„Irmel Kamp. Architekturbilder“ im Leopold-Hösch-Museum Düren

„Tel Aviv“ / House Paltsev (G. Sapoznikov [Sapani], 1935/36) Chazanovitch Street, Gelatinesilber-Abzug auf Baryt-Papier, 50 x 60 cm, 1989 © Irmel Kamp 2023 und Galerie Thomas Fischer, Berlin

Düren.  Mit Irmel Kamp „Architekturbilder“ zeigt das Leopold-Hoesch-Museum erstmals eine groß angelegte Werkschau der Fotografin Irmel Kamp.  Die Schau, die bis zum 23. April läuft, zeigt eine Auswahl an Arbeiten aus den vier großen – Werkgruppen „Zink“ (1978/1982, „Tel Aviv“ (1987/ 1992), „Brüssel“ (1996/ 1997) und „Moderne in Europa“ 1998/ 2006. (1987- -2006).

Seriell

Irmel Kamp [*1937 in Düsseldorf, lebt und arbeitet in Aachen und Stäfa (CH)] widmet sich in ihrem künstlerischen Werk Phänomenen regionaler Architekturen. Ausgehend von Begegnungen mit spezifischen Erscheinungsformen insbesondere der europäischen Architekturmoderne schafft sie charakteristische Werkgruppen. Dabei geht sie grundsätzlich seriell vor, verwendet ausschließlich Schwarzweißfotografie und wählt stets eine Position, die als öffentlicher Standort den Umraum miteinbezieht, zugleich aber die Prägnanz der architektonischen Form markant zum Ausdruck bringt.

Metallografin

Nach einer Ausbildung zur Metallografin, die ihr unter anderem genaue Kenntnisse fotografischer Techniken vermittelte, entschloss sich Irmel Kamp in den 1970er Jahren dazu, als freie künstlerische Fotografin zu arbeiten. Ihr Interesse an Architektur, architektonischen Strukturen und deren
Bedeutung für die Prägung kultureller Landschaften war dabei von Beginn an der künstlerische Impuls-Geber.

Seit ihrer Jugend vertraut mit der Region Ostbelgiens erkundete sie später auf zahlreichen Exkursionen die Gegend zwischen Aachen und Lüttich. So entstand ihre erste große Werkgruppe „Zink“, die mit Platten aus Zinkblech verkleidete Fassaden ländlicher Architektur zeigt. Durch ihre Aufnahmen von Fassaden und Gebäudeensembles, die zugleich die Gegebenheiten vor Ort berücksichtigen und mit ihnen arbeiten, hat Irmel Kamp ein künstlerisches Dokument einer sich aus den Bedingungen des Standorts ergebenden und zugleich einem Gestaltungswillen folgenden Formfindung geschaffen.

„Tel Aviv“ / House Manoach- Nissimov (Haim Meshulam, 1937/38) Gat Rimon Street, Gelatinesilber-Abzug auf Baryt-Papier, 60 x 50 cm, 1989
© Irmel Kamp 2023 und Galerie Thomas Fischer, Berlin

Neues Bauen

Ein Aufenthalt in Tel Aviv Anfang der 1980er Jahre weckte Irmel Kamps Interesse für die beeindruckenden Beispiele des Neuen Bauens, die es dort zu entdecken und anzuerkennen gab. Umfassend angelegt und wissenschaftlich basiert erfolgte daraufhin Kamps Recherche des Neuen Bauens in
Tel Aviv, die sie 1987 begann, von 1990 bis 1992 als Forschungsprojekt der DFG durchführte und die des baulichen Bestands, der mit dem Ausbau der zionistischen Stadtgründung in den 1930er Jahren errichtet worden war.

Art Deco

Weitere zentrale Werkgruppen im Schaffen von Irmel Kamp sind Aufnahmen von Wohn, Büro- und Gewerbebauten der 1930er Jahre in Brüssel, die eine dort typische, sehr spezielle Kombination gestalterischer Prinzipien und formaler Elemente des Neuen Bauens mit denen des Art Deco zeigen, sowie von exemplarischen Bauten der Moderne in Europa. Beide Gruppen hat Kamp auf Streifzügen durch die belgische Hauptstadt entwickelt beziehungsweise auf Reisen durch Belgien, die Niederlande, Deutschland, Polen, Tschechien und Italien. Bei sämtlichen ihrer Projekte verfolgt die Künstlerin weniger einen typologischen Ansatz, sondern konzentriert sich vielmehr auf die Wahrnehmung der spezifischen architektonischen Gestalt, wie sie in der von den Bedingungen ihrer Nutzung geprägten Umgebung besteht und zugleich einem deutlichen Formwillen folgt. Sie erkennt diese Qualitäten durch genaue Betrachtung, erfasst sie in präzisen ausgewählten Ansichten und weist Architektur so als wichtigen Faktor gesellschaftlicher Wirklichkeit aus. Darüber hinaus sind vor allem die Werkgruppen „Zink“ und Tel Aviv“ wichtige Zeugnisse historischer Zustände, die heute zum Teil so nicht mehr bestehen beziehungsweise nur noch in Fragmenten aufzufinden sind. pk

„Zink“ / Herbesthal (B), Handabzug auf PE-Papier, 40 x 30 cm, 1979 © Irmel Kamp 2023, und Galerie Thomas Fischer, Berlin