Ausstellung „Alles auf einmal“ | Die Postmoderne in der Bundeskunsthalle

Futuristisches Konzept-Car. Foto: Peter Köster

Bundeskunsthalle_LogoDie Bundeskunsthalle legt mit ihrer neuen Ausstellung „Alles auf einmal“.  Die Postmoderne, 1967-1992“ (bis 28. Januar), den Fokus auf eine mit hohem  Unterhaltungswert ausgestattete Schau. Die Ausstellung historisiert die Postmoderne als den Beginn unserer Gegenwart und erinnert daran, dass Postmoderne als Begriff und Epoche wesentlich für künstlerische, alltägliche und vor allem ästhetische Praktiken stand.   

„Einfach Anything Goes“

Vorhang auf für die Postmoderne. Vorhang auf für eine schrille, verrückte Zeit, die geprägt ist von freier Musik, einem freien Geist, freier Liebe. Es herrscht die Lust Grenzen zu durchbrechen und Neues zu kreieren. In der Bundeskunsthalle wird diese Ära von den 60ern bis 90ern in über 350 Exponaten wieder lebendig. „Es ist der Versuch, die ganze Textur der Zeit abzubilden“, sagt Kolja Reichert, der zusammen mit der Intendantin der Bundeskunsthalle, Eva Kraus, diese besondere Ausstellung kuratiert. „Einfach Anything Goes. Es ist die Zeit der Postmoderne“, ergänzt Kraus um zugleich die Frage hinterher zu schieben: „Aber was ist die Postmoderne?“

Boom der Kulturtempel

„1967 begann unsere Gegenwart“, lautet eine der Überschriften der großen Postmoderne-Ausstellung. Inszeniert wurde die Schau (in chronologischer Reihenfolge) von zwei gedienten Protagonisten der Ära, vom Architekten Nigel Coates und vom Grafikdesigner Neville Brody. Die Postmoderne, die glaubte, alles sortieren zu können mit gleichen Häusern, Möbeln und Rechten für alle, wurde verabschiedet, und aus ihren Ruinen entstand eine bizarre, exzentrische Welt. Alles ist erlaubt in dieser postmodernen Epoche und alles passiert auf einmal.

Mode
Mode im Spiegel der Postmoderne. Foto: Peter Köster

„Das Ende der Geschichte“

Mit spektakulären Beispielen aus Design, Mode, Film, Kunst, Technik, Medien und MTV erzählt die Ausstellung vom Beginn der Informationsgesellschaft, von der Entfesselung der Finanzmärkte, von der großen Zeit der Subkulturen, von Disco, Punk und Techno-Pop, Schulterpolstern und Memphis-Möbeln. Nicht zuletzt vom Boom der Kulturtempel, dem die Ausstellung ihr größtes Exponat zu verdanken hat, nämlich die Bundeskunsthalle selbst. Das an der Museumsmeile gelegene Haus ist Teil eines architektonischen Produkts dieser Zeit. Die Architektur sprengt die Fesseln der Moderne, sie spielt mit den Formen bricht Fassaden auf und sie definiert die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner neu. Als die vom Wiener Architekt Gustav Peichl konzipierte Bundeskunsthalle 1992 eröffnet wurde, war der „Kalte Krieg“ zu Ende, und Francis Fukuyama erklärte in seinem berühmten Buch „das Ende der Geschichte“.

„Piazza d’Italia“

Die Ausstellung vertritt einen universalen Anspruch, der alle Künste umfassen soll. Neben „Diamond Dust Shoes“ von Andy Warhol oder Fotografien von Cindy Sherman finden sich etwa zahlreiche Modelle und Bilder postmoderner Architektur. Der Schwerpunkt liegt dabei auf einer Ruinenästhetik, die aus dem Schutt der Moderne hervorgeht. Dazu gehören die von James Wines entworfenen Filialen der Supermarktkette „Best“, deren Fassade ausgefahren oder angehoben wurde oder sich gleich abschälte. Dazu gehört aber auch die ironische „Piazza d’Italia“ von Charles Moore, ein Platz in New Orleans, auf dem Versatzstücke mediterranen Kitsches (viele Säulen und Rundbögen) verdichtet wurden, mit einem Brunnen im Zentrum, auf dem der italienische Stiefel als begehbare Fläche liegt.

Blick in die Ausstellung
Blick in die Ausstellung. Foto: Peter Köster

Konzeptauto „Citroën Karin“

In einer Inszenierung durch die postmodernen Architektur- und Design-Größen Nigel Coates und Neville Brody führt die Ausstellung chronologisch durch alles, was zwischen 1967 und 1992 den Ton angab wie Kino, Pop, Philosophie, Kunst, Literatur Architektur u.a. Einige Künstlerinnen und Künstler wie Jenny Holzer oder Jean-Paul Goude haben historische Arbeiten eigens für die Ausstellung neu inszeniert. Die Schau geizt nicht mit Higlights. Dazu zählt u.a. das aus dem Jahre 1980 stammende futuristische Konzeptauto „Citroën Karin“ von Trevor Fiores, das mit seinen seltsamen Kanten und dem raumschiffartigen Innenraum (Lenkrad in der Mitte) durch postmoderne Ästhetik eine Mischung aus Albernheit und Stilsicherheit verkörpert. Peter Köster