Alicja Kwade · „In Agnosie“ | Lehmbruck Museum zeigt Werkpräsentation

Alicja Kwade, „Light Touch of Totality“: Foto: Dejan Saric

Lembruck MuseumDuisburg. Das Lehmbruck Museum zeigt eine umfassende Werkpräsentation der Bildhauerin Alicja Kwade (*1979 in Kattowitz Polen). Die Schau präsentiert bis zum 25. Februar 2024 insgesamt 48 Werke von frühen Fotografien, Papierarbeiten und Videos über Skulpturen, bis hin zu raumgreifenden Installationen.

Ein eigener Kosmos

Für das Duisburger Museum entwirft Alicja Kwade eine Ausstellung, die Teile des gesamten Hauses umfasst. Sie erstreckt sich vom Lehmbruck-Flügel über die Glashalle bis in den Neubau und schließt auch den Skulpturenhof mit ein. Alicja Kwade nutzt die Architektur des Museums dazu, um Kontraste zu schaffen – zwischen hell und dunkel, leicht und schwer, klein und groß. Es entsteht ein ganz eigener Kosmos, in dem unsere bestehenden Annahmen ins Wanken geraten. Ihr eigenes Schaffen charakterisiert die Künstlerin mit dem Satz: „Es gibt keine Wahrheit, nur Perspektiven.“

EMERGENZ
Alicja Kwade, „Emergenz“, 2019, Lehmbruck Museum.
Foto: Dejan Saric.

Geschichte der Kunst

Die Skulptur  „l´ordre des mondes (Totem)“ schuf Alicja Kwade extra für diese Ausstellung. Imposante Werke, wie die Mobiles „Superheavy Skies“, die Rauminstallationen „Light Touch of Totality“ und „Between Glances“ sind zum ersten Mal in Deutschland zu sehen. Alicja Kwade nimmt sich die Freiheit, das gesamte Repertoire der Kunst zu nutzen, um ihre Fragen zu formulieren. Sie verwendet Fotografie und Video, die klassischen Materialien der Bildhauerei, Bronze, Marmor, Holz, Edelstahl, die unterschiedlichsten Formen von Steinen und Metallen und auch uns vertraute Alltagsgegenstände. Kwade kombiniert immer wieder diese verschiedenen Materialeigenschaften miteinander und stört unsere Vorstellung von Schwere und Leichtigkeit, Masse und Auflösung, Wahrheit und Fiktion. Durch scheinbar unendliche Spiegelungen, Dopplungen und Irritationsmomente stellen uns ihre Werke vor überraschend neue Perspektiven, fernab unserer Sehgewohnheiten. Die Ausstellung öffnet uns die Augen für die Geschichte der Kunst – von Wilhelm Lehmbruck über den Surrealismus und die Minimal Art bis in unsere Gegenwart.

Bild 1 Nissan Parallelwelt
Alicja Kwade, „Nissan Parallelwelt“ (1 plus 2) 2009, Lehmbruck Museum.
Foto: Dejan Saric.

Kernpunkte der Bildhauerei

Die Ausstellung nimmt das große Ganze in den Blick. Kwade erforscht die Beschaffenheit der Gesellschaft und der Systeme, in denen wir jeden Tag agieren. Auf der Suche nach neuen Erklärungen und Modellen für das Verständnis unserer Welt befasst sie sich mit den Grundsätzen unseres Seins.

Im Bereich der zeitgenössischen Skulptur besitzt das Werk von Alicja Kwade dabei eine Ausnahmestellung: Die bestechende Ästhetik der Materialien, die Harmonie der Form gepaart mit der präzisen Formulierung von existenziellen Fragen, sind Qualitäten, die ihr Werk einzigartig machen. Mit ihrer Ausstellung „In Agnosie“ berührt sie die Kernpunkte der Bildhauerkunst.

Vorstellung von Normalität

Ihre Skulpturen und raumgreifenden Installationen hinterfragen unser Verständnis von Wirklichkeit. Sie bringen vertraute Formen der Wahrnehmung aus dem Lot und stellen Wertesysteme auf die Probe. All das ist notwendig, um unsere Vorstellung von Normalität gelegentlich neu zu bestimmen. Der Titel der Ausstellung „In Agnosie“ spitzt den Begriff der Agnosie, einer Störung der Wahrnehmung, zu und nutzt ihn in einer philosophischen Dimension, als „Idee des Verlustes der Sinneswahrnehmung“ (Kwade). Versagt unsere gewohnte Wahrnehmung, kann das der Anfang einer anderen, neuen Form der Wahrnehmung sein.

Bild 4 (Totem)
Alicja Kwade, „l´ordre des mondes (Totem)“, 2023. Lehmbruck Museum.
Foto: Dejan Saric.

Biografie Alicja Kwade

Alicja lebt und arbeitet in Berlin. In ihren Arbeiten erforscht und hinterfragt sie die Beschaffenheit von Realität und Gesellschaft und reflektiert unsere alltäglichen Wahrnehmungsgewohnheiten. Ihre vielfältige Praxis stützt sich auf Konzepte von Raum, Zeit, Wissenschaft und Philosophie und nimmt in skulpturalen Objekten, öffentlichen Installationen, Videos und Fotografien Gestalt an. Zuletzt stellte sie u.a. in folgenden Museen aus: Berlinische Galerie, Langen Foundation, Neuss, Dallas Contemporary, Dallas, USA; Espoo Museum of Modern Art, Espoo, Finnland; Kunsthal Charlottenborg, Kopenhagen, Dänemark; Whitechapel Gallery, London, Großbritannien; Kunsthalle Mannheim, Schirn Kunsthalle, Frankfurt am Main, Haus Esters, Krefeld,  Kestner Gesellschaft, Hannover, Hamburger Bahnhof, Museum für Gegenwart, Berlin, Deutschland.

Bild 3 Alicja Kwade
Alicja Kwade, Foto: Christian Werner

Louisiana Museum

Im Jahr 2019 wurde Kwade beauftragt eine monumentale Installation für das Metropolitan Museum in New York zu schaffen. Auch an internationalen Gruppenausstellungen und Biennalen nahm sie mit ortsspezifischen Installationen teil: Place Vendome, Paris, Helsinki Biennale, La Biennale di Venezia. Kwades Werke sind Teil zahlreicher privater und öffentlicher Sammlungen weltweit, darunter das Centre Pompidou, Paris, Louisiana Museum of Modern Art, Humlebaek, Dänemark; Mumok – Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig, Wien. pk