Neben den erfolgreichen sechs Clustern haben nun zwei weitere Initiativen die Chance auf Exzellenzförderung
Sehr gute Nachrichten für die Universität Bonn: Zwei neue Cluster-Initiativen dürfen einen Antrag auf Förderung in der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder stellen. Das haben die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Wissenschaftsrat heute mitgeteilt. Die beiden Clusterinitiativen gehören damit zu den ausgewählten 41 von deutschlandweit 143 begutachteten Skizzen. Im Jahr 2019 konnte die Universität Bonn bereits sechs Cluster einwerben, mehr als jede andere Universität in Deutschland. Alle Cluster stellen Fortsetzungsanträge, sodass die Universität nun Chancen auf acht Exzellenzcluster hat.
„Der Exzellenzwettbewerb ist härter denn je. Deshalb ist die heutige Entscheidung ein großartiger Erfolg für Bonn”, sagt Rektor Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Hoch. „Unsere sechs bestehenden Cluster haben sich in den letzten Jahren sehr erfolgreich entwickelt. Nun beurteilen die internationalen Gutachtenden, dass zwei weitere unserer Forschungsprojekte das Potential haben, weltweit wettbewerbsfähig zu sein. Ich danke allen herzlich, die zu diesem hervorragenden Zwischenergebnis beigetragen haben.“ Jetzt gehe es darum, alle bestehenden Cluster und die zwei neuen Initiativen bestmöglich zu unterstützen. „Unser klares Ziel ist es, weiter mit an der Spitze der erfolgreichsten Universitäten des Wettbewerbs zu stehen“, betont Hoch.
Bis August dieses Jahres muss die Universität Bonn alle Anträge für Exzellenzcluster einreichen. Die Förderentscheidung ist für Mai 2025 und der etwaige Förderbeginn für Anfang 2026 geplant.
Die Universität Bonn ist aktuell mit sechs geförderten Exzellenzclustern die erfolgreichste Universität der Förderlinie. Mit dem Status Exzellenzuniversität, den sie im Jahr 2019 als eine von deutschlandweit nur elf Exzellenzuniversitäten und -verbünden sowie von nur zwei in Nordrhein-Westfalen erhielt, ist sie die derzeit erfolgreichste Universität des gesamten Wettbewerbs. In den wichtigsten globalen Rankings hat sie sich seither unter den führenden Universitäten in Deutschland und Europa fest etabliert und gehört weltweit zu den Top 100.
Für folgende neue Initiativen zu Exzellenzclustern wird die Universität Bonn nun einen Vollantrag stellen:
– “Color meets Flavor“ – Suche nach neuen Phänomenen in der starken und schwachen Wechselwirkung
– Unser Dynamisches Universum
Kurze Steckbriefe zu den neuen Cluster-Initiativen finden Sie weiter unten in dieser Pressemitteilung.
Aktuell gefördert werden folgende Exzellenzcluster an der Universität Bonn:
– Hausdorff Center for Mathematics (HCM)
– ImmunoSensation2
– PhenoRob
– ECONtribute: Märkte & Public Policy
– ML4Q – Materie und Licht für Quanteninformation
– Bonn Center for Dependency and Slavery Studies (BCDSS)
Steckbriefe zu den bestehenden Exzellenzclustern an der Universität Bonn, für die eine Fortführung der Förderung beantragt werden wird, finden Sie ebenfalls am Ende dieser Mitteilung.
Steckbriefe zu den neuen Clusterinitiativen:
1. “Color meets Flavor“ – Suche nach neuen Phänomenen in der starken und schwachen Wechselwirkung
Die Existenz von Dunkler Materie und die Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie im Universum geben Hinweise darauf, dass unser Verständnis der Natur noch unvollständig ist. Auch wenn fast alle Messungen der Teilchenphysik bereits präzise vom Standardmodell beschrieben werden können, bleibt die Entschlüsselung der Struktur von Materie im sub-atomaren Bereich eine der drängendsten Forschungsfragen der fundamentalen Physik. Dabei geht es um die Frage: Wo verstecken sich neue fundamentale physikalische Phänomene?
Einige der interessantesten Messungen der letzten Jahre beinhalten ein Zusammenspiel der starken (“Color”) und der schwachen (“Flavor”) Wechselwirkung. Dieses Zusammenspiel wollen die Forschenden im gemeinsam mit der TU Dortmund, der Universität Siegen und dem Forschungszentrum Jülich vorgeschlagenen Exzellenzcluster in enger Zusammenarbeit zwischen Theorie und Experiment näher beleuchten. Der Fokus liegt auf der Physik der Quarks und der Frage wie diese fundamentalen Materiebausteine komplexe Bindungszustände bilden. Darüber hinaus sollen die Eigenschaften des Higgs-Bosons untersucht und die Suche nach dem Axion fortgesetzt werden. Da sich die Massen der sechs bekannten Quarks über mehrere Größenordnungen erstrecken, reicht die zu ihrer Untersuchung nötige experimentelle Infrastruktur von Experimenten bei kleineren Energien am ELSA-Teilchenbeschleuniger in Bonn bis zu Experimenten bei höchsten Energien am Large Hadron Collider (LHC) am CERN in Genf, bei denen auch das Higgs Boson untersucht werden kann.
