Waldfrieden in Wuppertal zeigt Plastiken von Joan Miró

Téte. Jahr: 1974. Maße: 161 x 162 x 65 cm Bronze. Foto: Peter Köster

Das MoMA New York würdigte den Maler Joan Miró im Juni dieses Jahres mit einer großen Einzelausstellung. Nun zeigt der Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal bis zum 24. November mit zwölf zum Teil großformatigen Arbeiten den Plastiker Miró. Titel der Ausstellung: „Joan Miró – Skulpturen 1970 bis 1982“. Die Ausstellung findet in Kooperation mit dem Yorkshire Sculpture Park und der Successio Miró statt.

Klassische Moderne geprägt

Anfangs noch vom Dadaismus und Surrealismus beeinflusst, vollzog der spanische Künstler Joan Miró Mitte der 1920er Jahre einen grundlegenden Stilwechsel, der ihn zu einem der bedeutendsten Vertreter der klassischen Moderne machte. Als Maler und Bildhauer schuf der in Barcelona geborene Künstler ein bedeutendes OEuvres, das in einer Reihe mit Werken von Pablo Picasso, Henri Matisse und Georges Braque steht. Ebenso wie seine berühmten Altersgenossen hat Miró nicht nur als Maler, sondern auch als Bildhauer ein bedeutendes Œuvres geschaffen. Drei seiner Bronzeplastiken wurden dem Skulpturenpark bereits als Dauerleihgaben zur Verfügung gestellt und sollen ab dem kommenden Jahr im Rahmen einer Dauerpräsentation mit anderen Plastiken gezeigt werden. In einer Sonderschau werden nun insgesamt zwölf Skulpturen von Joan Miró präsentiert, einem der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Die humorvolle Formensprache seiner Gemälde machte ihn weltberühmt. Aber auch Mirós plastische Arbeiten sind einzigartig, wie man im Skulpturenpark erleben kann. Sein Thema ist der Mensch, der sich wie ein roter Faden durch Mirós Werk zieht.

„Absolute und entspannte Freiheit“

„Wir waren seit zwei, drei Jahren im Gespräch. Es ist uns eine Freude und Ehre, dass wir die Skulpturen jetzt zeigen dürfen“, erklärt Bildhauer Tony Cragg, zugleich Besitzer des Skulpturenparks Waldfrieden, stolz und hebt die Bedeutung Mirós für die Entwicklung der Bildhauerkunst im 20. Jahrhundert hervor. „Er hat das Figurative verlassen und sie in die absolute und entspannte Freiheit geführt.“ Mirós Bildhauerei gehe zwecklos mit der Materie um, eröffne so eine neue Sprache, neue Perspektiven. Er zeige die Seiten der Realität die nicht wahrgenommen werden, habe niemanden beeindrucken müssen und so gelassen eine neue Sphäre, ein neues Land entdeckt. „Er zeigt Dinge, wie neue Formen, neue Sprache, die es so gar nicht gibt. Wie ein Periskop“, so Tony Cragg, selbst seit Jahren ein weltweit geachteter Künstler. Nicht viel anders deutet dies Craggs Freund Peter Murray, Leihgeber der Mirós’chen Werke, der in Yorkshire (England) einen 200 Hektar großen Skulpurenpark geschaffen hat. „Mich beeindruckt die geistige Großzügigkeit Mirós“. Miró habe in über 50 Jahren ein großartiges Werk geschaffen, das er mit Menschen teilen wollte. „Miró wollte Grenzen aufbrechen, Kommunikation zwischen Kulturen und Nationen erreichen.“

Nachlass des Großvaters bearbeitet

Mirós Enkel Joan Punyet Miró, Verwalter des Vermächtnisses des großen Künstlers und ebenfalls Leihgeber (Successió Miro´), konstatiert: „Er hatte eine große, grenzenlose Freiheit in der modernen Abstraktion gefunden.“ Punyet Miró hat den Nachlass seines Großvaters bearbeitet, eine Herkulesaufgabe wie er im Gespräch zugibt, und für die er mehrere Jahre benötigte. Dazu gehörte auch die Katalogisierung der Bücher aus Mirós Bibliothek. „Dorthin zog sich Miró in den Nachmittagsstunden zurück, um sich beispielsweise von Bach’schen Klängen inspirieren zu lassen“, schildert Punyet Miró seinen Großvater. Wie kam es zum plastischen Werk? Dazu noch einmal der Enkel: „Miró erzählte einmal, dass ihn eine Übung seines Lehrers Francesco Galli an der Escola d’Art von Barcelona den Weg zur Skulptur gewiesen habe. Er habe ihn mit verbundenen Augen verschiedene Gegenstände ertasten lassen, um die Form zu sehen, die er anschließend zeichnen sollte.“ Dabei sei es dem Künstler nicht um die Schönheit der Form, sondern um ihre Ausstrahlung, um ihre Verwendung in seinen Objekten gegangen. „Er spielte gerne mit wesensfremden Dingen – einer Muschel, einem Stein – verband sie auf groteske wie poetische Weise zu wundersamen wie erstaunlich harmonischen Figuren. Fantasievolle, naive, Gestalten, denen er in Erinnerung an seine Ausbildungszeit in Paris französische Namen gab. Ob eine Tischdecke im Restaurant, ein Handseifenhalter im Badezimmer oder ein Zeitmesser – alles war verwendbar“, so Joan Punyet Miró.

Spätwerk mit Keramik

Joan Miró (1893-1983) gehört zu den Künstlern, die die klassische Moderne begründet haben. Nach seinem Kunststudium in Barcelona setzt sich sein anfänglich noch gegenständliches Schaffen ab den 20er Jahren zunehmend mit den von Frankreich die Welt erobernden Kunstströmungen auseinander. Mit seiner Übersiedlung nach Paris zeigt sein Werk zunächst noch fauvistische und kubistische Einflüsse, bevor er sich dem Surrealismus anschließt. Wie andere namhafte Künstler seiner Zeit betätigt er sich nicht nur als Maler und Grafiker, sondern mit zunehmendem Alter auch als Keramiker. Sein bildhauerisches Schaffen macht einen wesentlichen Teil seines Œuvres aus. Joan Miró hinterließ etwa 2000 Ölgemälde, 500 Skulpturen, 400 Keramiken, 5000 Collagen und Zeichnungen. Peter Köster