Heimat und Hightech – die Zukunft der Volksbanken und Raiffeisenbanken

Jürgen Pütz, Vorstandsvorsitzender Volksbank Köln Bonn, Dr Martin Schilling, Vorstandsmitglied VR-Bank Rhein-Sieg eG © A. Schrahe

Fusion stellt Genossenschaftsbanken vor große Herausforderungen

Wandel und Tradition garantieren Erfolg im digitalen Zeitalter

Genossenschaftsbanken haben eine besondere Verantwortung für die Region und die Menschen in der Region. Nur wenn neue technische Möglichkeiten durch die Digitalisierung und traditionelle genossenschaftliche Werte vereint sowie eine strikte Kostenstruktur gepflegt würden, könnten Volksbanken und Raiffeisenbanken auch künftig vertrauenswürdige Ansprechpartner und Dienstleister für ihre Mitglieder und Kunden sein, sagte Martin Schilling, Vorstandsvorsitzender der VR-Bank Rhein-Sieg, bei der Bilanzvorstellung der regionalen Volks- und Raiffeisenbanken in Bonn.

Wegen einer EDV-Umstellung könnten die Institute in den nächsten beiden Jahren keine weiteren Übernahmen schultern und legten eine Fusionspause, sagte Jürgen Pütz, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Köln-Bonn, ehemals VR-Bank Bonn/Rhein-Sieg. Ein Ende der Fusionswelle sah Pütz jedoch nicht erreicht: „Der Trend zu größeren Einheiten wird sich fortsetzen“. Von rund 7000 Genossenschaftsbanken in Deutschland anno 1970 gibt es heute weniger als 1000. Die größte Herausforderung ist nach Ansicht von Pütz, trotz neuer Institutsgrößen und der damit verbundenen größeren Entfernung die Kundennähe nicht zu verlieren. Regionale Grenzen spielen bei Bankzusammenschlüssen keine Rolle mehr. Auch über neue Filialtypen wird nachgedacht.

In der Region konnten die Volks- und Raiffeisenbanken ihr Geschäft im vergangenen Jahr deutlich ausweiten. Die Raiffeisenbanken Rheinbach-Voreifel und Rosbach, die VR-Banken Bonn und Rhein-Sieg sowie die Volksbank Köln-Bonn steigerten ihr gemeinsames Kreditvolumen um 7,7 Prozent auf 6,26 Milliarden Euro. Dabei profitierten die Institute nach Angaben von Vorstandschef Pütz zum einen von der weiterhin hohen Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen. Zum anderen stieg die Investitionsfreudigkeit der Unternehmen in der Region dank der anhaltend guten Konjunktur, vor allem im Handwerk und in der Baubranche.

Dem Einzelhandel macht die Konkurrenz im Internet besonders zu schaffen. Hier beobachten die genossenschaftlichen Finanzexperten eine geringe Bereitschaft zu Investitionen. Insgesamt sind die Bankkunden finanziell so gut gestellt, dass die genossenschaftlichen Institute nach eigenen Angaben „kaum nennenswerte Ausfälle“ bei den verliehenen Summen zu beklagen haben. Auch deshalb lasse sich „trotz chronischer Minizinsen und harter Regulierung im Bankgeschäft noch Geld verdienen“, so Pütz.

Geldinstitute setzen auf Sparkurs

Allerdings setzen auch die genossenschaftlichen Institute auf einen Sparkurs. Zwar ist die Zahl derer, die bei einer der fünf Genossenschaftsbanken einen Arbeitsplatz haben, mit 1700 Beschäftigten im vergangenen Jahr konstant geblieben. Damit zählt die Bankengruppe zu den größten Arbeitgebern in der Region. Jedoch sollen künftig durch Fluktuation frei werdende Stellen weitgehend eingespart werden. Allein die Fusion der Volksbank Bonn/Rhein-Sieg mit der Kölner Bank hat dazu geführt, dass bis Ende 2021 rund 100 Stellen nicht neu besetzt werden sollen.

Die Zahl von 120 Geschäftsstellen der Genossenschaftsbanken in Bonn, Köln und dem Rhein-Sieg-Kreis soll stabil bleiben. Doch müssen sich die Kunden teilweise mit einem reduzierten Angebot in den Filialen begnügen. „Die ganz überwiegende Mehrheit der Bankgeschäfte wird von unseren Kunden online abgewickelt“, sagt Pütz. Trotz des Onlinetrends ist Bargeld bei den Kunden sehr beliebt. Die durchschnittliche Abhebesumme an den 269 Geldautomaten sei auf 199 Euro gestiegen, sagte Pütz. Neue Angebote, wie das Geldabheben beim Einkauf an der Supermarktkasse, hätten sich bisher nicht durchgesetzt.

Insgesamt ist die Bilanzsumme der fünf regionalen Genossenschaften auf 9,45 Milliarden Euro gestiegen, das sind 4,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Auf den Kundenkonten lag eine Summe von 7,42 Milliarden Euro in Form von Sicht-, Termin- oder Spareinlagen. Die niedrigen Zinsen führten zu steigender Nachfrage im Wertpapiergeschäft: Der Bestand der Genossenschaftskunden an Aktien und Fonds stieg 2017 um 7,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf einen Wert von insgesamt 3,34 Milliarden Euro.