„Die Station ist voll und die Familien haben Angst“

Elterninitiative krebskranker Kinder St. Augustin e.V.

Elterninitiative krebskranker Kinder reduziert Kontakte auf ein Minimum und sorgt sich um fortlaufende Finanzierung der Angebote

Sankt Augustin. Strenge Hygienemaßnahmen und Infektionsschutz sind auf der onkologischen Station der Kinderklinik Sankt Augustin nicht erst seit der Corona-Pandemie das höchste Gebot: Im Kampf gegen besonders aggressive Tumorarten im Kinder- und Jugendalter wird das Immunsystem der jungen Patienten nahezu ausgeschaltet. Die jungen Patienten zählen also zur Hochrisikogruppe, erklärt Manuela Melz, Vorsitzende der Elterninitiative krebskranker Kinder St. Augustin e.V. (EKKK): „In Zeiten von Corona erreicht die Notwendigkeit des Infektionsschutzes ein bislang unvorstellbares Ausmaß: Das gesamte ehrenamtliche und auf Honorarbasis tätige Personal darf aktuell nicht mehr auf die Station. Das haben wir im Vorstand einstimmig und nach Rücksprache mit unseren Mitarbeitern und Helfern so beschlossen, um die Zahl der Kontakte und damit das Risiko einer Übertragung bestmöglich zu reduzieren.“ Kreativangebote, Musiktherapie, die Shiatsu-Massagen insbesondere für Kinder mit starken Schmerzen und auch die Lehrkräfte auf der Kinderkrebsstation sind auf unbestimmte Zeit eingestellt.

„Nur unsere festangestellten Mitarbeiter sowie unsere Psychologin sind noch vor Ort“, berichtet Manuela Melz: „Und unsere Hilfe ist gerade so wichtig wie schon lange nicht mehr: Die Eltern haben Angst, einige sogar Panik, dass die Covid-19-Infektion die Station erreichen könnte. Das hätte verheerende Auswirkungen. Es ist derzeit immer nur ein Elternteil bei den Kindern und häufig bleibt dieses Elternteil dauerhaft auf der Station, um sich nicht zu Hause oder beim Einkaufen mit dem Virus infizieren zu können.“Eine besondere Bedeutung habe derzeit die psychologische Unterstützung der jungen Patienten und ihrer Eltern, aber auch die Ablenkung vom Klinikalltag und der Covid-19-Bedrohung, betont die Vorsitzende: „Alle Zimmer sind mit Fernsehern ausgestattet. Dank der Spenden an die EKKK ist die Kinderkrebsstation im gesamten Hause die einzige Station mit einem Hochleistungs-WLAN, es gibt mehrere moderne Spielekonsolen und die Möglichkeit, Videofilme zu schauen. Wir backen und kochen auch mit den Kindern und die Lehrerin hat den Schulkindern geholfen, die Lern-Software ANTON auf unseren iPads einzurichten, damit die Kinder selbstständig ihren Unterricht fortsetzen können.“ Denn auch der Fernunterricht über das EKKK-Projekt Klassissimo, das eine Videoverbindung ins übliche Klassenzimmer der jungen Patienten herstellt, kann durch die aktuellen Schulschließungen nicht genutzt werden.

„Wir wissen nicht, was noch auf uns zukommt. Aber so lange es möglich ist, werden wir bei den Kindern bleiben. So paradox es klingen mag: Der beste Schutz für die Kinder und deren Familien ist es, zu Hause zu bleiben und die Welle der Neuinfektionen so flach wie möglich zu halten“, appelliert Manuela Melz: „Das gilt auch für uns selbst: Wir arbeiten mit Abstand, es gibt keine klassischen Besprechungen mehr und das Büro arbeitet im Homeoffice. So bleiben wir auch dann handlungsfähig, wenn sich ein einzelner Mitarbeiter doch irgendwie infizieren sollte.“

Große Sorgen bereitet dem Verein derzeit die Finanzierung der fortlaufenden Angebote: „Unsere Station ist voll. Normalerweise zählen wir zwischen 30 und 50 Neuerkrankungen im Jahr. Setzt sich der Trend des ersten Quartals fort, würde dies 100 oder mehr Neuerkrankungen für das Jahr 2020 bedeuten. Wir können unsere Angebote also nicht runterfahren und die Personalkosten laufen weiter. Das Spendenaufkommen ist in den vergangenen Wochen allerdings auf nahezu Null eingebrochen.“ So hat die EKKK erstmals seit vielen Jahren das Familienwochenende im Sommer mit aktuellen und ehemaligen Patienten sowie deren Familien absagen müssen, berichtet Melz: „Um unsere Hilfsarbeit fortsetzen zu können, sind wir in der Corona-Zeit selbst auf die Hilfe der Spender mehr denn je angewiesen.“