Martin und Rick sind die Preisträger der Presse-Ente 2017

Entenzeit: Rick Takvorian, Leiter Kulturbetrieb der Stadt Aachen, Hubert vom Venn (Vorsitzender Bezirksverein Aachen DJV-NRW) und Martin Ratajczak, mit 90 Jahren ältester aktiver Foto-Journalist, der seit über 55 Jahren in Aachen aktiv ist (v.li.). © Kurt Schreiber.

Der Bezirksverein Aachener Presse im Deutschen Journalisten-Verband (DJV) verleiht jährlich für hervorragende journalistische Arbeit. Die „Ente“ wird an Persönlichkeiten der Region verliehen, die im Interesse der Öffentlichkeit stehen. Der Fotograf Martin Ratajczak zählt stolze 90 Lenze, Rick Takvorian ist mal eben über 60 Jahre jung.

Hubert vom Venn ist Kabarettist, Autor und gelernter Journalist und als ihr Bezirksvorsitzender der Journaille um Kurzweiliges bemüht. Niemand spitzt die Eifel, in Grenzlage zu den Niederlanden und Belgien auch gen Trier und Luxemburg so scharfsinnig und unterhaltsam zu, wie der gebürtige Monschauer mit dem markanten Zylinder, Schnäuzer und dem Outfit in schwarz. Steht er nicht selbst auf der Bühne, gilt das Rampenlicht nur den Preisträgern: Martin und Rick. Gewerkschaftsarbeit muss ja nicht immer von Geschäftsordnungen geprägt sein, darf auch mal Spaß machen und über den Tellerrand hinweg schauen.

Für die Hommage an Martin, den der Autor kennen- und schätzen lernen durfte, gilt wortmäßig ein Verhältnis von 90:60. Der freie Fotograf war vielseitig tätig, zig Jahre für die Zeitungsprodukte des Aachener Zeitungsverlages. Nach Anruf hatte er nur eine Frage: „Was brauchst du?“ Motiv, hoch oder quer, was denn genau, wann liefern? Aufträge, die Martin Ratajczak in aller Gelassenheit und Souveränität geliefert hat. Mehr als das, die Menschen auf den Fotos waren froh, wenn der Martin zum Termin kam. Dann wussten die begehrten Personen aller Couleur, das ein Motiv gleich Termin war: pünktlich sollten Minister, Honoratioren, Karnevalsprinzen, Schützenpräsidenten samt Anhang parat stehen. „Auch die Menschen in der Menge sind Charaktere“, weiß Martin, der sich die Leute für (s)ein Foto mit kurzen Anweisungen fotogen hinstellt. Motiv „gekramt“.

Kraft aus der Arbeit

Seine Art mit Menschen vor der Linse zu arbeiten ist einzigartig, seit über 55 Jahren ist eine Lokalzeitung in Aachen ohne Martin nicht denkbar. Er kennt sie alle, die lokalen Köpfe wie internationale Größen. „Bei Bill Clinton hat irgendwas nicht mit der Akkreditierung geklappt, aber ich war ja bekannt und am Ende hatte ich meine Fotos“, sagt der Neunzigjährige, dessen Markenzeichen ein VW Käfer und trockener Humor bis ins hohe, aktive Alter sind. Seine Liebe gilt dem Fußball, ein bisschen Leid gehört in Aachen und seiner Alemannia dazu. So lange Zeit hat der Fotograf das Spielgeschehen und die Menschen im Blick. Lästern ist aber nicht seine Art. „Bei manchen Schnappschüssen wusste ich gar nicht, wer den Ball am Kopf hatte“, schmunzelt er. Resultat: tolles Foto, Frage locker geklärt, immer geliefert.

Hellwach und aufmerksam ist er, auch wenn die Knochen nicht immer so mitspielen. Über alle Jahre hinweg ist er Chronist seiner Heimatstadt, hat den Schritt von der analogen zur digitalen Fotografie scheinbar mühelos vollzogen. Einst waren aufgrund der Erfindung des Buchdrucks (nur) die Zeilen den Printmedien ausschlaggebend, schwarz-weiße und bunte Fotoabzüge forderten handwerkliches Geschick und vor allem Zeit für die Entwicklung, eine Auswahl und den Transport zur Redaktion. Daher wird nicht lange gequatscht, aber alles Nötige ausgetauscht. Digital muss die Pressefotografie noch schneller sein. „Mein Sohn ist IT-Fachmann, er hat mir oft geholfen“, erzählt Martin.

Wer sich einen Augenblick Zeit nimmt, die bei freien Fotografen auch im hohen Alter immer knapp bemessen ist, darf auch mit ihm plaudern. „Ein besonders schicken Käfer habe ich noch“, verrät Martin Ratajczak, der Autor aber nicht. In seiner Laudatio beschrieb Bernd Büttgens, zuvor stellvertretender Chefredakteur der Aachener Zeitung und heute Pressesprecher der Stadt Aachen den Martin so: „Uns stellte sich nie die Frage, ob der Martin das hingekriegt. Wir sind einfach davon ausgegangen.“ Das ist ein Kompliment, das Martin gelten lässt. Aufheben um seine Person darf es zum 90. Geburtstag und der Preisverleihung ausnahmsweise sein, aber dann reicht’s auch.

Künstler mit Managementverstand

Ausgezeichnet wurde auch Rick Takvorian, der für das Veranstaltungsmanagement im Kulturbetrieb der Stadt Aachen Spuren gesetzt hat. Im Besonderen für das Tanzfestival „Schrittmacher“, das grenzüberschreitend das Publikum in den Spielstätten Aachen, Heerlen (NL) und Eupen (B) mit international herausragenden Ensembles beglückt. Vergessen wir aber nicht die Bands, die auch den September Special auf den Bühnen der City in Aachen beleben. Der Macher ist selbst Musiker. Listen to Rick, der im wandelnden „Rick’s Café“ an verschiedenen Spielplätzen der Region Gäste zum Zuhören und Zusehen einlädt. Multikulti ist für ihn keine Phrase, vielmehr eine Portion seiner armenischen Wurzeln und seiner Herkunft aus dem amerikanischen Massachusetts. Vielschichtig trägt er Kultur nach Aachen. „Raum für Glück und Poesie“, möchte er schaffen, sagt der Mann mit der Schlägerkappe. Prädikat: wertvoll. Ende Ente. (Frank Fäller)

P.S. Der Begriff „Ente“ leitet sich von dem Brauch früherer Zeitungen ab, nicht gesicherte Berichte am Ende mit dem Hinweis „n.t.“ zu versehen (für „non testatum“, also „nicht bestätigt“). Sieht man den Martin (noch heute) zum Termin kommen, kann das kein Fake sein. Das gilt auch für Rick.