Ich widerspreche … Das Klima ist global.

Waldemar Ritter © Hartmut Bühling

Waldemar Ritter

Gemessen an dem Ziel, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um mindestens 40 Prozent zu reduzieren, sind nur die 28 EU-Länder gemeinsam und sieben weitere Länder der Erde auf Kurs.

Die 28 Staaten der EU haben einen gemeinsamen Anteil von neun Prozent. Bis 2030 könnte der CO2 Ausstoß 58 Prozent unter dem Wert von 1990 liegen. Bis 2050 Null!

Besonders negativ stehen im Fokus der vier Nationen, die zusammen mehr als die Hälfte der weltweiten Treibhausgase ausstoßen: China, Indien, die USA und Russland. China hat einen Anteil von rund 27 Prozent – und die Emissionen von Kohlendioxid und anderen Klimagasen dort nehmen weiter zu.

Wenn die großen Emittenten nicht mitziehen, wird Klimawandel nicht gestoppt. Wenn wir von allen Emissionen reden, sagt der Klimaforscher von Storch, dann heißt das überall. Durch jeden. Wir müssen das Klima schonen, aber alle anderen auch – und das ist das, was häufig übersehen wird. Wenn ein Land wie Deutschland auf null kommen würde, dann wäre das eine tolle Sache. Wenn aber die großen Emittenten, wie China und Indien, nicht mitziehen, dann verlangsamen wir den Prozess geringfügig, aber der Klimawandel ist nicht gestoppt. Entscheidend ist anzuerkennen, das das Problem ein globales ist. Wie können wir Menschen in anderen Ländern animieren, uns zu folgen?

Die Chinesen, die Inder und andere interessieren sich verhältnismäßig wenig dafür, was wir hier in Deutschland machen. Ich glaube, wie von Storch. Das einzig Wirksame ist attraktive Methoden und Techniken zu entwickeln. Klima neutrale Technik, die im Rest der Welt übernommen wird, weil sie wirtschaftlich günstig ist. Oder die Entwicklung, effizienter Zertifikatssysteme. Aber diese Methoden und Techniken müssen wir erst mal schaffen. Die beste Anstrengung, die eine deutsche Familie, zum Schutz des Klimas machen kann, ist es ihre Kinder zu überreden Ingenieure zu werden. Diese Ressource – etwa technischen Verstand – müssen wir stärken. Wir müssen in Methoden und Techniken investieren. Das kostet Zeit und Geld. Wir können zum Beispiel massiv in attraktive Verfahren zum elektrischen Kühlen und Heizen investieren. Oder in die Elektrifizierung der Prozesswärme in der chemischen Industrie. Dazu kann dann diese Elektrizität aus Wind und Sonne genutzt werden.

Die Klimawissenschaft ist noch am Anfang und uneinig. Faktenschwächen selbst im Klimabericht der Bundesregierung. Der UN-Klimabericht dokumentiert zahlreiche Risiken, gleichwohl erhebliche Wissenslücken. Unwissenschaftlich die problematische „Warnung von 11000 Wissenschaftlern vor einem Klimanotstand“ Es ist ein Tiefschlag für die Glaubwürdigkeit der Forschung (und der Medien) nicht nur, weil die Unterzeichnerliste offenbar ungeprüft veröffentlicht wurde – auch „Mikey Mouse“ hat unterschrieben. Dass zahlreiche Vertreter von Umweltverbänden unter den Unterzeichnern sind und viele andere ohne Berufsnennung, lässt an ihrer Wissenschaftlichkeit zweifeln. Schwerer wiegen die inhaltlichen Mängel. Die Klimaforschung ist längst nicht mehr so frei, wie sie laut grundgesetzlichem Credo eigentlich sein sollte. Auch sie sollte ausschließlich der Wahrheitsfindung dienen, nicht der Mehrheitsfindung. Und Umweltpolitik ist mehr als Klimapolitik. Das Thema ist komplex. Die Politik muss entscheiden. Ich wiederhole deshalb, was ich am Anfang geschrieben habe: Man muss in der Politik etwas möglich machen, und etwas möglich machen wollen.

Deutschland wird hoffentlich noch vor Weihnachten sein Klimapaket auf den Weg bringen. In Europa gibt es ehrgeizige Pläne der neuen EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen. Dafür sollen ungeheure Geldmengen im Kampf gegen den Klimawandel fließen. Eine Billion in der ersten Legislaturperiode. Die neue Kommission will die Reduzierung des CO2-Ausstoßes noch einmal deutlich beschleunigen. Statt bisher 40 Prozent strebt sie bis 2030 einen Rückgang der Kohlendioxid-Emmisionen um bis zu 55 Prozent an. 2050 soll die EU dann klimaneutral sein, damit Europa die Ziele aus dem Pariser Klimaabkommen erreichen kann. Die EU will weltweite Standards setzen. Das wäre Europas Wettbewerbsvorteil. Die Mittel dafür sollen aus dem EU-Haushalt, von den Mitgliedstaaten und dem Privatsektor kommen. Die alles entscheidende Frage bleibt? Geht der Rest der Welt mit Europa?

Abgesehen davon können wir uns alle nationalen und EU weiten umwelt- und klimapolitischen Maßnahmen sparen, wenn es uns nicht gelingt, das akzelerierende Wachstum der Weltbevölkerung nachhaltig zu begrenzen. (Nur Europa und China sind hier im Gleichgewicht) Sollte die UN-Prognose stimmen, dass wir bis zum Jahre 2100 deutlich über elf Milliarden Menschen auf der Erde haben – derzeit sind es 7,7 Milliarden – , verfehlen wir zwangsläufig sämtliche Pläne zur Reduzierung des Kohlendioxidaustoßes. Die Weltbevölkerung wächst jährlich um 80 Millionen Menschen. Das entspricht der Einwohnerzahl Deutschland. Und schon heute haben wir 821 Millionen hungernder Menschen auf unserer Erde. Der erste Schritt zum langen Marsch in Richtung Klimarettung muss die Einberufung einer Weltbevölkerungskonferenz sein. Ziel muss es sein, den Anstieg der Weltbevölkerung zu drosseln, anzuhalten zu stoppen, um erstmal weltweit in die Reichweite der Pariser Klimabeschlüsse zu kommen, dem globalen Temperaturanstieg auf unter zwei Grad Celsius zu halten. Wenn wir die Kontrolle über dieses Problem nicht erlangen, werden wir definitiv scheitern. Hier sind nicht nur Politik und Aufklärung gefordert, hier sind auch die Kirchen und alle Religionen gefragt, wenn sie die Schöpfung wirklich bewahren wollen. Hier haben auch und gerade sie besondere Verantwortung für die Zukunft des Planeten.