Der Bundesvorsitzende der Grünen, Chem Özdemir, schrieb auf seiner Facebook-Seite vor meinen Ferien, vor meinen Bergtouren und vor Musik in Salzburg/Berchtesgaden:
„Liebe konservative Politiker, tut was ihr wollt und tut es wie ihr wollt , aber bitte lasst den Rock`n Roll in Ruhe. Erst von und zu Guttenberg bei ACDC, jetzt Wullfs bei Springsteen. Was kommt noch? Kauder bei Manu Chao? Diese Musik steht so ziemlich für das exakte Gegenteil Eurer Politik.Wann stellt Seehofer, natürlich in der Bild, seine SexPistols-Plattensammlung vor? Gnade Bild und Co. Habt Erbarmen Cem“ Özdemir , Bundesvorsitzender der „Grünen“.
Auf den ersten Blick kam er mir so vor , wie ein gestrenger Türsteher vor einem Club, der den nicht rein lässt, dessen Nase ihm nicht passt und dem er am liebsten auf die dieselbe haut. Es ja so.
Die Stammwähler der Grünen kommen aus einem bestimmten Milieu, das sich weniger politisch als vielmehr durch seinen Life-Style definiert. Dieser Life-Style kostet natürlich, wenn man älter wird. Aus der WG von vorgestern wurde heute das Sommerhaus in der Toskana, aus dem Deux Chevaux der SUV, oder in Südfrankreich, wo der Atomstrom zur Beheizung des eigenen Schwimmbades besonders billig ist. Doch all diese Sünden an den früheren spießerfeindlichen Prinzipien gelten als vergeben, wenn man nur weiter hin die Grünen wählt. Die Musik ist konstitutiv für den Life-Style , mit dem man sich von allen Andersdenkenden sorgfältig abgrenzt. Und daher reagieren sie so gereizt, wenn ihre Ikone auch andere begeistern.
Aber Özdemirs erbarmungslose Empörung im Internet folgte noch erbarmungsloser massenhafte Entrüstung:
Rock` Roll steht nicht für Rauchverbot, Glühbirnenverbot und Motorrollerbverbot. Rock`nRoll steht nicht für das subventionierte Solardach auf den Häusern der Immobilienbesitzer. Rock´Roll steht nicht für politcal correctness. Binnen-I und Gender-Gap. Rock´n Roll steht nicht für vegetarische Donnerstage in Beamtenkantinen. Rock´Roll steht für viel, aber ganz bestimmt nicht für grüne Politik!
Rock`n Roll steht nicht für eine Bevormungsrepublik.
Rock` Roll steht nicht für das grüne Wahlprogramm, das 30 Verbotsforderungen enthält
Ein authentischer Rock´n Roller, so schreibt Rudolf Maresch, würde mit Sicherheit genau das Gegenteil von dem machen, was die Grünen auf ihrer Agenda haben:
Er würde die Energiewende boykottieren, Windräderbeton und klimavergiftende Solardächer verabscheuen. Er würde auf Mehrweg und Dosenpfand pfeifen, selten oder keinen Müll für deren Profiteure trennen und sich häufig Plastikflaschen und Einwegdosen in den Kühlschrank stellen, er würde es sicherlich genießen, in saftiges Fleisch zu beißen, und schwammigen Tofu liebend gern den moralisch Aufrechten überlassen; er würde stets jene Produkte und Lebensmittel kaufen, die ihm schmecken oder gefallen und auch alle Statements missachten, die ihm deswegen ein schlechtes Gewissen machen wollen; er würde vielleicht wegen der Kosten nicht mehr rauchen, sich aber gutem Alkoholgenuss und anderen Erlebnissen gegenüber aufgeschlossen zeigen; und er würde für freie Rede und freie Meinungsäusserung im Sinne unseres Grundgesetzes eintreten, jegliche Sprachverbote ablehnen und am liebsten SPD, nur aus Protest , nicht aus Überzeugung, FDP wählen.
Immerhin hat es das grüne Programm geschafft, dass Leuten wie etwa Thilo Sarrazin oder Peter Gauweiler zu Punks mutiert sind und die Republik für eine kurze Zeitspanne mal „rocken“ und „rollen“ konnten.
Diese Politik stünde tatsächlich im „exakten Gegenteil“ zu jener grün lackierten, autoritären Spießerpolitik, die Menschen am liebsten auch noch zwingen möchte, wie sie zu leben und was sie zu unterlassen haben.
