Farbig und vielschichtig zeigt sich das Jahresprogramm im Arp Museum

Sophie Taeuber-Arp, Komposition mit Kreisen und Halbkreisen | 1938 Sammlung Arp Museum Bahnhof Rolandseck.

Farbig und vielschichtig zeigt sich das Jahresprogramm im Arp Museum

Remagen. „RRRRReality. Franziska Nast“ unter diesem Titel startet das Arp Museum das Ausstellungsjahr 2023. Vom 26. Februar bis 17. September verwandelt die Hamburger Künstlerin Nast mit einem „überwältigenden All-over aus Tätowierungen, Videos, Skulpturen bis hin zu Mode“ das Remagener Haus „in einen dynamischen Kosmos.“

Erste große Museumsausstellung

Das Thema der Transformation steht im Mittelpunkt der ersten großen Museumsausstellung von Franziska Nast (*1981). Mit einer Skulptur am Rhein und einer Hochdruckreinigerzeichnung vor dem Eingang werden die Besucherinnen und Besucher empfangen und in den Neubau von Richard Meier geleitet. Dort begegnen sie den beiden bereits 2012 von Franziska Nast gestalteten hohen Säulen, die sie mit symbolhaften Zeichnungen und Verweisen tätowierte. Diese Arbeit bildet den Grundstein ihrer einzigartigen Rauminszenierung aus Zeichnungen, Laserkopien auf Reispapier, Tätowierungen auf Haut, Papier und Kunststoff, Skulpturen, Fotografien, Videos, Textilen und keramischen Werken, Upcycling-Kleidung ihrer Marke „Fack Fushion“ und Relikten performativer Aktionen.

Stets neue Gestaltungen

Mit großer Experimentierfreude entwickelt Franziska Nast stets neue Gestaltungen aus unterschiedlichsten Materialien und Praktiken. Innerhalb dessen kommt der Sprache eine besondere Bedeutung zu. Umgangssprachen, Wort (Er-)findungen, WhatsApp-Konversationen und Textfragmente werden zu neuen und subversiven Gebilden, Sätzen und Geschichten formiert. Die Ausstellungskonzeption greift Themen wie Entwurzelung, Pflanzen als Sehnsuchtsmotiv, Architektur, Räume und Körper, Familie, Liebe und Sexualität, Geburt und Tod auf.

Wechsel in die Kunstkammer Rau

Vom 16. April bis 20. August verlagert sich das Geschehen in die Kunstkammer Rau. „Goldene Zeiten der holländischen Malerei. Die Sammlung Kremer trifft Sammlung Rau“, ist die Ausstellung überschrieben. Kaum eine Epoche ist reicher an Kunst als das Goldene Zeitalter der Niederlande, in dem Holland zur See- und Handelsmacht aufstieg. Zahlreiche bis heute unvergessene Maler schufen eine Fülle von Bildern, die aus diesem kulturellen Reichtum schöpft. Die Ausstellung erzählt von zwei Privatsammlungen, in denen die niederländische Malerei einen hohen Stellenwert einnimmt. Das erste Gemälde, das Gustav Rau 1958 erwarb, war eine „Alte Köchin“ von Gerrit Dou, das erste Sammelstück von George und Ilone Kremer ist ein frühes Meisterwerk Rembrandts, das sie 1995 kauften. Das Arp Museum zeigt das „Who is Who“ der niederländischen Barockmalerei von Rembrandt, ter Brugghen, Hals, Leyster bis zu Dou. „Tot lering en vermaak“ – zum Studium und zum Vergnügen – wurde die Kunst des Goldenen Zeitalters geschaffen.

Museum zeigt die Namenspatrone

Ab dem 14. Mai stellt das Museum die beiden Namens-Patrone aus. Die Schau trägt den Titel: „Kosmos Arp Sophie Taeuber-Arp und Hans Arp – ein Künstlerpaar der Avantgarde“. Wie kaum ein anderes Paar beeinflussten Sophie Taeuber-Arp und Hans Arp die Kunst ihrer Zeit, für die sie angesichts der großen gesellschaftlichen Fragen des 20. Jahrhunderts einen radikalen Neuanfang suchten. Hans Arp schuf herausragende Werke der organischen Abstraktion. Die Natur war ihm stete Quelle der Inspiration für seine Plastiken, Reliefs und Papierarbeiten. Ebenso begeistert er immer noch mit seinen avantgardistischen Sprachspielen, die im schöpferischen Wirkungskreis von Dada und Surrealismus entstanden. Sophie Taeuber-Arp zählt mit ihren aus geometrischen Formen entwickelten Werken zu den Pionierinnen der modernen Kunst. Als Malerin, Textilgestalterin und Architektin prägte sie eine neue Einheit von bildender und angewandter Kunst.

