Marktkommentar von Tomasz Wieladek,
Chefvolkswirt für Europa bei T. Rowe Price
Das Wachstum in der Eurozone ist deutlich höher als erwartet. Dennoch könnte die EZB im Januar oder März eine Zinssenkung um 50 Basispunkte vornehmen, was deutlich über den Erwartungen der Märkte liegt.
Die Eurozone ist im dritten Quartal um 0,4 % gewachsen, was eine Beschleunigung gegenüber 0,2 % im zweiten Quartal darstellt. Die Wachstumssteigerung war in Spanien besonders ausgeprägt, was auf die starke, wachstumsfördernde Einwanderung und den Dienstleistungskonsum zurückzuführen ist. Deutschland überraschte die meisten Prognostiker mit einem Wachstum, das auf den starken Konsum zurückzuführen ist. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht derzeit keine Aufschlüsselung. Allerdings werden die Einzelhandelsumsätze erst seit kurzem wieder veröffentlicht, die im dritten Quartal sehr stark gestiegen sind. Die Stärke der Einzelhandelsumsätze in Deutschland deutet darauf hin, dass der private Konsum das starke Wachstum vorangetrieben hat. Für den Euroraum insgesamt war das Verbrauchervertrauen in den letzten Monaten viel stärker als die Unternehmensumfragen.
Diese Stärke kommt endlich in den Daten zum Ausdruck. Dies deutet darauf hin, dass der Euroraum aufgrund der hohen Überschüsse in den Umfragen weiter wachsen kann, auch wenn das verarbeitende Gewerbe weiterhin schwach ist.
Für die Zukunft erwarten wir ein anhaltend starkes Wachstum im Euroraum. Die makrofinanziellen Bedingungen haben sich geändert. Die Umfrage der EZB zum Kreditgeschäft der Banken zeigt deutlich einen starken Anstieg der Hypothekennachfrage, die in der Vergangenheit ein sehr zuverlässiger Frühindikator für Immobilienpreise und den privaten Verbrauch war. Angesichts der Umfrageergebnisse auf den Immobilienmärkten dürfte der private Verbrauch in Zukunft ein stärkeres Wachstum unterstützen.
Trotz dieser guten Wachstumsnachrichten könnte die EZB die Zinsen im Januar oder März dennoch um 50 Basispunkte senken. Der Grund dafür ist das hohe Risiko für die Zukunft, das für die Eurozone und das globale Handelssystem besteht. Ein Sieg von Präsident Trump wird wahrscheinlich zu einer starken Erhöhung der US-Zölle auf die Eurozone und China führen. Die Europäische Kommission wird reagieren und versuchen, mit Präsident Trump zu verhandeln. Bis Handelsverhandlungen stattfinden, ist es sehr sinnvoll abzuwarten, was passiert. In diesem Umfeld werden alle Investitionsvorhaben in der Eurozone zum Erliegen kommen. Dies würde wahrscheinlich zu einem starken Rückgang der Umfragen zum Geschäftsklima führen. Die EZB wird nicht auf Zölle reagieren, aber sie wird auf deren wirtschaftliche Folgen reagieren. Wenn die Konjunkturumfragen einbrechen, könnte die EZB bei ihrer Sitzung im Januar oder März leicht um 50 Basispunkte senken. Die Umfragen deuten darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit eines Wahlsiegs von Trump bei 50 % liegt. Eine faire Marktpreisgestaltung sollte heute eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung um 50 Basispunkte im Januar oder März beinhalten.
English version
Euro Area Growth is much stronger than expected. But the ECB could still cut by 50bps in January or March, significantly more than markets expect.
The Euro Area has grown by 0.4% in Q3, accelerating from 0.2% in Q2. The outperformance was particularly notable in Spain on the back of large growth boosting immigration and services consumption. Germany surprised most forecasters, growing as a result of strong consumption. The German Statistical office doesn’t publish a breakdown at this stage. However, they have only recently started publishing retail sales again, which grew very strongly in Q3. The strength in Germany retail sales suggests that private consumption drove the strong growth outcome. For the Euro Area as a whole, Consumer Confidence has been much stronger than business surveys in recent months.
This strength is finally coming through in the data. This suggests that the Euro Area can continue growing as a result of large excess surveys, even as the manufacturing industry remains weak.
Going forward, we expect Euro Area growth to remain strong. Macrofinancial conditions have turned. The ECB’s Bank Lending survey clearly shows a large rise in Mortgage demand, which historically has been a very reliable leading indicator of house prices and private consumption. Given survey evidence in real estate markets, private consumption should support stronger growth going forward.
Despite these good growth news, the ECB could still cut rates by 50bps in January or March. This is because there is a big tail risk ahead of the Euro Area and the global trading system. A win by President Trump will likely lead to large rise in US tariffs on the Euro Area and China. The European Commission will respond and try to negotiate with President Trump. While trade negotiations happen, the option value of waiting to see what happens will be very high. In this environment, all investment intentions in the EZ will grind to a complete halt. This would likely lead to a large drop in business confidence surveys. The ECB will not react to tariffs, but it will react to their economic consequences. If business surveys fall off a cliff, then the ECB could easily cut by 50bps in their January or March meeting. The polls suggest that the probability of a Trump win is 50%. Fair market pricing today should have a 50% of a 50bps cut priced in January or March.