Die Bundeskunsthalle veröffentlicht ihren Ausstellungskalender 2024 | Er reicht von der Philosophie über Architektur, Künstlerehrung bis zum Tanz.

Gottlieb Doebler Immanuel Kant nach 1791 Öl auf Leinwand, 36,8 x 31 cm © Ostpreußisches Landesmuseum / Leihgabe Stadt Duisburg

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Jahresprogramm 2024 der Bundeskunsthalle | Kaleidoskopischer Kalender von der Philosophie bis zur Ökologie

Bonn wird zum Kant-Hotspot

Bonn wird 2024 zum Kant-Hotspot und die Bundeskunsthalle zum Treffpunkt von „Kantianerinnen und Kantianern“. Am 22. April 2024 jährt sich der Geburtstag des Philosophen Immanuel Kant (1724–1804) zum 300. Mal und das Museum dockt mit einer besonderen Ausstellung, die noch im Spätherbst diesen Jahres startet, ans Kant-Jahr an. „Kant und der Geist der Aufklärung“ lautet der Titel der vom 27. November bis 17. März 2024 gezeigten Schau. Auch wenn die Ausstellung am 17. März 2024 ihre Pforten schließt, wird die Bundeskunsthalle im Kant-Jubiläumsjahr 2024 zum zentralen überregionalen Veranstaltungsort der Region: Zwischen April und Juli 2024 findet unter dem Titel „Kant und die Gegenwart“ eine Vortragsreihe statt, gefolgt von dem 14. Internationalen Kant-Kongress „Kants Projekt der Aufklärung“ vom 08. bis 13. September 2024.

Konzeptkünstlerin Anna Oppermann

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Porträt: Anna Oppermann © Courtesy Nachlass Anna Oppermann und Galerie Barbara Thumm

Neben Kant offeriert das Bundeskunsthallen-Jahresprogramm 2024 weitere spannende Positionen. Dazu zählt die Künstlerin Anna Oppermann (1940–1993). Die Retroperspektive „Anna Oppermann“ (13. Dezember bis April 2024) zeigt Oppermann als Schlüsselfigur der deutschen Konzeptkunst. In den sechziger Jahren entwickelte sie ihre radikal offene und dialogische Sprache. Ihre komplizierten Assemblagen aus Zeichnungen, Fotografien und Objekten entwickelten sich zu großformatigen, raumgreifenden Installationen, für die Oppermann den Begriff „Ensemble” prägte.

Architekturhighlight Kengo Kuma

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Kengo Kuma | National Stadium © Japan Sport Council

Ab dem 08. März wird ein Architekturhighlight in Szene setzt. Dafür sorgt der weltweit erfolgreiche japanische Architekt Kengo Kuma. Bei der diesjährigen Architekturbiennale von Venedig präsentierte er Modelle seiner bedeutendsten Gebäude. Das Haus zeigt die retrospektiv angelegte Ausstellung „Kengo Kuma. Onomatopoeia Architecture“ nun erstmals nach Venedig. Im Mittelpunkt steht der Dialog zwischen Mensch und Material und dem damit verbundenen Rückgriff des Architekten auf die „Onomatopoesie“, zu Deutsch „Lautmalerei“. Für seine Projekte greift Kengo Kuma auf japanische Traditionen und die von ihm bevorzugten Materialien, wie Holz, Papier und Metall, zurück und wendet sie auf seine eigene, zeitgenössische Weise an. Die Ausstellung geht bis zum 01. September.

Ausstellung als Ehrung von Franz Erhard Walther

Franz Erhard Walther
Franz Erhard Walther vor dem Doppelzeltstück von 1969, Rhön 2023
Sammlung Franz Erhard Walther Stiftung

Ein weiteres Highlight verspricht die Ausstellung über den Konzept- und Installationskünstler Franz Erhard Walther. Die Bundeskunsthalle würdigt Walther mit einer Retrospektive zu Ehren seines 85. Geburtstags. Die Ausstellung trägt den Titel: „Bilder im Kopf, Körper im Raum“ und geht bis zum 28. Juli.  Die Schau zeigt eine konzentrierte, repräsentative Auswahl von handlungsbasierten Arbeiten sowie Zeichnungen „als Innenblick“ aus verschiedenen Perioden. Die „Handlung als Werkform“ ist wegweisend: „Diese Vorstellung hat mich ein Leben lang fasziniert: dass zu einem Werk Handlung kommen könnte. Mit der Konsequenz, dass die Handlung selbst Werkcharakter bekommt,“ sagte Franz Erhard Walther im Jahr 2018.

