu gestalten – Wie kann waldbezogene Bildung für nachhaltige Entwicklung Partnerschaften aufbauen und Menschen stärken? Die von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) ausgerichtete Veranstaltung wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert.

SDW Waldpädagogiktagung © Noemi-Loi
SDW Waldpädagogiktagung © Noemi Loi
Ein Blick in die Eröffnungsdiskussion mit Anstößen zu waldbezogener Bildung aus unterschiedlichen Blickwinkeln.

Seit 2006 führt die SDW die Waldpädagogiktagung in Deutschland durch, die sich inzwischen als Branchentreff in der Fachgemeinschaft etabliert hat. In diesem Jahr fand sie in Kooperation mit dem europäischen Netzwerk des United Nation-Forest Communication Network – Subgroup Forest Pedagogics statt. So konnten Erfahrungen und Expertise aus zwei Akteurskreisen gebündelt werden. Zusätzlich erweiterten neue Teilnehmende aus EU und Nicht-EU-Ländern die Tagungsgemeinschaft. Denn waldbezogene Bildung für nachhaltige Entwicklung ist nicht in allen Ländern gleich ausgeprägt. Oft stehen Bildungsinitiativen für den Wald noch am Anfang. Austausch und Unterstützung sind hilfreich und notwendig, um starke Strukturen für waldbezogene Bildungsarbeit in allen Ländern zu etablieren.

„Seit dem internationalen Jahr der Wälder 2011 richten wir unsere Bildungsarbeit bewusst nach dem Konzept der Bildung für nachhaltigen Entwicklung aus“, so Ursula Heinen-Esser, die Präsidentin der SDW, „mit dieser Veranstaltung wollen wir den Forest Europe Prozess dafür gewinnen, die waldbezogene Bildungsarbeit über Deutschland hinaus bekannter zu machen und zu unterstützen. Denn im Wald kann Lernen für den Aufbau notwendiger Kompetenzen zur Gestaltung einer zukunftsfähigen Entwicklung leichter gelingen“.

Gemeinsam diskutieren und entwickeln

SDW WP Tagung © Alexandra Moelleken
SDW WP Tagung © Alexandra Moelleken

Nach einem Waldausflug zum nahegelegenen Petersberg am Abend zuvor startete die Tagung am Mittwoch mit Anstößen zu waldbezogener Bildung aus unterschiedlichen Blickwinkeln. So diskutierten Matthias Schwoerer, Leiter des Referats „Europäische und internationale Waldpolitik“ im BMEL, Gisela Lamkowsky, Leiterin der BNE-Agentur des Landes Nordrhein-Westfalen, Thomas Kämmerling, Leiter des Landesbetriebs Wald und Holz Nordrhein-Westfalen, Vera Steinberg, Bereichsleiterin „Green Jobs and Forest Education“ bei Forest Europe, und Līga Abizāre, Vizevorsitzende der FCN-Subgroup Forest Pedagogics, über die Erwartungen an die Tagung.

Den ersten Vortrag hielt Dr. Andreas Schwarz von der Universität Köln. Er gab einen historischen Rückblick zum Wahrheitsbegriff und zeigte auf, vor welchen Herausforderungen wir bei der Klimadebatte in der postfaktischen Zeit stehen. Nachmittags wurden in Kleingruppen aktuelle waldpädagogische Fragen diskutiert. Christoph Rullmann, SDW-Bundesgeschäftsführer und Forstwissenschaftler, hatte zusammen mit Vera Steinberg und Juliet Achieng, Forest Europe, eine Arbeitsgruppe zum Thema „Wie sollte Wald-BNE in den europäischen Forstpolitikprozess integriert werden?“ angeboten, während Rolf Jucker von der Silviva-Stiftung aus der Schweiz zusammen mit Inga Feuser von Teachers for Future Deutschland Beiträge zu den Fragen „Vor welchen Herausforderungen steht Wald-BNE heute? Wie wird Wald-BNE zu transformativer Bildung?“ moderierten.

