„Malerfürsten“: Bundeskunsthalle vom 28. September bis 27. Januar 2019

Blick in die Ausstellung. Foto: Peter-Paul Weiler, 2018 © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH

Begabte Maler und geschickte Unternehmer – Kometenhafter Aufstieg  

Der Begriff „Malerfürst“ findet sich in kaum einem Lexikon, ist aber dennoch im Kunstbetrieb fest verankert (man denke da nur an einen gewissen Herrn Lüpertz). Erstmals wird das Phänomen Malerfürst in einer Ausstellung dokumentiert. „Malerfürsten“, so der Titel der Schau, läuft bis zum 27. Januar 2019 als Kooperationsprojekt zwischen der Bundeskunsthalle in Bonn und dem Muzeum Narodowe w Krakowie (Nationalmuseum in Krakau).

Blütezeit in den 1870er und 1880er Jahren

Bereits in der Renaissance und im Barock etablierten Maler wie Raffael, Tizian, Rubens und van Dyck ihren gesellschaftlich anerkannten und höfisch privilegierten Sonderstatus. Sie waren Malerfürsten – ein länder- und epochenübergreifendes Phänomen, das heute kaum mehr als ein vager Begriff zu sein scheint. Die Protagonisten dieser vom Ausstellungsbetrieb häufig verschmähten Malerfürsten in der Bonner Ausstellung heißen Frederic Lord Leighton, Hans Makart, Jan Matejko, Franz von Lenbach, Friedrich August von Kaulbach, Franz von Stuck und Mihály Munkácsy. Sie einte die Zugehörigkeit zu Europas High Society. Ihr Aufstieg war geradezu kometenhaft. Sie waren erfolgreich, vermögend, gesellschaftlich angesehen und bewegten sich auf Augenhöhe mit den Reichen und Mächtigen. Malerfürstlich lebten sie in prunkvollen Residenzen, und die Menschen standen Schlange, um sich von ihnen malen zu lassen und ihre sensationellen Bilder zu sehen. Diesen mit Huldigungen verbundenen Sonderstatus erreichten in jener Zeit nur wenige Maler. Die Bundeskunsthalle rückt mit ihrer opulenten Ausstellung erstmalig das internationale kunst- und kulturgeschichtliche Phänomen „Malerfürst“ in den Fokus, das in den 1870er und 1880er Jahren eine Blütezeit erlebte und mit Beginn des Ersten Weltkrieges ein abruptes Ende fand.

malerfuersten_0505
Der Dandy: James Jacques Joseph Tissot Mr. Frederic Leighton Vanity Fair Karikatur, 29. Juni 1872 Chromolithografie 40 x 27,2 cm V&A Theatre and Perfomance, London © Victoria and Albert Museum, London

Pralle Historienschinken im Blickfeld

Im Zentrum der Schau stehen die effektvolle Selbstinszenierung und Stilisierung dieser modernen Malerfürsten und der sich um sie rankende Kult. Erfolgreicher als andere Künstler nutzten sie ihre Netzwerke, neue Reproduktionsmedien, Ausstellungen, Feste, Atelierbesuche und die Medien für den sozialen Aufstieg und die weltweite Vermarktung ihrer Werke. Der besondere Charakter dieser Präsentation ergibt sich aus der Gegenüberstellung der sieben Persönlichkeiten und ihrer Arbeiten sowie den Einblicken in ihre Lebenswelten. In der Auseinandersetzung mit dem Künstlertyp des Malerfürsten – einer bislang ausgeblendeten Facette der Moderne – eröffnet die Ausstellung neue Forschungsperspektiven und Einsichten. Sehr schön fächert die von Doris H. Lehmann und Katharina Chrubasik kuratierte und plüschig und bunt inszenierte Schau die immense Schaffensbreite dieser begabten Maler und geschickten Unternehmer auf. Ins Blickfeld des Betrachters rücken pralle Historienschinken, die Antikes, Biblisches oder politisch Relevantes wie ein Kostümfest zelebrieren.

Franz Liszt saß Modell

Die Meister werden einzeln vorgestellt: mit Selbstporträts, die einen Rubens als Vorbild verraten, mit Fotos ihrer Villen, Wohnräume und Ateliers, die sich am Prunk des Adels orientieren und im schwülen Orient- oder filmreifen Mittelalterstil daherkommen. Meister der Selbstinszenierung waren sie alle, wobei sich der Ungar Mihály von Munkácsy (1844 – 1900 auch mal als Gekreuzigter gab. In seinem Pariser Prunkatelier empfing der Maler seine wohlhabende, nicht selten adelige Klientel, die nach seinen Historienbildern und Porträts verlangte. Sein ihm in Freundschaft verbundener Landsmann Franz Liszt saß ihm 1886 Modell. Jan Matejko (1838 – 1893) setzte sich 1892 auf seinem Selbstbildnis herrschaftlich in Pose. Die Kunst des Polen galt insbesondere patriotischen Themen seines Landes. Diese Bilder zeichnen sich durch einen konsequenten horror vacui aus. „Horror vacui“ nennt der Lateiner die Furcht vor der Leere, die vom Künstler alsbald mit Figuren, Dingen und Dekorativem gefüllt werden will. Nicht selten finden sich Anspielungen auf bewunderte Malerahnen, deren Ruhm die Zeiten überlebt hat. Franz von Lenbach (1836 – 1904) zum Beispiel hat sich 1868 mit „Lavinia als Salome“ an Tizian gemessen.

Zur Zeit des Malerfürstentums hatten sich Parallelwelten gebildet, wobei die der Malerfürsten von der etablierten Gesellschaft bis in die höchsten Schichten, eben auch von fürstlichen und königlichen, durch Huldigungen verschiedener Art anerkannt wurde, während die aufkommende Moderne noch arg zu kämpfen hatte. Trotz verschiedener Herkunft und Schauplätze teilten die Malerfürsten die Gemeinsamkeiten der auf zahlreichen Europareisen gewonnenen Bildung, des großen, ja festlichen Lebensstils in stattlichem Ambiente, der gekonnten Vermarktung ihrer selbst und ihrer Werke. Obwohl ihr Stil nicht wirklich homogen war, darf man eins konstatieren: Ihr Handwerk verstanden diese Malerfürsten, die ihre Arbeiten in einer herrlich entschleunigten und mitunter plüschig abgedrehten Welt schufen. Peter Köster

malerfuersten-0558
Franz von Stuck Plakat der VII. Internationale Kunstausstellung 1897
1897 Autotypie 72 x 100 cm Münchner Stadtmuseum © Münchner Stadtmuseum.