Unterzeichnung des Grundgesetzes 1949

Handlung ist auch das Stichwort beim Projekt „Macht mit – Demokratie gestalten“ (30. Mai bis 13. Oktober). „Demokratie gestalten“ ist ein Aufruf zur aktiven Beteiligung und zwar an der Ausstellung ebenso wie an der Demokratie an sich. „Demokratie gestalten“ beleuchtet den aktuellen gesellschaftlichen Wunsch nach mehr Teilhabe, ebenso wie die traditionellen Formen der Demokratie. Wie wurde bislang für Demokratie gekämpft, für gleiche Rechte und Freiheit? Neben Kunst und Design werden Zeugnisse aus der politischen Kulturgeschichte, der Architektur sowie aus Film und Fotografie zu sehen sein. Dass die Ausstellung in der Bundeskunsthalle stattfindet, kommt nicht von ungefähr. Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz in Bonn unterzeichnet. In einer Feierstunde vor einigen Tagen betonte Ex-Bundespräsident Gauck im Museum Koenig: „Demokratie braucht den Bürger, der den Staat nicht nur als Fürsorgeinstitution begreift, sondern der sich selbst zum Mitgestalter des Gemeinwesens erklärt. Der Staat, die Demokratie sind WIR.“

Eine Art Labyrinth aus Brettspielen

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Mark Dion. „Race“, „Delirious Toys“ @ Stadtmuseum Berlin,
Foto Michael Setzpfand

Der Kunstherbst startet spielerisch. Der US-amerikanische Künstler Mark Dion hat aus hunderten von Exponaten aus der Spielzeugsammlung des Stadtmuseums Berlin ein Kunstwerk geschaffen. „Mark Dion. Delirious Toys“ so der Titel der Ausstellung wird vom 08. September bis 05. Januar 2025 gezeigt. Dions Installationen sind eine Art Labyrinth aus Brettspielen, eine Pyramide der Tiere, ein Rundkurs mit einem imaginären Rennen zwischen Fahrzeugen aller Art und vielem mehr. „Delirious Toys“ ist das Ergebnis der Beschäftigung des Künstlers mit der Frage, wie Wissen im Museum geschaffen und weitergegeben wird und wirft damit auch einen kritischen Blick auf das Kinderspielzeug an sich.

Ausstellung wird zur Tanzplattform

UK - "The Rite of Spring" at Sadlers Wells in London
Pina Bauschs Frühlingsoper in Sadlers Wells, London
Foto: Robbie Jack © Corbis via Getty Image

Dem Spielerischen folgt das Tänzerische: Dem Tanz als verbindendes Element zwischen Menschen widmet sich ab dem 27. September die Ausstellung Tanzwelten und präsentiert ihn als globale Darstellungs- und Ausdrucksform. Sie erzählt nicht die Geschichte des Tanzes, sondern zeigt multiperspektivische Verflechtungsgeschichten. Dabei reichen die Exponate von Tanzdarstellungen in frühen Kulturen bis zur neuzeitlichen bildenden Kunst und Beispielen des zeitgenössischen Tanzes. Darüber hinaus wird die Ausstellung bis zum 16. Februar 2025 zur Tanzplattform: Videos und Projektionen, vor allem aber die live stattfindenden Interventionen und Performances vermitteln den Tanz.

Nachhaltigkeit als Themenschwerpunkt

Das Ausstellungsjahr 2024 klingt mit einem Projekt zu wissenschaftlichen und gesellschaftsrelevanten Themen aus und läutet gleichzeitig das Jahr 2025 mit dem Themenschwerpunkt der Nachhaltigkeit ein. „Save Land. United For Land“ thematisiert ab 06. Dezember in enger Kooperation mit der UNCCD (United Nations Convention to Combat Desertifcation) die ökologische Wiederherstellung von Land. Dabei nutzt die immersiv gestaltete

Ausstellung (bis 09. Juni) neueste Medientechnologie und vereint Exponate aus Kunst, Kulturgeschichte und Naturwissenschaft, um die ökologischen Probleme und Potentiale der von Menschen beeinflussten Umwelten zu verstehen und um das öffentliche Bewusstsein für dieses dringende Thema zu schärfen.

Dachgarten und Museumsplatz werden wieder aktiviert

Erfolgsgaranten dieses Jahres sind die Veranstaltungen und Events auf dem Dach und dem Museumsplatz. Auch in 2024 stehen beide Schauplätze im Fokus. Besucherinnen und Besucher können bei sogenannten „Interactions“ in „Handlung“ kommen und an der Kunst aktiv teilhaben. Vom Dach über das Foyer bis zum Museumsplatz werden vom 01. Mai bis 13. Oktober Kunstwerke oder Aufführungen angeboten, die zum Spiel einladen, sich aber auch mit Bildsprachen und Bewegung, mit Ästhetik und sinnlichen Erfahrungen als grenzüberschreitende und universelle Kommunikationsformen beschäftigen.  „Ob große Inszenierung oder poetische Installation, ob konzentrierter Diskurs oder peppige Veranstaltung: Unser Programm will anregen – zum Nachdenken, zum Austausch, zum Mitmachen“, sagte die Intendantin Eva Kraus bei der Vorstellung des Ausstellungskalenders. „Gut gerüstet für die Zukunft“ sieht der kaufmännische Geschäftsführer Oliver Hölken die Bundeskunsthalle. Nach Corona gehe es wieder aufwärts. Für das laufende Jahr erwartet die Geschäftsleitung bis 325.000 Besucherinnen und Besucher, die Ausstellungen gesehen, Konzerte gehört, Filme angeschaut oder bei Diskussionen mitdiskutiert haben. Peter Köster