Buch von und über ‚Retti‘ – Kultperson am Nürburgring

Emerson Fittipaldi blieb ohne Sprit auf der Rennstrecke liegen. Es gab Sprit von ‚Retti‘ und ein Dankeschön von ‚Fitti‘ (Aufnahme Retterath).

Er ist eine Institution in der Nürburgring-Ära und seine Tankstelle ist Kult. Wer am Nürburgring tanken will oder einen Cappuccino mit einem Brötchen zu sich nehmen möchte, der fährt zu „Retti“ (sein voller Name Hans Joachim Retterath – 70). Und wenn er Glück hat, dann gibt es noch eine Nürburgring-Anekdote. Es gibt wohl niemanden am Nürburgring, der die Szene besser kennt als der Tankstellen- und Hotelbesitzer in Meuspath; Luftlinie nur 50 m vom Streckenabschnitt „Döttinger Höhe“ entfernt.

Buch von und mit Retti

Nun gibt es ein Buch über ‚Retti‘ erschienen in Eigenregie. Dort wird zunächst die Historie der legendären Tankstelle aufgezeigt und dann folgen unzählige Anekdoten. Bemerkenswert ein Vorwort von Ex-Rennfahrer Kurt Ahrens (jun.), der schon 1958 im Hotel ‚Döttinger Höhe‘ übernachtete und ständiger Gast des Hauses war und immer noch ist.

Fittipaldi ohne Sprit

Hans-Joachim Retterath betankte gerade ein Fahrzeug und hörte, wie nebenan auf der Rennstrecke ein Rennwagen liegenblieb, nachdem der Motor vorher „stotterte“. Retti eilte zur Rennstrecke (es gab damals noch keinen 4 m hohen Sicherheitszaun) und erkannte den F1-Weltmeister Emerson Fittipaldi (Brasilien). Er war beim Training auf der Nordschleife wegen Spritmangel liegen geblieben.

Retti holte in einem roten Reservekanister 5 Liter Benzin und der F1-Lotus wurde betankt und Fittipaldi konnte weiterfahren. Vorher wurde aber noch ein Foto gemacht. Das Foto versah Emerson Fittipaldi später mit einer persönlichen Widmung und es gehört heute zu den vielen persönlichen Exponaten des Tankstellenbesitzers.

‚Retti‘ mit dem legendären Kanister für Weltmeister Emerson Fittipaldi

Rainer Braun und das Telefon

Rainer Braun war ein bekannter Streckensprecher am Ring und Journalist bei der Auto- Zeitung in Köln. „Der hatte ja nie Geld“, so ‚Retti‘. Das war wohl auch in der Anfangszeit des jungen Braun der Fall.

Ich zitiere einfach mal aus dem „Hallo Fahrerlger 3“-Buch von Rainer Braun, zu dem ich heute als Kollege im Verband der Motorjournalisten (VdM) einen ‚guten Draht‘ habe:
„Der Braun war früher für uns fast eine Geschäftsschädigung, weil er unsere Telefonleitung immer quälend lange blockiert hat. Mein Vater war so gutherzig und hat ihm einmal erlaubt, seinen Rennbericht an die Sportagentur ‘sid’ durchzugeben. Seitdem stand der Kerl an fast allen Rennsonntagen abends auf der Matte und telefonierte bis zu einer dreiviertel Stunde. Das Schlimmste war aber, dass wir daran noch nicht mal, was verdient haben. Der Schlaubeutel hat nämlich nur eine Einheit für den Lockruf bezahlt und ließ sich dann unter unserer Nummer zurückrufen. Damals konnte man ja mit Telefoneinheiten noch richtig Geld machen. Und getankt oder was verzehrt hat er übrigens auch nicht“.

Nicht nur Benzin

Das Hotel und die Tankstelle betreibt Hans-Joachim Retterath mit seiner Frau Annette. Verkauft wird nicht nur Sprit, sondern alles, was mit dem Nürburgring zu tun hat – und der Tankstellenbesitzer hat da immer tolle Ideen, was man alles an Motorsportfans verkaufen kann: Bücher, Rennwagenmodelle, „Ringkleidung“, Aufkleber und vieles mehr. Gag war ein rotes Verkehrsschild mit der Zahl 250; es stand im Original nach dem tödlichen Unfall beim VLN-Lauf im Frühjahr 2015. Im Streckenabschnitt ‚Flugplatz‘ so manch ein Fan hat es gekauft und es wird wohl in einer Bar oder sonst wo die Wand verzieren.

Ich fahre auch gerne mal zur Tankstelle, um im Bistro während eines VLN-Laufs das F1-Qualifying am Samstagnachmittag anzuschauen. Übrigens werden (fast) alle Ereignisse/ Rennen vom Nürburgring live ins Bistro übertragen.

Und wenn man Glück hat, hat der immer gestresste ‚Retti‘ auch mal Zeit, das Rennen oder die Ereignisse am Nürburgring zu kommentieren. So hatten auch die Mitglieder des Regionalkreises West beim Besuch des Nürburgrings mit mir mehrere Male die Gelegenheit, morgens beim Frühstück mit ‚Retti‘ zu diskutieren. Da kam Freude auf!

Anlaufstelle für Motorsportfans

Für unzählige Menschen – Rennfahrer und Sponsoren, Teamchefs und Automanager, Journalisten und Mechaniker, Touristen und Fans – ist die Döttinger Höhe im Laufe ihres 90-jährigen Bestehens zum Anlaufpunkt von Rang geworden: entweder um dort zu tanken, zu essen, zu schlafen oder sich mit Campingzubehör einzudecken. Die Kombination aus Tanke, Treffpunkt und Gastronomie ist überdies einmalig am Ring, und das wussten auch Rennsportgrößen zu schätzen – so z.B. Graf Trips, die Formel-1-Weltmeister Alain Prost und Michael Schumacher. ‚Retti‘ und seine charmante Frau Annette haben große Freude, wenn ehemalige und aktuelle Rennsportprominenz in ihrer Tankstelle ebenso ein- und ausgehen wie Größen aus dem Ring-Umfeld – und der ganz normale Fan, der auf ein Schnitzel mit Fritten hereinkommt. Alle sind herzlich willkommen!
„Döttinger Höhe“ – ISBN: 978-3-00-068613-9, Preis: 29,90 Euro, Edition Döttinger Höhe
Zu bestellen bei: www.imd-motorsport.de, Tel. (0 22 93) 90 20 58 oder direkt im Tankstellen-Shop der Döttinger Höhe bei Hans-Joachim und Annette Retterath, an der B 258 53520 Döttinger Höhe.

Das Buch über ‚Retti‘ und der Kulttankstelle ‚Döttinger Höhe‘ (Ridder)

Ridder