Sprecher:
Prof. Dr. Jochen Dingfelder, Elementarteilchenphysik, Physikalisches Institut, Universität Bonn;
Sprecher des Forschungs- und Technologiezentrums Detektorphysik
Beteiligte Universitäten:
Universität Bonn, Technische Universität Dortmund, Universität Siegen
Beteiligte Institutionen:
Forschungszentrum Jülich
2. Unser Dynamisches Universum
Struktur und Entwicklung des Universums werden durch unzählige Phänomene gesteuert, die auf sehr verschiedenen Zeitskalen von Sekundenbruchteilen bis zu Milliarden von Jahren ablaufen. Der gemeinsam mit der Universität zu Köln beantragte Exzellenzcluster verbindet die astrophysikalischen Prozesse durch eine Kombination aus Beobachtungen mit neuer Instrumentierung, Theorie in Verbindung mit neuartigen Simulations- und datenwissenschaftlichen Methoden und Laborastrophysik. Ziel ist, die Zeitentwicklung des Materie- und Energieflusses vollständig zu beschreiben. In der Region Bonn-Köln ist die Cluster-Initiative in einem international anerkannten Kompetenzzentrum insbesondere für Radioastronomie angesiedelt, gestützt auf vier Säulen: (1) Bau von hochmodernen Detektoren und Instrumenten für internationale Teleskope, (2) Leitung groß angelegter Beobachtungsprogramme, (3) Betrieb eines Weltklasse-Labors für Astrophysik und (4) Simulation der dynamischen Entwicklung von Planeten, Sternen und Galaxien auf Hochleistungscomputern.
Sprecher:
Prof. Dr. Stefanie Walch-Gassner, Astrophysik, Universität zu Köln
Prof. Dr. Cristiano Porciani, Astrophysik, Universität Bonn
Beteiligte Universitäten:
Universität zu Köln, Universität Bonn
Beteiligte Institutionen:
Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn
Forschungszentrum Jülich
Deutsches Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR), Bonn
Steckbriefe zu den bestehenden Exzellenzclustern an der Universität Bonn:
1. Hausdorff Center for Mathematics (HCM)
Das Hausdorff Center for Mathematics (HCM) wurde im Jahr 2006 als deutschlandweit erstes Exzellenzcluster in der Mathematik gegründet. Es hat sich zu einem international bedeutenden Zentrum für mathematische Forschung und Lehre sowie wissenschaftlichen Austausch entwickelt. Jedes Jahr bringt das HCM viele international angesehene Preisträgerinnen und Preisträger hervor. Das Forschungsspektrum reicht von reiner und angewandter Mathematik über Fragestellungen der Ökonomie bis hin zu interdisziplinären Arbeiten mit Fachbereichen wie etwa Materialforschung und Lebenswissenschaften.
Sprecher:
Prof. Dr. Valentin Blomer, Mathematisches Institut, Universität Bonn
Beteiligte Institutionen:
Max-Planck-Institut für Mathematik
2. ImmunoSensation2
Das Exzellenzcluster ImmunoSensation2 wurde im Jahr 2012 mit dem Ziel gegründet, das Immunsystem über die Grenzen der klassischen Immunologie hinaus besser zu verstehen. Dabei wird das Immunsystem als Sinnesorgan für unsere Gesundheit aufgefasst. Im Kern der wissenschaftlichen Thematik stehen die Immun-Sensoren, die Rezeptoren des angeborenen Immunsystems, und deren Beteiligung an Krankheitsprozessen. Zur systematischen Entschlüsselung dieser Mechanismen hat ImmunoSensation2 ein interdisziplinäres Team aus Immunologen, Zellbiologen, Systembiologen, Biochemikern und Mathematikern aufgestellt. Das translationale Ziel ist die Entwicklung präziser Eingriffe in die Funktion des Immunsystems und damit eine bessere Behandlung von entzündlichen Erkrankungen.
