Neun Klimazonen für den Archiv-Neubau am Eifelwall

Visualisierung des Eisspeichers aus dem Projekt "Stadtarchiv Stuttgart, Bad Cannstatt" als Prinzipskizze für den in Köln geplanten Eisspeicher © agn Niederberghaus & Partner GmbH, Ibbenbüren

Der Eisspeicher sorgt für optimale klimatische Verhältnisse in den Archiven

Eine für die Stadt Köln bislang einzigartige Technische Gebäudeausstattung hat die Gebäudewirtschaft der Stadt Köln am heutigen Freitag, 3. November 2017, auf der Baustelle für den Neubau Historisches Archiv und Rheinisches Bildarchiv am Eifelwall vorgestellt: einen Eispeicher, der als ein Teil des Energiekonzepts künftig mit für optimale klimatische Verhältnisse in den Archiven sorgen wird. Das Bauwerk ist nur noch kurze Zeit sichtbar und verschwindet bald unter einer Betondecke des künftigen Innenhof-Bodens.
Der Speicher ist Bestandteil eines Klimakonzeptes, das auf die spezifischen Anforderungen des Neubaus „Historisches Archiv Köln mit Rheinischem Bildarchiv“ passgenau zugeschnitten wurde. Das Konzept verbindet eine neu gebaute Brunnenanlage, eine Wärmepumpe und einen Eisspeicher auf dem Grundstück des Neubaus mit einer raumlufttechnischen Klimaanlage (RLT) und stellt damit neun Klimazonen sicher, die für die unterschiedlich sensiblen Archivalien und Fotografien vonnöten sind.

„Die Klimatechnik kommt mit sehr geringen Luftmengen zurecht und reguliert Beheizung, Be- und Entfeuchtung sowie Kühlung für die unterschiedlich sensiblen Archivalien und Fotografien“, erklärte Birgit Grunert-Schmitz, Architektin und stellvertretende Projektleitung der Gebäudewirtschaft der Stadt Köln.
Darin bestand die besondere Herausforderung für den Planer der Gebäudetechnik, die agn Niederberghaus & Partner GmbH, der speziell für den Eifelwall ein energieeffizientes Klimakonzept entwickelte, das zwei Anforderungen gerecht wird: den „geschlossenen“, Tresorähnlichen Archivbereichen zur Aufbewahrung und Wiederherstellung be- schädigter Archivalien einerseits sowie Fotografien und Büchern andererseits sowie als auch den „offenen“ Flächen wie Büros, Labor- , Werkstatt- und Leseräumen.

Wie funktioniert der Eisspeicher? Die Brunnenanlage fördert etwa 13 Grad warmes Grundwasser, das im Winter als weitere Wärmequelle dient. Im Sommer kann dieses Grundwasser ohne weiteren Maschineneinsatz die Hüllflächen des Magazins sowie die Flächenkühlsysteme im Mantelbau kühlen. Die äußeren Decken und Wände des künftigen Magazinbaus (Hüllflächentemperierung) werden ähnlich einer Fußbodenheizung klimastabil gehalten. Damit wird die Raumtemperatur konstant gehalten. Im Mantelbau wird die Energie zusätzlich in Rohrsystemen über die Betondecken (Betonkernaktivierung) verteilt.

Der Eisspeicher ist ein mit Wasser gefüllter Behälter im Erdreich mit einem Fassungsvermögen von 400.000 Litern. Er hat einen Außen-Durchmesser von 16,54 Metern. Die Wärmepumpe entzieht dem Wasser Wärme, die über die Lüftungsanlage in die Wände geleitet zum Heizen genutzt werden kann. Das Eis dient der Kühlung. Beides kann über Monate gespeichert oder auch kurzfristig bereitgestellt werden. So kann schnell auf kleinste Temperatur- und Feuchtigkeitsveränderungen reagiert werden, die etwa durch Beleuchtung oder den Betrieb von Geräten in „ruhenden“ Bereichen entstehen können. Sowohl Eisspeicher als auch Wärmepumpe werden durch den Brunnen mit geothermischer Energie, also einer regenerativen Quelle gespeist. „Dies ist sowohl aus ökologischen wie wirtschaftlichen Aspekten sinnvoll“, erklärte Grunert-Schmitz.

Am Eifelwall errichtet derzeit die Stadt Köln Europas modernstes kommunales Archiv, in dem das Historische Archiv der Stadt Köln und das Rheinische Bildarchiv ihren neuen Platz finden. Auf einer Gesamtfläche von etwa 20.300 Quadratmetern stehen rund 58 Regalkilometer und 460 Planschränke für das Archivgut zur Verfügung. Das Rheinische Bildarchiv bekommt weitere 2,2 Regalkilometer Lagerfläche. Das neue Archiv wird nach den Plänen des Architekturbüros Waechter + Waechter Architekten ein einladendes und offenes Haus, das gleichzeitig rund 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hochfunktionale Arbeitsplätze bietet. Im Lesesaal stehen 45 Plätze für die Arbeit mit Archivgut zur Verfügung. Der Neubau Historisches Archiv und Rheinisches Bildarchiv ist mit Gesamt- kosten in Höhe von 83,6 Millionen Euro (inklusive Risikoreserve) veranschlagt. Seine Fertigstellung ist für März 2020 geplant.

Am 3. März 2009 war das Gebäude des Historischen Archivs an der Severinstraße vermutlich im Zusammenhang mit Bauarbeiten an einem unterirdischen Wechselgleisbauwerk zusammengestürzt. Zwei Menschen aus benachbarten Wohnhäusern verloren ihr Leben. Unbewohnbare Wohnhäuser erforderten Umzüge von Familien, Schulunterricht musste in Ausweichquartiere verlegt werden. Das Quartier erholt sich langsam von den Folgen des Einsturzes.

Der Eisspeicher des Archiv-Neubaus
Der Eisspeicher ist ein mit Wasser gefüllter Behälter im Erdreich mit einem Fassungs-vermögen von 400.000 Litern. Er hat einen Außen-Durchmesser von 16,54 Metern. © Rheinisches Bildarchiv, Fotograf: Rico Burgmann