„Vom Leben in Industrielandschaften – Den Strukturwandel im Blick“

Günther Friedrich, Der blaue Bagger, 1956, Öl auf Leinwand, Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst Cottbus - Frankfurt (Oder),© Nachlass

Ausstellung im Dürener Leopold-Hoesch-Museum – Kooperationsprojekt mit dem Landesmuseum für modere Kunst Cottbus

Düren. Begonnen hat das Projekt „Vom Leben in Industrielandschaften – Den Strukturwandel im Blick“ mit der Ausstellung „Vom Leben in Industrielandschaften – Eine fotografische Bestandsaufnahme“ 2020. Nun zeigt das Leopold-Hoesch-Museum Düren den zweiten Teil dieses Reports. Die Ausstellung, die bis zum 13. März präsentiert wird, setzt sich mit künstlerischen Darstellungen des von der Industrie geprägten ländlichen Raums auseinander. Ausgangsmotiv des Ausstellungsprojekts ist das ikonische Gemälde „Das Lendersdorfer Walzwerk“ (1838) von Carl Schütz.

Künstlerische Installationen

„Vom Leben in Industrielandschaften – Den Strukturwandel im Blick“ ist ein Kooperationsprojekt mit dem Brandenburgischen Landesmuseum für moderne Kunst/Dieselkraftwerk Cottbus. Wie in Düren spielt der Braunkohletagebau in Cottbus seit Generationen eine wichtige Rolle für das kulturelle Selbstverständnis der Stadt und das Landschaftsbild der Region. Im Zentrum der Ausstellung stehen künstlerische Installationen zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler, die sich mit dem Braunkohletagebau in Hambach und den zunehmend spürbaren Folgen des Klimawandels auseinandersetzen.

Intime Nähe und Befremdung

So zeigen Aglaia Konrad, Stephan Mörsch, Silke Schatz, Alice Creischer, Arbeiten zum Tagebau in Hambach und Inden, zu den Baumhaussiedlungen im Hambacher Forst, zu Manheim und zum Zusammenhang des Braunkohleabbaus in Düren mit dem internationalen Umgang mit Ressourcen. Silke Schatz bezeichnet ihre Arbeit „Manheim Calling“ als „Schattenarchiv“ für das Bauerndorf Manheim. Antje Majewski schildert in ihrer Installation „Wald“, wie der Borkenkäfer den Nadelwäldern mehr und mehr zusetzt. Ihre Bilder fordern eine fast intime Nähe ein und erzeugen andererseits auch Befremdung.

Carl Schütz, Lendersdorfer Walzwerk, 1838, Leopold-Hoesch-Museum, Düren, Foto: Peter Hinschläger

Fotozyklus und Hörstück

In seinem aktuellen Fotozyklus „Urwald hinterm Haus“ zeigt der Fotokünstler Wilhelm Schürmann Arbeiten, die bei seinen Spaziergängen während der Pandemie um seinen Wohnort Kohlscheid entstanden sind. Die Kölner Radioautoren Olaf Karnik und Volker Zander haben unter dem Titel „Vom Leben in Industrielandschaften“ ein Hörstück realisiert, für das sie Gespräche mit Menschen aus Düren und Umgebung über ihr Verhältnis zu ihrer Landschaft geführt haben. Zeitgenössische Arbeiten werden in der Ausstellung zu unterschiedlichen historischen malerischen Positionen in Beziehung gesetzt, die mit ihren Darstellungen von Industrie-landschaften, die die beiden Sammlungen in Düren und Cottbus prägen, wie etwa die Malereien von Adolf Erbslöh und Karl Zerbe, Carl Lohses expressionistisches Gemälde „Glashütte“ oder die Arbeiten von Dieter Dressler und Günther Friedrich aus der frühen DDR. Diese werden weiteren Künstlerinnen und Künstlern gegenübergestellt, beispielsweise dem Kölner Progressiven Franz Wilhelm Seiwert, der bereits in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg seinen Blick auf den ländlichen Raum der rheinischen Tiefebene richtete.

Politische Kontexte

In den ausgestellten Kunstwerken spiegeln sich die unterschiedlichen politischen oder ideologischen Kontexte, in denen sie jeweils entstanden sind. Wie verhalten sich beispielsweise die Fotografien von Bernd und Hilla Becher zu Wolfgang Mattheuers Gemälden, die seit den späten 1960er Jahren entstanden sind? Welches Verhältnis von Landschaft und industriellen Eingriffen, Arbeit und Leben wird hier jeweils deutlich? Wie ist die Nähe zwischen den stilllebenhaften Bildern der Engländerin Prunella Clough und des in den frühen Jahren der DDR in der Lausitz arbeitenden Günther Friedrich zu erklären? Wie sehr sind diese Bildfindungen Ausdruck des politischen Kontexts, in dem sie entstanden sind? pk

Wilhelm Schürmann, Obermühle November 2020, Courtesy der Künstler