Sprecher:
Prof. Gunther Hartmann, MD, Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie, Universitätsklinikum Bonn, Universität Bonn
Beteiligte Institutionen:
Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)
3. PhenoRob
PhenoRob ist Deutschlands einziges Exzellenzcluster, das Agrarwissenschaften mit den Ingenieurwissenschaften verbindet. Es wurde im Jahr 2019 gegründet und erforscht neue Möglichkeiten, die Nutzpflanzenproduktion zu revolutionieren. Ziel ist die durch Technologie und KI unterstützte Produktion von Nutzpflanzen bei gleichzeitiger Minimierung der negativen Einflüsse auf unsere Ökosysteme. Die Forschenden stammen aus den Bereichen Robotik, Geodäsie, Informatik, Agrarwissenschaften, Ökonomie und Ökologie und forschen gemeinsam an neuen Wegen, um den landwirtschaftlichen Anbau mit der Hilfe von modernsten Technologien nachhaltiger zu machen. Dafür werden zum Beispiel Roboter und Drohnen mit der Hilfe von künstlicher Intelligenz so trainiert, dass sie Pflanzen phänotypisieren und ihre aktuellen Bedarfe (Wasser, Düngung, Pflanzenschutz) nicht nur erfassen, sondern auch zielspezifisch versorgen können. Aus dem Exzellenzcluster sind bereits mehrere marktreife Produkte hervorgegangen.
Sprecher:
Prof. Dr. Cyrill Stachniss, Photogrammetrie und Robotik, Universität Bonn Prof. Dr. Heiner Kuhlmann, Geodäsie, Universität Bonn
Beteiligte Institutionen:
Forschungszentrum Jülich
4. ECONtribute: Märkte & Public Policy
Das deutschlandweit einzige Exzellenzcluster in den Wirtschaftswissenschaften ECONtribute wird seit dem Jahr 2019 gemeinsam von der Universität Bonn und der Universität zu Köln getragen. Der Fokus der Forschung liegt auf Märkten im Spannungsfeld von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Ziel der Forschenden aus Disziplinen wie Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre, Psychologie, Ethik, Sozial-, Politik- und Rechtswissenschaften ist es, Herausforderungen wie die Digitalisierung, globale Finanzkrisen, zunehmende Ungleichheit und politische Polarisierung besser zu verstehen und Empfehlungen abzugeben, wie Politik evidenzbasiert darauf reagieren kann.
Sprecher:
Prof. Dr. Thomas Dohmen, Professur für Angewandte Mikroökonomie, Universität Bonn
Prof. Dr. Matthias Heinz, Professur für Strategie, Universität zu Köln
Prof. Dr. Pia Pinger, Professur für Design und Behavior, Universität zu Köln
Beteiligte Universitäten:
Universität Bonn, Universität zu Köln
Beteiligte Institutionen:
Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, Bonn
5. ML4Q – Materie und Licht für Quanteninformation
Quantencomputer stehen im Zentrum des im Jahr 2019 von der Universität Bonn, der Universität zu Köln und der RWTH Aachen sowie dem Forschungszentrum Jülich ins Leben gerufenen Exzellenzclusters ML4Q. Ziel des Clusters ist es, die Grundlagen für neue Computer- und Netzwerkarchitekturen zu schaffen, die auf den Prinzipien der Quantenmechanik beruhen und deren Leistungsfähigkeit jene von klassischen Computern übertrifft. Dafür werden Quantenmaterialien analysiert und optimiert, die für die Realisierung unterschiedlicher Qubit-Plattformen (wie z.B. Halbleiterqubits, supraleitende Qubits, topologische Qubits sowie Rydberg-Atome) erforderlich sind. Die Cluster-Forscherinnen und Forscher erarbeiten darüber hinaus Algorithmen für fehlertolerantes Quantencomputing und Strategien für Fehlerkorrekturen.
Sprecher:
Prof. Yoichi Ando, Festkörperphysik, Universität zu Köln
Standortsprecher Bonn:
Prof. Dr. Simon Stellmer, Quantenmetrologie, Universität Bonn
Beteiligte Universitäten:
Universität zu Köln, Universität Bonn, RWTH Aachen,
Weitere beteiligte Institutionen:
Forschungszentrum Jülich
6. Bonn Center for Dependency and Slavery Studies (BCDSS)
“Asymmetrische Abhängigkeit“ – mit diesem neuen Schlüsselkonzept
bietet das Exzellenzcluster Bonn Center for Dependency and Slavery Studies (BCDSS) seit dem Jahr 2019 einen neuen Zugang zur Sklaverei- und Abhängigkeitsforschung. Untersucht werden alle Formen tiefer sozialer Abhängigkeiten wie Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft sowie weitere Formen permanenter Abhängigkeiten. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommen aus so unterschiedlichen Disziplinen wie Anthropologie, (Alt-)Amerikanistik, Archäologie, Asienwissenschaften, Geschichte, Rechtswissenschaften oder Theologie. Dabei ist der Blick offen für alle Epochen, Regionen und Kulturen sowie alle Schattierungen zwischen „frei“ und „unfrei“. Mit seiner erweiterten Perspektive öffnet das Exzellenzcluster die Abhängigkeitsforschung für neue transkulturelle Perspektiven und Vergleiche.
Sprecher:
Prof. Dr. Stephan Conermann, Islamwissenschaft, Universität Bonn
Beteiligte Institutionen:
Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie, Frankfurt am Main