Papiermuseum Düren zeigt Ausstellung „Zitruspapiere – Fashion für Orangen“

Orangenpapier. Foto: Papiermuseum Düren

Düren. Viele kennen Sie aus ihrer Kindheit: Bunt bedruckte Papiere, in die Orangen und Mandarinen beim Obsthändler eingepackt waren. Heute werden sie seltener, stellen aber immer noch einen Kaufanreiz dar, sprechen für die Kostbarkeit der einzeln verpackten Frucht und versprechen einen zauberhaften Geschmack. Zitruspapiere sind seit dem Ende des 19. Jahrhunderts mit Grafiken geschmückt: Alltagsgrafik, die einerseits der Werbung diente, aber andererseits auch Moden und Werte ihrer Entstehungszeit spiegelt. In den Jahren 2014 und 2019 wurden dem Museumsverein Düren zwei Sammlungen mit jeweils 2410 und 615 Papieren geschenkt, von denen annähernd 300 Blätter in der Ausstellung „Zitruspapiere – Fashion für Orangen“ vorgestellt werden.  Die Ausstellung im Papiermuseum Düren läuft bis zum 6. Februar.

Während Zitronen schon im 13. Jahrhundert in Europa verbreitet waren, kamen die süßen Orangenarten erst mit den portugiesischen Seefahrern im 16. Jahrhundert aus den regenreichen Monsunländern Asiens nach Europa. Die Anbaugebiete der wärmeliebenden Bäume liegen seitdem vorwiegend in den südlichen Mittelmeergebieten, wie Sizilien oder der Region um Valencia, in Kalifornien und zwischen Südafrika und Australien. Erst die steigende Mobilität durch Eisenbahn und Schiff und später durch LKW und Flugzeug
ermöglichte den Handel mit Zitrusfrüchten nördlich der Alpen.

Italienisches Orangenpapier. Schenkung Kurt Holtvoeth.
Foto: Papiermuseum Düren.

Seidig glatte und bedruckbare Papiere

Zitrusfrüchte werden vollreif geerntet, da sie nicht wie viele andere Obstsorten nachreifen. Daher sind sie leicht verderblich, anfällig für Schimmelbildung und Verletzungen während des Transports. Nur ein effektiver Schutz der Orangen ermöglichte den internationalen Handel mit dem Obst – das war den Produzenten bewusst, als sie Mitte des 19. Jahrhunderts begannen, die kostbaren Früchte in Orangenpapiere zu verpacken. Zunächst noch aus derbem, saugfähigem Papier, das eine Übertragung von Schimmel innerhalb
einer Orangenkiste verhindern sollte, entwickelten sich schnell edlere, seidig glatte und bedruckbare Papiere.

Schönsten Papiere als Lithografien gefertigt

Mittels der ersten bedruckten Papiere versuchten die Orangenbauern direkt in Kontakt mit ihren Kunden zu treten. Druck und grafische Gestaltung wurden zunächst von den Familienbetrieben, später von Druckereien übernommen. Von Anfang an zeichnen sich die Motive durch beeindruckende grafische Vielfalt aus. Während man in Italien technisch mit Iris- und Zweifarbendruck begann, ging man im Mittelmeerraum bald zu Offsetdruck über. In Spanien wurden bis in die 1930er Jahre die schönsten Papiere als Lithografien gefertigt.

Ganze Bandbreite anMotiven entwickelt

Die frühesten Papiere sollten mit der Abbildung der Namen der Produzenten die Apfelsine in ein Markenprodukt verwandeln oder über grafische Motive ihre Kostbarkeit vermitteln. Schnell entwickelte sich eine ganze Bandbreite an Motiven. Viele davon priesen die Süße des Produkts an, weckten mittels Bildern von Obstbäumen, dem Meer oder schönen Frauen Träume vom Urlaub in Italien. Die Motive verknüpften den Kauf einer Apfelsine mit der antiken Vergangenheit Griechenlands oder der Kultur Italiens. Die populär-
kulturellen Darstellungen von Märchen- und Tierfiguren, wie Rotkäppchen, Superman oder Popeye, wollten Kinder für das Obst gewinnen. Mit der Wiedererkennbarkeit von Motiven, wie Struwwelpeter oder Max und
Moritz, versuchte man auf dem deutschen Markt die Aufmerksamkeit der Kunden zu erreichen. Als eine Form der Alltagsgrafik erzählen die Zitruspapiere viel über gesellschaftliche Werte, Selbstbilder und kulturelle Projektionen. Sie erzählen Geschichten des Wirtschaftswunders, des Glaubens an die Moderne und den technischen Fortschritt, der Verbindung von Gesundheit und gesellschaftlicher Leistungsfähigkeit, sowie der zunehmenden Globalisierung, in
der Tourismus-, Migrations- und Warenströme sich kreuzen. pk

Spanisches Orangenpapier. Schenkung Anna Karina Fries.
Foto: Papiermuseum Düren