„Bitte Seid Menschen“ | Holocaust-Überlebende Margot Friedländer im Alter von 103 Jahren gestorben

Scott-Hendryk Dillan (Diskussion), Margot-Friedlander, Foto in s/w umgewandelt von KABINETT, CC BY-SA 3.0 DE

Margot Friedländer (geb. Anni Margot Bendheim)

05. November 1921 – 09. Mai 2025

Mit großer Trauer, aber auch tiefer Dankbarkeit gedenken wir Margot Friedländer, die am 09. Mai 2025 im Alter von 103 Jahren in ihrer Geburtsstadt Berlin von uns gegangen ist. Ihr Leben, geprägt von unerschütterlichem Mut und der unermüdlichen Kraft des Erinnerns, bleibt uns Vorbild und Mahnung zugleich.

Kindheit und Jugend

Anni Margot Bendheim wurde am 05. November 1921 in Berlin geboren. Schon in jungen Jahren erfuhr sie die wachsende Gefahr, als ihre Familie vergeblich versuchte, dem nationalsozialistischen Terror zu entkommen.

Verfolgung und Überleben

1943 verlor sie mit der Verhaftung ihres Bruders Ralph und der freiwilligen Übergabe ihrer Mutter an die Gestapo die letzten Rückhaltspunkte. Die mahnenden Worte ihrer Mutter, „Versuche, dein Leben zu machen“, wurden zu Margots Lebensprinzip. Über 15 Monate lang versteckte sie sich in 16 verschiedenen Berliner Unterkünften. 1944 entdeckten NS‑„Greifer“ ihr letztes Versteck, und sie wurde nach Theresienstadt deportiert. Im Lager begegnete sie Adolf Friedländer, den sie 1945 heiratete.

Neuanfang in Amerika

Nach ihrer Befreiung wanderten Margot und Adolf Friedländer 1946 in die USA aus. In New York nahm sie die US‑Staatsbürgerschaft an und arbeitete zunächst als Schneiderin, später als Reiseagentin. Erst nach dem Tod ihres Mannes 1997 begann sie, ihre Erlebnisse aufzuschreiben und in zahlreichen Vorträgen zu teilen.

Rückkehr und Wirken als Zeitzeugin

2003 kehrte Margot Friedländer erstmals nach Berlin zurück. 2010 ließ sie sich dauerhaft in ihrer Heimatstadt nieder und erhielt die deutsche Staatsbürgerschaft zurück. Ihre Autobiografie Versuche, dein Leben zu machen (2008) wurde ein Meilenstein der Erinnerungskultur. Als gefragte Zeitzeugin berichtete sie an Schulen, Universitäten und bei öffentlichen Veranstaltungen eindrücklich von den Schrecken des Holocaust und appellierte an Zivilcourage und Menschlichkeit.

Auszeichnungen und Ehrungen

  • Bundesverdienstkreuz am Bande (2011)

  • Ehrenbürgerin von Berlin (2018)

  • Bundesverdienstkreuz 1. Klasse (2023)

  • Berliner Bär (2024)

  • Mevlüde‑Genç‑Medaille (2024)

  • Sonderpreis des Westfälischen Friedens (2025)

Zudem wurde 2014 der Margot‑Friedländer‑Preis ins Leben gerufen, um junge Menschen im Kampf gegen Antisemitismus zu stärken.

Letzter öffentlicher Auftritt

Am 07. Mai 2025 erinnerte sie im Roten Rathaus an den 80. Jahrestag des Kriegsendes – ein bewegendes Plädoyer für Mitmenschlichkeit.

Vermächtnis

Margot Friedländer hinterlässt uns das unerschütterliche Zeugnis eines Lebens, das der Erinnerung an unvorstellbares Leid gewidmet war. Ihr Mut und ihr Engagement mahnen uns, aus der Geschichte zu lernen und uns heute gegen Hass, Ausgrenzung und Intoleranz einzusetzen. Ihr Vermächtnis wird weiterwirken, solange wir das Wort ergreifen und das Erinnern lebendig erhalten.

Möge ihr Andenken uns alle dazu inspirieren, unser Leben in Verantwortung, mit Mitgefühl und Menschlichkeit selbst zu gestalten.“

In ehrendem Gedenken an Margot Friedländer.