Zielgruppenansprache, Waldthemen oder der Aufbau von Partnerschaften waren weitere Gruppenarbeitsthemen, in denen auch Gäste aus Spanien, Escola de Capataces Forestais de Lourizán, ihr Partnerschaftsprojekt mit dem Oberstufenkolleg der Universität Bielefeld vorstellten.

Praxis im Wald – international

Der zweite Tag stand ganz im Zeichen der Praxis und der Bedeutung von Partnerschaften wie außerschulische Lernorte, die Landesforsteinrichtungen, Universitäten und Hochschulen. In zahlreichen Workshops wurde direkt draußen im Wald waldpädagogische Praxis aus verschiedenen Ländern erprobt. Immer wieder reflektierten die Teilnehmenden, wie die Aktivitäten in ihre Kontexte übertragen werden können. So fasste Janet Martires von der philippinischen Bildungsinitiative Kids-to-Forests zusammen: „Ich bedanke mich, die Chance gehabt zu haben, nach Deutschland zu kommen und gemeinsam zu lernen. Ich habe viele Pläne und freue mich darauf, sie zu verwirklichen. Die Gäste aus der Türkei haben sogar bereits Pläne gemacht. Eray Özdemir stellte in Aussicht, dass „in den nächsten Jahren der Kongress auch mal in der Türkei stattfinden könnte“.

SDW Waldpädagogiktagung © Noemi-Loi 2
SDW Waldpädagogiktagung c Noemi-Loi
Mit dem Austausch in den Pausen werden neue Netzwerke begründet

Einen Handabdruck hinterlassen

Am letzten Tag lernten die Teilnehmenden einen neuen Ansatz für nachhaltiges Handeln kennen und wie herausfordernd es oft ist, mit den Emotionen für das Handeln für den Wald umzugehen. Stefan Rostock von Germanwatch stellte die Methode „Handprint“ vor. Prof. Dr. Stefanie Steinebach von der Forstwissenschaftlichen Hochschule Rottenburg schaute genauer auf die kommunikativen Herausforderungen und Widersprüchen zwischen Baumliebhabern und Waldexperten. Die Teilnehmenden hinterließen im Anschluss einen Handabdruck, um nachhaltige Aktivitäten für den Wald anzustoßen. Die Ergebnisse der partizipativen Ideensammlung vom ersten Tag wurden allen vorgestellt. Sie sind die Stimme an den forstpolitischen Prozess „Forest Europe“, dessen Sekretariat zurzeit in Deutschland liegt. Über Deutschland hinaus, soll so die Bedeutung waldbezogener Bildungsarbeit noch stärker wahrgenommen werden.

„Auf der Tagung wurden viele neue Kontakte geknüpft. Aber das Netzwerk muss wachsen, damit wir noch mehr Menschen erreichen“, sagte SDW-Bildungsreferentin Ulrike Schuth. Laut Schuth ist es nötig, sich für eine solche europäische Bildungsveranstaltung über einen längeren Zeitraum an einem Ort zu treffen. Diese Zeit sei nötig, um sich untereinander besser kennenzulernen. So könne hinterher ein besserer Austausch zwischen den Ländern stattfinden.

„Es ist wichtig, sich auch außerhalb des Tagungsprogramms zu begegnen. So entstehen oft gefestigtere Verbindungen oder sogar Freundschaften, die notwendig sind, um über einen längeren Zeitraum zusammen zu arbeiten. Denn um waldbezogene BNE in allen europäischen Ländern zu verankern, braucht es einen langen Atem. Einige Länder, in denen Waldpädagogik noch kaum eine Rolle spielt, benötigen besondere Unterstützung. Solche Tagungen sind gerade für diese Länder von großer Bedeutung. Der Funke kann, sozusagen, überspringen.

In dem Abschlussdokument zur Tagung soll herausgestellt werden, welchen wichtigen Beitrag Waldpädagogik zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele bereits leistet und noch leisten kann. Diese Tatsache muss noch mehr in die politischen Prozesse getragen werden. Dazu brauchen wir engagierte und informierte Menschen und starke Partnerschaften.“

Autorin: Ulrike Schuth, Bildungsreferentin der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald