Von Bürgern für Bürger: Eine Gemeinde im Aufbruch – KABINETT stellt Dechant Dr. Wolfgang Picken und die Bürgerstiftung Rheinviertel vor
Er ist ein Menschenfischer und versteht es, seine Mitmenschen zu motivieren und zu begeistern: Dechant Dr. Wolfgang Picken, der in Bad Godesberg die Bürgerstiftung Rheinviertel ins Leben gerufen hat. „Jeder kann etwas tun“, so das Credo des 1967 in Köln geborenen Priesters und promovierten Politikwissenschaftlers.
Neben der Berufung zum Priesteramt hatte Picken schon früh starke journalistische Interessen. „Mit dem lieben Gott von morgens bis abends zu tun zu haben, ist zwar spannend, aber mir fehlte doch als Student etwas“, erklärt Wolfgang Picken im Gespräch mit Elke Dagmar Schneider. Nach Studien in Rom war der engagierte Priester als Kaplan in Bergisch-Gladbach tätig. Interessante Aufgaben am Zentrum für Europäische Integrationsforschung in Bonn schlossen sich an. Hier promovierte Picken mit einer Arbeit zu „Demokratischen Grundwerten in den deutschen Parteien“.
Zu dieser Zeit hielt er bereits Gottesdienste am Bonner Münster, wollte jedoch unbedingt zur Basis zurück. Als er im Herbst 2004 als Gemeindeseelsorger nach Bad Godesberg kam, fand er dort eine schwierige Situation vor. Fünf Gemeinden waren auf zwei geschrumpft, und die katholische Kirche machte nicht zuletzt durch einen eisernen Sparkurs von sich reden. Zahlreiche soziale Einrichtungen wurden geschlossen. Hier setzte der junge Priester an. Die Menschen auffangen und mobilisieren, das war seine Devise. „Meine Leitidee war, ähnlich wie bei Asterix und Obelix, etwas anders zu machen. Ich wollte auf regionaler Ebene die Menschen motivieren, sich für die Verhältnisse vor ihrer Haustür zu interessieren“.
Seitdem nimmt Wolfgang Pickens Idee einer Gemeinde im Aufbruch immer mehr Gestalt an. Im Sommer 2005 gründete er die „Bürgerstiftung Rheinviertel“ (die erste Bürgerstiftung wurde 1996 in Hannover aus der Taufe gehoben) und rief alle, die in den Stadtvierteln Plittersdorf, Hochkreuz, Villenviertel und Rüngsdorf guten Willens waren, auf, sich zu engagieren, ein jeder nach seinen Kräften: „Das schlug wie eine Granate ein“.
Die Bürgerstiftung unterstützte maßgeblich die Gründung von vier Ordensniederlassungen im Viertel mit mehr als 50 ausländischen und deutschen Ordensschwestern. Ein Jugendzentrum wurde gegründet, ein Jugendreferent eingestellt. In zwei Seniorenheimen des Viertels wurden integrierte Hospize geschaffen. „Alte Menschen sollten nicht unbegleitet und allein sterben müssen. Es ist wichtig, dass sie in Geborgenheit, mit Würde und in ihrer gewohnten Umgebung Abschied nehmen können. Wenn eine Ordensfrau zu einem Sterbenden kommt, wirkt das sehr beruhigend und erleichtert den letzten Weg“, erklärt der Dechant die Bedeutung der Sterbebegleitung. Die Quote der Einweisungen von oft dementen alten Menschen in Krankenhäuser konnte so um 80 Prozent gesenkt werden, was natürlich enorm kostensparend ist.