Die Rock- Lady Gloria von Thurn und Taxis ließ sich das von niemand gefallen. Gerhard Schröder nicht einmal von seiner damaligen Ehefrau das Schnitzel und die Currywurst verbieten. Poldi, Özil und Mertesacker werden morgen zusammen London rocken. Große Fußballer in Deutschland sind im Revier geboren, sie kommen aus dem Kohlenpott, wie Marco Reus, Julian Drachsler, Ilkay Gündogan, Michael Neuer oder Mesul Ösil.
Die Junge Generation der 50er Jahre, mit der in Deutschland der Rock`Roll begann, rebellierte und missachtete demonstrativ die restaurativen Verbote der Obrigkeit. Selbst der fromme Alois Hundhammer, Ritter vom Heiligen Grabe, solidarisierte sich mit ihnen und trank an einem Freitag in der Fastenzeit Starkbier und aß öffentlich noch vier Weißwürste dazu. Das Freitagsfleischverbot, dass im Gegensatz zu den Grünen nur für Katholiken galt, wurde dennoch sehr schnell von den katholischen Bischöfen aufgehoben. Man fast sich an den Kopf: Nicht Werbung – Zwang, jetzt für alle! wollen die Grünen wieder herstellen. Im linken Sprachgebrauch hat man so was reaktionär genannt.
Dass die Grünen sich dieses prächtige Eigentor geleistet haben, ist wenigstens einigen von Ihnen inzwischen wohl klar geworden. Trittin erwähnte jetzt in einem Wahlspot, er esse gern Schweinefleisch. Aber ob er damit nicht die Moslems vergrätzt, die er so gerne gewinnen möchte und für deren Empfindlichkeiten und Exzesse die Grünen sonst viel Verständnis zeigen
Worum es geht ist nicht einmal Dampfnudelblues. Die Verbotsliste der Grünen reicht vom Ölheizungsverbot, über Nachtflüge, Heizpilze und künstliches Licht, bis zum Verbot des Nachtangelns oder für breite Autos, oder Ponyreiten auf Jahrmärkten, bis zum Fleischessen am Donnerstag. Das hatten wir schon mal, als der „Führer“ den wöchentlichen „Eintopftag“ für alle verordnete. Ganz neu ist – es ist kein Aprilscherz – das in Berlin-Kreuzberg Weihnachten von Grünen, Linken und Piratenpartei ab sofort verboten wird, zumindest dann, wenn es auf öffentlichen Plätzen begangen werden soll. Weihnachten darf nur zuhause stattfinden, damit religiöse Gefühle anderer nicht verletzt werden. Die christlichen Waldenser haben gesagt, wer die öffentlichen, religiös begründeten Sonn- und Feiertage nicht will, kann natürlich an diesen Tagen voll arbeiten.
Es ist noch immer so: Die Grünen sind die teuerste politische Bildungsveranstaltung, die sich unsere Republik geleistet hat.
Edward Snowden hat die Frage unserer Zeit in einem Größeren Zusammenhang – in den Zusammenhang der Vereinigten Daten – gestellt: Ob wir so leben wollen oder nicht. Wollen wir Überwachung, Verbote und Bevormundung des Staates .Unterscheiden die Grünen eigentlich noch zwischen Information und Wissen. Es gibt seit sieben Jahren eine neu erstandene „Wissenschaft“, die Agnotologie, die Analyse der systematischen Produktion von Nicht-Wissen. Trauen sich Menschen noch zu sagen, was sie wollen und was sie nicht wollen? Warum gehen immer weniger Zur Wahl?
Ein Grund ist: Die rücksichtslose Eroberung der Natur, die solare Klimaschädigung und die Landschaftszerstörung hat durch die von allen Parteien nicht durchdachte Energiewende, mit dem grünen Industriekapitalismus und seiner Profitmaximierung auf Kosten der Armen und der nicht so wohlhabenden unteren Hälfte der Bevölkerung ihr ursprüngliches Ziel Klima und Umwelt zu schützen auf den Kopf gestellt. Herta Müller hat gerade zu einem Kunstwerk von AI WEI WEI geschrieben :
zeitweise kroch
das Schlüsselloch die
Tür hoch, es war
eine karierte Ameise
Der Rock`n Roll ist noch lange nicht zu Ende!
Waldemar Ritter, Bonn 06. September 2013