Vom 01. Juni bis zum 08. September 2024 zeigt das Kunstmuseum St.Gallen eine umfassende Gruppe von KünstlerInnen, welche sich kritisch mit der Familie als Tradition, Idee und Lebensform auseinandersetzt. Zur Ausstellung, welche mehr als 30 internationale Positionen sowie ausgewählte Arbeiten aus der Sammlung des Museums vereint, wird ein Katalog mit Essays bedeutender TheoretikerInnen und Kunsthistorikerinnen bei Hatje Cantz erscheinen. Parallel dazu verfasst das Gottlieb Duttweiler Institut eine Studie zur Zukunft der Familie, welche zur Vernissage unter gdi.ch | familie publiziert wird.
Die Familie wird in der zeitgenössischen Kunst selten zum Thema. Während feministische KünstlerInnen ihre Rollen als Frau, Mutter, und Betreuungsperson beleuchteten, bleibt es um die Familie seltsam still. Sie ist zwar ein etabliertes Genre in der Fotografie und das Familienportrait hat eine lange Tradition in der Malerei – eine kritische Bearbeitung, die über eine blosse visuelle Repräsentation hinausgeht, hat bisher jedoch kaum stattgefunden. Es scheint fast so, als ob sich die Familie so tief in unserer Realität als eine unumstössliche Instanz eingenistet hat, dass eine solche Auseinandersetzung nicht zulässig ist. Wir leben in einer Zeit, in welcher Institutionen und Werte radikal infrage gestellt werden, nur, so scheint es, die Familie nicht. Die vorliegende Ausstellung hat den Anspruch, dies zu ändern.
Die thematische Schau versammelt wichtige Arbeiten, u.a. von Pionierkünstlerinnen wie Louise Bourgeois, Mary Kelly, Bobby Baker und PINK de Thierry und zeigt sie im Dialog mit zukunftsweisenden Kunstwerken einer jüngeren Generation von, zum Beispiel Rhea Dillon, Kyoko Idetsu und Lebohang Kganye. Das kuratorische Konzept geht einen Schritt weiter als bisherige Ausstellungen, die sich einzelnen Aspekten der Familie – wie zum Beispiel der Eltern-/Mutterschaft und der Wahlfamilie/Regenbogenfamilie – widmeten, indem die (Kern-)Familie als eigentliches Tabuthema in der zeitgenössischen Kunst umfassender und grundsätzlicher angegangen wird.
Die folgenden Fragen stehen dabei im Zentrum der Ausstellung: Was bedeutet familiäres Zusammenleben jenseits der Familienwelt, der wir in Fernsehen und Werbung so oft begegnen? Was sind die Schwierigkeiten, die Eigenheiten und die spezifische Qualität des Zusammenlebens in einer Familie? Wie ist die Familie im System unseres Zusammenlebens verankert? Ist die Familie ein Problem? Wie können wir uns ein Leben jenseits der traditionellen Auffassung von Familie vorstellen?
Burning Down the House. Rethinking Family ist die erste internationale, umfassende Gruppenausstellung auf musealem Niveau, welche auf die Familie aus heutiger Sicht fokussiert und diese zugleich in Frage stellt. Damit leistet sie zusammen mit der ausstellungsbegleitenden Publikation einen wichtigen kunsthistorischen Beitrag in der Aufarbeitung dieses Themas und knüpft an den aktuellen Diskurs der «Family Abolition» (zu welchem AutorInnen wie z.B. Sophie Lewis beigetragen haben) an.
KünstlerInnen: Jonathas de Andrade, Louise Ashcroft, Shuvinai Ashoona, Bobby Baker, Nina Beier, BOLOHO, Louise Bourgeois, Kathe Burkhart, Vaginal Davis, Adolf Dietrich, Rhea Dillon, Laurence Durieu, Marie-Louise Ekman, Buck Ellison, Christina Forrer, Maria Guta/Lauren Huret, Nadira Husain, Juliana Huxtable, Kyoko Idetsu, Mary Kelly, Lebohang Kganye, Ghislaine Leung, Tala Madani, Katja Mater, Alexandra Noel, Phung-Tien Phan, Josiane M.H. Pozi, Niki de Saint Phalle, Ben Sakoguchi, Ju Sekyun, Sable Elyse Smith, Lily van der Stokker, Madeleine Kemény-Szemere, PINK de Thierry, Terre Thaemlitz, Ryan Trecartin, Amalia Ulman, Evelyn Taocheng Wang, Gillian Wearing, Ambera Wellmann