- Mindestens acht (2014–2020) bzw. 26 Milliarden Euro (2021–2027) fließen in die Anpassung an den Klimawandel.
- Die meisten geprüften Projekte verbesserten die Anpassungsfähigkeit, aber rund 40 % hatten nur wenig oder gar keine Wirkung.
- Die Fortschritte bei der Anpassung an den Klimawandel sind schwer zu messen.
Die Politik der EU zur Anpassung an den Klimawandel droht den Anschluss zu verlieren. Dies geht aus einem heute veröffentlichten Bericht des Europäischen Rechnungshofs hervor. Häufigkeit und Schwere extremer Klimaereignisse wie Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen nehmen zu. Der wirtschaftliche Schaden ist enorm. Die EU habe zwar eine solide Grundlage für den Kampf gegen die Auswirkungen des Klimawandels geschaffen, doch hapere es bei der praktischen Umsetzung der Anpassungsmaßnahmen, so die Prüfer.
In den letzten zwei Jahrzehnten sei es in der EU verstärkt zu Klimakatastrophen gekommen. Die so verursachten Schäden hätten deutlich zugenommen, wie die jüngsten Dürren, Hitzewellen und die verheerenden Überschwemmungen des Jahres 2024 gezeigt hätten. In den letzten zehn Jahren hätten sich die wirtschaftlichen Verluste durch extreme Klimaereignisse in der EU im Schnitt auf 26 Milliarden Euro jährlich belaufen. Auch Untätigkeit habe ihren Preis: Eine globale Erwärmung zwischen 1,5°C und 3°C über dem vorindustriellen Niveau – nach vorsichtiger Schätzung – würde zu wirtschaftlichen Einbußen von 42 bis 175 Milliarden Euro pro Jahr führen.
“Wir haben untersucht, wie die EU auf die dringende Notwendigkeit reagiert, sich an wiederholt auftretende extreme Klimaereignisse anzupassen“, so Klaus-Heiner Lehne, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. “Wir haben festgestellt, dass es Probleme bei der Umsetzung vor Ort gibt. Ohne eine verbesserte Umsetzung der Maßnahmen droht die EU bei der Anpassung an den Klimawandel den Anschluss zu verlieren.”
Insgesamt habe die EU solide Rahmenbedingungen geschaffen, um klimaresilient zu werden. Die Prüfer untersuchten die nationalen Anpassungsmaßnahmen in Frankreich, Estland, Österreich und Polen und stellten fest, dass diese im Allgemeinen mit der EU-Strategie übereinstimmten. Sie stellten aber auch fest, dass einige Strategiedokumente veraltete wissenschaftliche Daten verwendeten und dass die Kosten von Anpassungsmaßnahmen unterschätzt oder gar nicht erst bewertet wurden. Die Umsetzung von Anpassungsstrategien auf EU- sowie nationaler Ebene in lokale Vorschriften sei ein schwieriger Prozess. Zwar sei die EU der Ansicht, dass die Anpassung vor allem auf lokaler Ebene vollzogen wird, doch hätten die Prüfer bei einer Befragung von 400 Gemeinden festgestellt, dass die meisten davon die Anpassungsstrategien und -pläne nicht kannten und die EU-Instrumente zur Klima-Anpassung (Climate-ADAPT, Copernicus und den EU-Konvent der Bürgermeister) nicht nutzten.
Mehr als die Hälfte der geprüften Projekte seien Klimarisiken aber durchaus wirksam begegnet, und die Prüfer seien auch auf einige empfehlenswerte Verfahren gestoßen. In einigen Fällen hätten die Ziele zur Klimaanpassung jedoch in Konkurrenz zu anderen Zielen gestanden, etwa bei der Wettbewerbsfähigkeit oder der regionalen Entwicklung. So habe es Projekte gegeben, bei denen zur Deckung eines verstärkten Bewässerungsbedarfs ein potenziell höherer Gesamtwasserverbrauch in Kauf genommen worden sei. Auch seien im Risikogebiet eines Hochwasserschutzprojekts nach wie vor Genehmigungen für den Bau neuer Häuser erteilt worden. Bei zwei der untersuchten Projekte kann es den Prüfern zufolge sogar zu einer Fehlanpassung kommen, d. h. die Anfälligkeit gegenüber dem Klimawandel könne sogar zunehmen.
Als Beispiele für solche Fehlanpassungen werden etwa Fälle genannt, in denen die Bewässerung wasserintensiver Pflanzen gefördert werde, anstatt auf Sorten umzustellen, die weniger Wasser brauchen, oder wenn in energiesparende künstliche Schneekanonen investiert werde, anstatt den Schwerpunkt lieber auf den Ganzjahrestourismus zu legen. Darüber hinaus würden Projekte wie die Wiederauffüllung von Stränden mit Sand nur zu einer kurzfristigen Anpassung führen.
Die Anpassung an den Klimawandel werde bereichsübergreifend finanziert; die EU-Mittel stammten also aus mehreren EU-Töpfen wie Landwirtschaft, Kohäsion oder Forschung. Daher sei es so schwierig, den Weg der Mittel nachzuverfolgen. Auch die Berichterstattung über die Anpassung müsse verbessert werden. Den Prüfern zufolge ist es momentan nicht möglich, die Fortschritte bei der Anpassung an den Klimawandel in den EU-Ländern zu bewerten, da die Berichterstattung vor allem Beschreibungen und kaum quantifizierbare Daten enthielte.
Hintergrundinformationen
Die Anpassung an den Klimawandel ist keine einmalige Notfallaktion, sondern erfordert eine Reihe von Maßnahmen zur Vermeidung, zum Schutz und zur Vorbereitung, um sich an aktuelle oder bevorstehende Klimaereignisse und deren Auswirkungen anzupassen. Im Jahr 2013 veröffentlichte die EU ihre erste Strategie zur Anpassung an den Klimawandel und 2021 eine weitere, in der bestätigt wurde, dass die EU dem Klimawandel besonders stark ausgesetzt ist. Die EU-Länder entscheiden selbst, wie sie die Strategien konkret umsetzen.
Der Sonderbericht 15/2024 “Anpassung an den Klimawandel in der EU: Maßnahmen bleiben hinter den Ambitionen zurück” ist auf der Website des Europäischen Rechnungshofs abrufbar.