„Expressionisten am Folkwang. Entdeckt – Verfemt – Gefeiert“ – Essener Museum feiert 100jähriges Bestehen

Franz Marc „Liegender Stier“, 1913 Tempera auf Papier, 40 x 46 cm Museum Folkwang, Essen.

Essen. Das Museum Folkwang präsentiert in seinem Jubiläumsjahr (100 Jahre) die Ausstellung „Expressionisten am Folkwang. Entdeckt – Verfemt – Gefeiert“. Laufzeit: vom  20. August bis 8. Januar 2023).

Erich Heckel „Hockende“, 1912, Lindenholz, bemalt, 30 x 17 x 12 cm, Museum Folkwang, Essen

Rund 250 Werke

Unter den rund 250 ausgestellten Werken aus den Bereichen Malerei, Skulptur und Grafik befinden sich internationale Leihgaben wie das Gemälde „Doris mit Halskrause“ von Ernst Ludwig Kirchner, das aus dem Museo Nacional Thyssen-Bornemisza in Madrid kommt. Bilder von u. a. Paula Modersohn-Becker, Ernst Ludwig Kirchner, Franz Marc, Gabriele Münter, Karl Schmidt-Rottluff und Egon Schiele kommen aus bedeutenden Sammlungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz und werden in der 1400m² großen Ausstellung mit Hauptwerken aus der Folkwang-Sammlung wieder vereint.

Wassily Kandinsky Landschaft mit Kirche (Landschaft mit roten Flecken I), 1913, Öl auf Leinwand Museum Folkwang, Essen

Ernst Ludwig Kirchner

Die Ausstellung erzählt chronologisch die Geschichte der revolutionären Kunstrichtung und geht dabei speziell auf die besondere Beziehung zwischen den Künstlerinnen und Künstler und dem Museum Folkwang ein. So erstreckt sich die Verbindung zwischen dem Museum Folkwang und Ernst Ludwig Kirchner beinahe über drei Jahrzehnte. Erstmals wurden Kirchners Werke 1907 im Rahmen einer Ausstellung der Künstlergemeinschaft „Brücke“ im 1902 gegründeten Museum Folkwang in Hagen gezeigt. Die erste Einzelausstellung in der Karriere des Künstlers folgte dort 1913. Für die Dauer der Ausstellung Expressionisten am Folkwang werden die vom Museumsgründer Karl Ernst Osthaus erworbenen Gemälde Ernst Ludwig Kirchners so weit wie möglich wieder zusammengebracht und mit anderen Werken kombiniert, die die enge Verbindung zwischen Künstler und Museum verdeutlichen. Gezeigt werden unter anderem die Gemälde, „Farbentanz II“, Bildnis „Oskar Schlemmer“ und das „Stillleben mit Maske“ sowie die Wandteppiche Bergleben und Zwei Tänzerinnen.

Ernst Ludwig Kirchner „Doris mit Halskrause“, um 1906 Öl auf Leinwand, Fundación Colección Thyssen-Bornemisza, Madrid

Egon Schiele

Die Teil-Rekonstruktion der Sammlung von Werken Egon Schieles im Museum Folkwang ist ein weiterer Höhepunkt der Ausstellung. Osthaus begann 1911 Werke des Künstlers zu erwerben, wobei er einen besonderen Fokus auf dessen Aquarelle setzte. 1912 zeigte das Museum eine Ausstellung mit Gemälden und Zeichnungen Schieles – die erste Museumsausstellung in der Laufbahn des jungen Künstlers. In „Expressionisten am Folkwang. Entdeckt – Verfemt –   Gefeiert“ wird Schieles Schaffen u. a. anhand der bedeutenden Leihgaben „Selbstbildnis mit gesenktem Kopf“, „Die kleine Stadt I“ (Tote Stadt VI), „Sitzendes Mädchen“ und „Stehendes Mädchen“, das Gesicht mit beiden Händen bedeckend gezeigt.

Oskar Kokoschka „Doppelbildnis Oskar Kokoschka und Alma Mahler“, 1912/13 Öl auf Leinwand © VG Bild-Kunst, Bonn, 2022 Museum Folkwang, Essen

Vorreiterrolle

Neben den frühen Einzelausstellungen verschiedener Künstlerinnen und Künstler des Expressionismus zeigte das Museum Folkwang auch Gruppenausstellungen der Künstlergemeinschaften „Brücke“ und „Der Blaue Reiter“. An der Brücke-Ausstellung 1910 nahmen Künstler wie Erich Heckel, Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff teil. Einige der in dieser Ausstellung gezeigten Gemälde zählen heute zu den Hauptwerken des frühen Stils der „Brücke“, darunter auch Schmidt-Rottluffs „Haus am Bahnhof“, das für die aktuelle Ausstellung aus Wien geliehen wird. Das Museum Folkwang nahm mit seinem frühen Engagement für den Expressionismus eine Vorreiterrolle ein, weshalb Franz Marc es für die Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“ 1912 als „ein Museum, das in seiner Art ein Vorbild unseres Gedankenganges ist“ beschreibt. Im selben Jahr war eine Ausstellung des „Blauen Reiters“ im Museum zu sehen, bei der auch Werke von Gabriele Münter gezeigt wurden. Mit den Gemälden „Stillleben (Rosa)“  und „Gelbes Haus“ zeigt das Essener Haus zwei Arbeiten der Künstlerin aus der Gruppenausstellung von 1912.

Karl Schmidt-Rottluff „Fischerkähne auf dem Haff“, 1913, Öl auf Leinwand © VG Bild-Kunst, Bonn, 2022 Museum Folkwang, Essen

Paula Modersohn-Becker

Als weitere Künstlerin des Expressionismus ist Paula Modersohn-Becker in der Ausstellung prominent vertreten. Das Museum Folkwang spielte in der Verbreitung ihrer Arbeiten eine wichtige Rolle. Posthum wurde das Schaffen der jung verstorbenen Malerin 1913 im Museum Folkwang in einer großen Retrospektive gezeigt, die als erste substantielle Ausstellung der Künstlerin gilt. Bei dieser Gelegenheit erwarb Osthaus ihr berühmtes „Selbstbildnis mit Kamelienzweig“. Insgesamt zwölf Werke aus der Retrospektive von 1913 werden wiedervereinigt, darunter fünf Selbstporträts der Künstlerin. pk

Gabriele Münter „Stillleben in Rosa“, 1911Öl auf Leinwand © VG Bild-Kunst, Bonn, 2022 Saarlandmuseum Saarbrücken