„Menschen und Musiker in einem Raum verbinden“

Ausnahmsweise mal ohne Instrument: Prof. Hans-Werner Huppertz ist Geschäftsführender Direktor der Musikhochschule Aachen und ein Musiker mit Leib und Seele. © Frank Fäller

Es vibriert: ob gezupft, geblasen, getanzt oder getönt. Musik liegt in der Luft. Die Hochschule für Musik und Tanz Köln hat Abteilungen in Aachen und Wuppertal. Musische Stätten in NRW mit Schwerpunkten, die rund 1600 jungen Leuten eine Ausbildung zu einem examinierten Berufsbild eröffnet. Eine Kostprobe der Leistungen sind die Gitarrenabende, die der Direktor der Hochschule in Aachen, Professor Hans-Werner Huppertz, mit Herz und Seele vor Publikum moderiert. Denn Bühnenpräsenz ist wichtig für den nächsten Schritt im Leben.

Die künstlerische Instrumentalausbildung hat sich neben szenischem Unterricht, Arienpräsentation, Körperarbeit und Sprechunterricht zu einem breiten Lernangebot mit Master- und Konzertexamen und Schulmusik gemausert. Die unmittelbare Nähe zum Theater Aachen und die seit 2012 renovierten Einrichtungen erfrischen Kunst und Klänge. Und machen Besuchern viel Freude bei kostenlosen Konzerten. Ein niederschwelliges Angebot, unbedingt lohnenswert für alle Besucher*innen im Saal, die Ohren und Augen für die Seele öffnen.

Wer eine Hochschule besucht hat, kennt Hörsäle. Nomen est omen:  in einer Musikhochschule ist Zuhören und Zuschauen ein Muss. Es geht um feine Töne, das Verstehen von Partituren, den persönlichen Ausdruck und das künstlerische Können, das abschließend zu einem Gesamtbild führen soll – und nach vielen Prüfungen mit einem Examen belohnt wird. Was kommt danach? Bleiben „nur“ Kunst und Musik oder Träume, die nicht verwirklicht werden?

Klavier und Gitarre: das passt zusammen. Xinyue Gao (Klavier) und Hanyuan Dong. © Marcel Küpper

Ein Meister seines Fachs

Es ist so viel mehr, erzählen die Studierenden aus vielen Ländern, Gäste, Förderer und ein nahbarer Direktor, der die Bühnenluft vor großem Publikum kennt. Wenn die Historie im Aachener Dom oder bei der Karlspreisverleihung im Krönungssaal  des Rathauses ruft, weiß er zu den Worten den zeitgenössischen Klang zu spielen.  Da müsse jeder Ton sitzen, noch wichtiger seien aber die Entspannung und der Einklang mit sich selbst.  „Die akustische Gitarre in der klassischen Ausbildung ist das einzige Saiten-Instrument, das man ganz nah am Herzen spielt“, so seine Auffassung, die er auch in der Ausbildung vermitteln möchte: von barocker Musik bis zu modernen Werken.

Von Lagerfeueratmosphäre ist das weit entfernt, wenn die jungen Frauen und Männer im Fach Gitarre bei ihrem Professor „Hans-Werner“  musizieren. Es herrscht gegenseitiger Respekt in lockerer Atmosphäre. Aber: „Wir sind hier eine Hochschule“, sagt der gebürtige Eifeler. Seine Frau Ruth ist Geigerin und „Musik liegt bei uns immer in der Luft“, schmunzelt der Familienvater. „Schon als Junge wollte ich später mal unterrichten, so bereitet mir eine gute Unterrichtstunde viel Glück.“ Das merkt man, wenn er sich wie Bolle bei Auftritten seiner Studierenden im Konzertsaal der Hochschule freut. Voller Elan moderiert er überall, kümmert sich. „Selbstbewusstsein, nicht Selbstverliebtheit, das möchte ich vermitteln.“

Die besonderen Momente, die Menschen und Musiker in einem Raum verbinden seien ihm wichtig. „Ob 20 Leute oder viel mehr, Profis liefern vor Publikum ab, was von ihnen erwartet wird.“ Musik mit Instrumenten sei fast wie ein Handwerk, die Stimme dagegen ist eine Gabe. Aber beides kann man lernen und verbessern“, lautet sein Credo.

