Frankfurt/Main. „Flowers of Life“, lautet der Titel einer Ausstellung mit der Künstlerin Selma Selman. Schauplatz der Soloschau, die vom 20. Juni bis zum 15. September gezeigt wird, ist die Kunsthalle Schirn Frankfurt.
Autos werden ausgeschlachtet
Erst vor wenigen Jahren ist sie selbstbewusst und kraftvoll in die internationale Kunstwelt vorgedrungen und bezeichnet sich selbst als „gefährlichste Frau der Welt“. Zusammen mit ihrer Familie schlachtet Selma Selman (*1991) vor Publikum einstige Statussymbole wie Mercedes-Benz-Autos aus, um an die wenigen noch verwendbaren Edelmetalle zu gelangen. Laut und eindringlich sind in der Regel auch die sprachlichen Performances der Künstlerin, in denen Wut und der Drang nach einer Umkehrung der Machtverhältnisse zum Ausdruck kommen. Selmans Kunst behandelt in unterschiedlichen Medien eindrucksvoll Erfahrungen mit Diskriminierung, Gewalt, Sexismus und dem Patriarchat.

Energischste Künstlerin der jungen Generation

Sebastian Baden, Direktor der Schirn Kunsthalle Frankfurt, betont: „Selma Selman ist eine der energischsten Künstlerinnen der jungen Generation. In ihrem emanzipatorischen Werk arbeitet sie eng mit ihrer Familie zusammen. Sie überträgt mit ihren Performances die Lebensrealität nicht privilegierter Minderheiten in den Ausstellungsraum. Selmans Arbeit fordert eine kulturelle und ökonomische Umdeutung scheinbar festgelegter Normen, Werte und Zuschreibungen.“

Matthias Ulrich, Kurator der Ausstellung, über die Künstlerin: „Selma Selman verbindet in ihrem Werk partizipative Kunst, Institutionskritik, Aktivismus und Performance. Im Mittelpunkt steht die Künstlerin selbst. Mit protestierender Stimme und visionärer Präsenz ergreift sie in ihrer Kunst das
Wort. Sie führt sich selbst vor und setzt ihren Körper, ihre Stimme und ihre Identität als ein Medium ihrer künstlerischen Praxis sowie der Selbstermächtigung ein.“
Die Werke der Ausstellung
Im Zentrum der Ausstellung steht die eigens neu konzipierte und titelgebende Arbeit Flowers of Life (2024). Die raumeinnehmende Installation besteht aus vier gebrauchten Mehrschalengreifern, wie sie auf Baustellen oder Schrottplätzen zum Einsatz kommen. Selma Selmans Aneignung verwandelt die massiven Maschinen in blumenartige kinetische Skulpturen, deren Blüten sich mithilfe eines Motors langsam öffnen und schließen. Im Inneren enthüllen sie Malereien der Künstlerin, die Augen von Frauen mit eindringlichem Blick zeigen.

Mit Flowers of Life knüpft Selman an ihre bekannten Paintings on Metal (seit 2014) an, Arbeiten mit Altmetall, die zwischen Malerei und Skulptur changieren und auf den Schrotthandel ihrer Familie verweisen. Die sinnlich- florale Interpretation von „Flowers of Life“ spielt mit der Umkehrung von männlichen und weiblichen Zuschreibungen und offenbart zugleich die Frauen als zentrale Trägerinnen der Gemeinschaft. Die Installation wird begleitet von dem Duft „The most dangerous Woman in the World“ (2024), den die Künstlerin in Kollaboration mit Expertinnen und Experten kreierte und der einen Geruch von Motoröl im Raum um die Skulpturen verbreitet.

Body-Art- Performances
Die beiden großen Neuproduktionen werden in der Schirn durch weitere ausgewählte Arbeiten aus Selmans Werk ergänzt. Zwei scheinbar minimalistische Objekte sind aus intensiven Body-Art- Performances hervorgegangen. Platinum (Axe) (2021), eine Miniaturaxt aus Platin, entstand aus der 2021 erstmals aufgeführten mehrwöchigen Performance Platinum. Selma Selmans vielseitiges Werk umfasst Performances, Skulpturen, Malereien auf Autoteilen und Altmetall, Zeichnungen und Video.

Bosnien und Herzegowina
Selma Selman stammt aus Bosnien und Herzegowina und lebt und arbeitet in New York, Amsterdam und Bihać. Nach ihrem Bachelor of Fine Arts an der Fakultät für Malerei der Universität Banja Luka 2014 schloss sie ihr Studium an der Syracuse University 2018 mit einem Master of Fine Arts in Transmedia, Visual and Performing Arts ab. Von 2021 bis 2023 war sie Stipendiatin an der Rijksakademie in Amsterdam. Ihre Werke wurden international gezeigt, u. a. im Gropius Bau, Hamburger Bahnhof, documenta fifteen. pk