Rembrandt van Rijn, Büste eines alten Mannes mit Turban ca. 1627–28 | The Kremer Collection | Foto: The Kremer Collection

Breites Panorama

In Leben und Wirken der Beiden manifestieren sich außergewöhnlich früh bis heute relevante Themen wie Pazifismus, Gleichberechtigung und Ökologie. Im lichten Neubau von Richard Meier zeigt die neue Dauerausstellung die Entwicklung der beiden künstlerischen Werke mit Blick auf ihre große, innovative Strahlkraft, die bis in die Gegenwart wirkt. In einem Rundgang verdichten sich ihre Lebenswege, kreative Meilensteine und historische Querverweise zu einem breiten Panorama.

Religiöse Kunst

„Heilige Körper“, ist die vom 3. September bis 4. Februar 2024 dauernde Ausstellung überschrieben. Im Zentrum stehen rund 60 Werke der religiösen Kunst der Sammlung Rau, die einen wichtigen Schwerpunkt innerhalb der Sammlung darstellt. Das Leben Jesu ist in mannigfachen Beispielen durch alle Jahrhunderte hindurch reich vertreten. Zum einen sind das die innigen Mutter-Kind-Darstellungen der Kindheit, zuAm anderen ist es der ‚geworfene‘ verletzte Körper, das Opfer Christi, das ins Blickfeld rückt. Maler und Bildhauer aller Epochen fanden auf die Frage nach dem Verhältnis von Leiblichkeit und Spiritualität eindrucksvolle Antworten in ihren bildhaften Interpretationen und Ausgestaltungen der Heiligen Schrift. Bis hin zu Vorstellungen einer haptischen Verehrung reichen die Darstellungen Heiliger Körper der verkündenden Evangelisten und Kirchenväter.

Installativer Kosmos

Das Ausstellungsjahr beschließt Christiane Löhr. (*1965). Sie wird vom 8.Oktober bis zum 28. Januar 2024 in Remagen gastieren. Die Künstlerin, sie lebt und arbeitet in Köln und Prato Italien), schafft einen einzigartigen skulpturalen und installativen Kosmos mit Materialien aus der Natur. Organische Elemente wie Flugsamen, Pflanzenstängel, Kletten, Baumblüten, Pferde- und Hundehaar nutzt sie als Konstruktionsmaterial für ihr organisch-abstraktes Formenrepertoire. Sie transformiert das natürliche Material, ohne es strukturell zu verändern, in neue skulpturale Ordnungen, die Assoziationen an Architekturen, Landschaften oder auch Behältnisse zulassen.

Dialog mit der Architektur

Die Dimension ihrer Arbeiten bewegt sich von Miniaturen bis hin zu Großformaten, die einen Dialog mit der Architektur eingehen, große Flächen umspannen und Räume neu bestimmen. Je nach Beschaffenheit des sorgfältig von ihr „geernteten“ Materials entstehen feinste wie auch kompakte Gebilde, die in ihrer bisweilen flächigen wie auch voluminösen Ausdehnung an natürliche Wachstumsprozesse erinnern. Einzeln oder auch als Gruppe werden sie auf Sockeln arrangiert und beleben Wände, Decken und Böden. Ihre künstlerischen Fragestellungen zu Fläche und Raum sind ebenfalls Bestandteil ihrer Zeichnungen. Mit Ölstift, Tusche und Graphit schafft sie lineare Kompositionen, die sich wie Pflanzen- und Blattadern von der Bildmitte bis hin zum Bildrand dynamisch ausbreiten. Christiane Löhr bezeichnet dies als ein „Ausströmen“. Neben Pinsel und Stift setzt sie auch direkt ihre Hände bzw. Finger ein, um das Material förmlich in das Blatt einzureiben. Neben einer Auswahl von unterschiedlichen Skulpturen, Wandarbeiten und Zeichnungen, wird die Künstlerin für die Ausstellung im Dialog mit den lichtdurchfluteten Räumen Richard Meiers, eine großangelegte Decken-, Wand und Bodenarbeit entwickeln. Peter Köster