Auch ein Duett gehört zum Repertoire: Nikolai Studenikin (links) und Vladislav Fedorov spielten bei einem Konzert Interpretationen von Konstantin Vasiliev. © Marcel Küpper

Glückliche Studierende

Zum Examenskonzert  von Jolina Beuren und Nikolai Studenikin war der Konzertsaal der Hochschule in Aachen (nach Corona-Regeln) voll besetzt. Momente voller Emotionen, die auch in ihrem Spiel zu hören waren. Jolina (23) ist gebürtige Saarländerin, lebt in Köln und pendelte nach Aachen. Nun hoffentlich nicht mehr ständig, nach bestandener Prüfung gibt es Optionen in ihrem Traumberuf. „Meine ganze Familie spielt Instrumente, ich liebe Gitarre und Mandoline, solo oder im Zupforchester mit meinen Geschwistern“. Das Selbstbewusstsein für die Bühne habe sie sich bei ihrem Professor geholt, erzählt sie. Vielleicht hilft das auch für ihr nächstes Ziel: sie möchte in der Sonderpädagogik mit Musik  Menschen und ihr Herz erreichen. „Wo Sprache aufhört, fängt Musik an“ zitiert sie E.T.A. Hoffmann.

Nikolai Studenikin (29) sprüht vor dagegen Selbstvertrauen. Der gebürtige Russe von der Krim hat schon sechs Jahre an der Gnesin-Musik-Akademie in Moskau musiziert, als ihn ein Straßenmusiker mit E-Gitarre und Banjo auf die Aachener Hochschule aufmerksam gemacht habe. Kurz gesagt, die Chance war da und er hat den Lockruf beim Schopfe genommen – und die Liebe ist in der Hochschule hinzugekommen.  So fühlt er sich wohl, wenn er als Musiklehrer in Heinsberg unterrichtet und Geld verdienen kann. Unterwegs spielt Nikolai im Zug gerne mal „silent guitar“, ein Hingucker und Hinhörer. Das Instrument klingt ohne den üblichen Korpus so gut, dass die mitreisenden Fans immer hin und weg seien, freut er sich über eine treue Pendlergemeinde unterwegs. „Vielleicht kann ich noch einen Schritt weiter gehen, als Lehrer zu sein“, erzählt er. Das entscheidet die Liebe oder der Ehrgeiz …

Jolina Breuer solo bei einem Auftritt mit der klassischen Gitarre: Suburbio von Carlos Moscardini hörte das Publikum. Mut und Können hat sie bewiesen und nun auch ein Examen in der Tasche. © Marcel Küpper

Förderverein hilft

Eva Rother ist Vorsitzende des Fördervereins der Musikschule in Aachen. Als Journalistin hat sie lange beim ZDF gearbeitet, im Ruhestand ist ihr die Förderung der Kultur seit über zehn Jahren ein wichtiges Anliegen. Wie sie setzen rund 200 Mitglieder auf „die professionelle Ausbildung der jungen Menschen so nahe am Theater der Stadt“, am Ende profitierten Köln, Aachen und Wuppertal alle von der Verzahnung der Förderer. Sowohl finanziell leiste man Unterstützung etwa bei kleinen CD-Produktionen. Manchmal auch ganz praktisch, „wenn wir bei der Suche nach Unterkünften für die Studierenden helfen“, sagt sie. „Aber wir bekommen auch etwas zurück, wenn wir die Konzerte und die Freude der jungen Leute gemeinsam genießen können.“  (Frank Fäller)