Feierliche Eröffnung im Münster mit Hochamt und Kunstausstellung

Mit fast Corona-Abstand in der Ausstellung: Stadtdechant Wolfgang Picken und Walter Smerling, Vorsitzender der Stiftung Kunst und Kultur. Foto © Peter Köster

Fast fünf Jahre hatte die Schließung des Bonner Münster gedauert. Mit einem Festhochamt und einer Kunstausstellung wurde nun die feierliche Wiedereröffnung der Basilika begangen. „Licht und Transparenz“, unter diesem Titel haben sich fünf renommierte Künstlerinnen und Künstler zusammengefunden, die Hauptkirche Bonns bis zum Januar 2022 mit erlesener Kunst zu bespielen. Das ganze findet statt als Kooperation zwischen der Münstergemeinde und der Stiftung für Kunst und Kultur. Gezeigt werden zeitgenössische Werke von Monica Bonvicini, Anthony Cragg, Heinz Mack und Mariele Neudecker und Gerhard Richter.

„Bonns geistliches Zentrum“

Die Ausstellung solle neugierig machen auf  „Bonns geistliches Zentrum“, sagte Stadtdechant Wolfgang Picken vor der Presse. Picken wollte die Kirche nicht nur mit der alten Kunst vom 12. bis 19. Jahrhundert eröffnen, das wäre eine „falsche Botschaft“. Vielmehr wollte er den „modernen Menschen“ etwas bieten, womit sie sich auseinandersetzen: zeitgenössische Kunst. „In einer Zeit der zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung und Sprachlosigkeit reicht es nicht aus, eine Kirche nur zu restaurieren – Kirche muss sich auseinandersetzen.“ „Die Ausstellung Licht und Transparenz bildet den genialen Auftakt dazu.“

Zentrale Plätze der Basilika

Obwohl nicht immer einer Meinung, arbeiteten Münstergemeinde und Stiftung für Kunst und Kultur bei dem Projekt „Kunst und Kirche“ konstruktiv zusammen“, bekannte Stiftungsvorsitzender Walter Smerling. Dieser hatte fünf Künstlerinnen und Künstler für den Kirchenraum vorgeschlagen, die aber, wie er einräumte, ganz unterschiedlich auf die Idee reagierten, im Münster auszustellen. „Anthony Cragg, der den Bonnern vor allem wegen seiner Skulptur „Mean Average“ auf dem Remigiusplatz in Erinnerung sein dürfte, wollte sich mit seiner Kunst nicht aufdrängen, lieber weniger als mehr zeigen.“  Und jetzt besetze er die zentralen Plätze der Basilika. Eine seiner abstrakten organischen Figuren, „Lost in thought“, stehe neben dem Allerheiligsten im Altarraum. „Craggs Skulpturen laden uns ein, das Leben und die Gesellschaft so ganz anders zu reflektieren, als wir es vielleicht gewohnt sind. Seine Objekte sind präzise, sinnlich und zugänglich. Und stellen doch zugleich die üblichen Kategorien der Zweckmäßigkeit oder des Erfolgs infrage. So eröffnet er uns neue Wege, über das Dasein nachzudenken  und Verhalten zu hinterfragen.“

Heinz Mack Ohne Titel („Große Chromatische Konstellation“), 2020 Acryl auf Leinwand, 320 x 416 cm Courtesy Atelier Prof. Heinz Mack © Heinz Mack und VG Bild-Kunst, Bonn 2021 Foto-Credit: Stiftung für Kunst und Kultur Bonn/Stadtkirche Bonn. Foto © Peter Köster

ZERO-Mitbegründer Mack

Nächste im Bunde ist Monica Bonvicini. Sie nehme laut Smerling in ihrer Kunst kein Blatt vor den Mund. Klarheit, Wahrheit, Offenheit. Das seien ihre Anliegen. „Mit ihren Installationen führt sie uns vor Augen, warum das Licht in die Welt gekommen ist: nämlich, um sichtbar zu machen, zu beleuchten, zu erhellen. Wohl wissend, dass man sich von seinem Schein auch blenden lassen kann.“ Monica Bonvicini hat ihre „Rippings“, 17 schlanke Leuchtkörper, links vor dem Altarraum  über einen Sarkophag gehängt und taucht die sonst eher dunkle Seitenkapelle in gleißendes Licht. „Ganz in seinem Element ist in dieser programmatischen Ausstellung Heinz Mack. Licht war und ist bis heute das zentrale Thema seines künstlerischen Wirkens. Seiner vitalen Energie und optimistischen Grundhaltung kann man sich kaum entziehen. Der ZERO-Mitbegründer Mack brachte einst das Licht in die Wüste. Seine leuchtenden Farben bleiben Hoffnungsträger in der Düsternis.“

Kreatur als Teil der Natur

Die Kreatur als Teil der Natur, dies in Einklang zu setzen, ist die Botschaft der Werke von Mariele Neudecker. Smerling: „Sie konserviert Landschaften auf eine geradezu entrückte, aber auch verstörende Weise. Die Künstlerin konfrontiert uns damit nicht nur mit Fragen nach der Verantwortung für die Umwelt. Sondern womöglich auch mit dem einsamen Stand unserer Spezies inmitten der Schöpfung.“ Und nicht zuletzt Gerhard Richter – der große Maler unserer Nation! Zu ihm erübrigen sich eigentlich alle Worte. Wie auch zu dem Werk, „11“ das er uns für diese Ausstellung zugedacht hat. Dass Richter uns ausgerechnet eines seiner Kerzen-Bilder sendet, das ist eine wahrhaft wunderbare Geste.“ Gerhard Richter hatte im Gespräch mit Smerling die naheliegende Idee, eines seiner Kerzenbilder in den Kirchenraum zu hängen. Einziges Problem, er hatte keines mehr aus der Serie von 1982. Also ging Smerling bei potenziellen Leihgebern auf die Suche. Niemand sah sich in der Lage, seine „Richter-Kerze“, auszuleihen. Schließlich hatte das  Kunstmuseum in Saint-Étienne ein Einsehen, so dass nun drei Monate lang die „Kerze“ in der Basilika erstrahlt.

„Carmina Burana“ von Karl Orff

Wie groß das kulturelle Interesse am „neuen“ Münster bereits ist, zeigen Einrichtungen wie das Theater Bonn, das in der Bonner Hauptkirche an drei Terminen (10. November, 19.30 Uhr,  21. November, 18 Uhr und 17. Dezember, 16 Uhr, die „Carmina Burana“ von Karl Orff zur Aufführung bringt. Geplant ist ferner am 1. Dezember ein Wandelkonzert des Beethoven-Orchesters unter Leitung von Dirk Kaftan. Titel „Licht – Transparenz – Nähe“.  Nicht zuletzt hat auch das Beethovenfest sein Interesse signalisiert. Darüber hinaus sollen auch weitere Kunstschauen im Münster präsentiert werden. Peter Köster

Tony Craggs organische Figur „Lost in thought“ im Altarraum.
Foto © Peter Köster