Schlendern, schauen, Schwätzchen halten

Die Aachener Altstadt wird zur großen Schaubühne für kreative Handwerker. © Andreas Steindl/ats

An rund 300 Ständen stellen Kunsthandwerker sowie Handwerks- und Meisterdesigner aus allen Teilen Europas ihre Produkte vor. Und beim 38. Europamarkt – Kunsthandwerk und Design kommen die Aussteller mit den Besuchern ins Gespräch: Devid Hörnchen ist Bogenbauer, und seine, nun ja, Zielgruppe, das sind eben Menschen, die sich für Bogen interessieren. Dachte Hörnchen zumindest bis jetzt.

Aber das war vor dem Europamarkt. Denn seitdem er dort an seinem Stand steht, auf dem Aachener Markt, einen Steinwurf vom Rathaus entfernt, weiß er: Zu seiner Zielgruppe gehören auch Menschen, die bislang gar nicht wussten, dass sie sich für Bogen interessieren. Hörnchen erklärt das so: „Mit meinem Angebot bin ich grundsätzlich sehr spezialisiert. Aber hier beim Europamarkt habe ich die Möglichkeit, mich einem breiten Publikum zu präsentieren, mich vorzustellen.“

Und was soll man sagen? Hörnchens Bogen kommen bestens an. „Ich habe hier in zwei Stunden 150 Flyer verteilt und eine Menge gute Gespräche geführt“, sagt er. Genau so soll es ja auch sein: Schauen, schlendern, Schwätzchen halten. Denn Bogenbauer Devid Hörnchen ist nicht der einzige, der die Gelegenheit gerne wahrnimmt, den Besuchern etwas zu erzählen. Über den Weg vom Material zum Produkt, die Herausforderungen während des Herstellungsprozesses. Kurz: über sein Handwerk.


Hat den Bogen raus: Auf dem Europamarkt präsentiert Devid Hörnchen sein Handwerk – bei den Besuchern kommt das an. Ein Volltreffer, wenn man so will. © Christoph Classen

„Der Europamarkt bietet den Kreativen im Handwerk eine tolle Möglichkeit, auf sich und ihre einzigartigen Produkte aufmerksam zu machen“, sagt Nicole Tomys, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer Aachen. Die Veranstaltung sei die größte ihrer Art in der Euregio. „Und nicht zuletzt ist der Europamarkt natürlich auch Wirtschaftsförderung in ihrer ansprechendsten Form“, sagt Tomys. Ein Satz, den Hörnchen nach seiner Europamarkt-Erfahrung unterschreiben kann. Umso wertvoller war da die Idee, sich nicht als Einzelaussteller, sondern als Teil einer Gruppe zu präsentieren.

„Erlebnis.Handwerk.Eifel“ heißt das Projekt, in dem sich über 20 Betriebe zusammengeschlossen haben. Den Wirtschaftszweig sinnlich erfahrbar machen, das ist ihr gemeinsames Ziel. Und mit den entsprechenden Werbematerialien machen sie beim Europamarkt auf sich aufmerksam, neben Hörnchen sind Drechsler Samuel Danke, die Ofenbauer Sandra und Gerd Kuhlmann, Tischler Martin Rack, Sattler und Feintäschner Klaus Schwecht sowie Gold- und Silberschmied Thomas Göbel vertreten. „Und wer sich für meine Bogen interessiert, interessiert sich meist auch für die Produkte der Kollegen. Wir haben hier wirklich wahnsinnige Synergieeffekte“, sagt Hörnchen. Was er auch daran ablesen kann, dass nicht nur der Stapel seiner Flyer, sondern auch der mit den Broschüren „Erlebnis.Handwerk.Eifel“ sehr schnell kleiner wird.


Peter Sußner, Meister im Spengler- und Kupferschmiedehandwerk, und seine „Weltmeister-Fische“. © Christoph Classen

Natürlich wird beim Europamarkt auch verkauft, man sieht es daran, dass sich bei den meisten Besuchern irgendwann zum Schauen, Schlendern und Schwätzchen halten noch das Schleppen gesellt. Aber es gibt eben auch viele Aussteller, deren Produkte sich nicht mal eben in eine Tüte packen lassen. Peter Sußner ist einer von ihnen. Sußner ist Meister im Spengler- und Kupferschmiedehandwerk, sein Betrieb ist in Monschau, sein Stand auf dem Katschhof und sein Angebot vielseitig. Sußner kann beides, klassische Metallgestaltung und „freie Metallkunst“, so nennt er das. Und wenn man ihn fragt, was er lieber macht, dann sagt er, die Kunst würde ihm am meisten Spaß machen.

Deswegen ist er ja ursprünglich nach Aachen gekommen. 1993 hat Sußner sein Examen als Meisterdesigner an der Akademie für Handwerksdesign Gut Rosenberg gemacht, er wollte kreativ arbeiten. Denn ursprünglich kommt Sußner aus Nürnberg, das hört man auch ein bisschen. Zum fünften Mal ist er jetzt beim Europamarkt dabei, früher schon mal, dann gab es eine Pause und jetzt ist er nach langer Zeit zum ersten Mal wieder da. Es ist vielleicht nicht ganz verkehrt, zu sagen, für Sußner ist das ein bisschen wie nach Hause kommen. Er hat auf dem Europamarkt jedenfalls eine Menge Spaß, spricht die Leute an, reißt Witzchen. Das kommt an. Sußner sagt: „Bisher habe ich nach dem Europamarkt immer neue Aufträge bekommen. Man lernt hier einfach viele Leute kennen. Und die melden sich dann irgendwann. Und wenn es ein Jahr später ist.“

Rückmeldung: Darum geht es auch Julia Böbel. Die Goldschmiedin gehört zu den aktuellen Absolventen der Akademie für Handwerksdesign. Und die haben während des Europamarktes traditionell die Möglichkeit, sich und ihre Arbeit beim Design-Forum zu präsentieren, diesmal in der Citykirche. „Das ist eine tolle Möglichkeit zu testen, ob das, was ich mache, die Leute anspricht“, sagt Böbel. Was wichtig ist. Schließlich sind Zielgruppen nicht nur für Bogenbauer interessant.
(Christoph Classen)
Weitere Informationen zum Europamarkt und das Ausstellerverzeichnis gibt es im Internet unter www.europamarkt-aachen.de

Schreibe einen Kommentar