Beethoven-Haus erwirbt bedeutenden Beethoven-Brief

Ausschnitt des Briefes von Ludwig van Beethoven an Maria Eleonora Gräfin Fuchs, Januar 1813; Beethoven-Haus Bonn

Im Wiener Auktionshaus Dorotheum konnte das Beethoven-Haus jüngst einen bedeutenden Beethoven-Brief erwerben. Die Neuerwerbung wurde durch die Förderung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters, des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen sowie der Kulturstiftung der Länder ermöglicht.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters: „Der Erwerb dieser autographen Kostbarkeit ist ein eindrucksvolles Beispiel für den vertrauensvollen kooperativen Föderalismus, dem die Kulturlandschaft in Deutschland ihren Reichtum verdankt. Er unterstreicht die Rolle des Beethoven-Hauses – auch mit Blick auf das 250. Beethoven-Jubiläum im Jahr 2020 – als Ort der umfassenden Pflege und Vermittlung von Beethovens Werk, das zum nationalen Kulturerbe Deutschlands gehört. Deshalb unterstützt der Bund den Ankauf dieser kulturhistorisch wichtigen Originalhandschrift.“

Adressiert ist der im Januar 1813 verfasste Brief an Maria Eleonora Gräfin Fuchs, geborene von Gallenberg (1786–1842). Sie war die Schwägerin von Giulietta Guicciardi, in die sich Beethoven 1801/1802 verliebt hatte und die maßgeblich zur Überwindung seiner ersten schweren Lebenskrise beitrug. 1801/02 hatte Beethoven erkannt, dass seine Schwerhörigkeit unabänderlich zunehmen würde und fühlte sich dadurch sozial isoliert. Er trug sich mit Selbstmordgedanken, war aber gleichzeitig kompositorisch überaus produktiv.

Als Beethoven 1813 den jetzt erworbenen Brief verfasste, befand er sich neuerlich in einer schwierigen Lebenslage und berichtet der Gräfin darüber. Diesmal hatte er mit einer Schaffenskrise zu kämpfen. Er war vergleichsweise sehr unproduktiv. Die Werke, die er in dieser Zeit komponierte, waren überwiegend Gelegenheitswerke, die mit den politischen Ereignissen zu tun hatten (z.B. Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria op. 91). Sie erfüllten ihren spezifischen patriotischen Zweck und brachten Beethoven damit auf den Zenit seines öffentlichen Ruhmes. Kompositionstechnisch betrachtet waren sie jedoch zweitrangig. Hinzu kamen reine Brotarbeiten wie Volksliedbearbeitungen für einen Verleger in Edinburgh. Gleichzeitig war diese Krise jene Zeit, in der sich Beethovens Spätstil auszuprägen begann, der sich in zahlreichen Meisterwerken niederschlagen sollte. „Insofern ist dieser Brief, in dem Beethoven seine Befindlichkeit zu dieser Zeit offenbart, hochinteressant“, freut sich Kustos Michael Ladenburger über die Neuerwerbung.

Beethoven schreibt in dem neuerworbenen Brief:

Meine liebe Gräfin!
wie leid thut es mir nicht ihrer Einladung folge leisten zu können, allein ich habe eben etwas sehr dringendes zu schreiben, denn leider ist dieses das einzige, was mir übrig bleibt troz allen Aufopferungen, die ich gemacht, wenn ich nicht vor Hunger umkommen will – und einen meiner Unglücklichen kranken Brüder nicht ebenfalls Umkommen laßen will –
In einer solchen Unverschuldeten lage ist man nicht aufgelegt Unter Menschen zu seyn. […] Mein Kopf ist unermüdet, meinen jezigen Zustand wieder zu verbessern, und ist das einmal der Fall, dann sehn sie mich einmal wieder bey ihnen Mit einem überall zerrissenen Herzen auf sich selbst zurück gewiesenen Menschen ist in Gesellschaft nichts anzufangen.
ihr Freund Beethowen

Mit über 700 Briefen verfügt das Beethoven-Haus Bonn weltweit über die größte Sammlung an Beethoven-Briefen. Zu verdanken ist dies vor allem dem Schweizer Hans Conrad Bodmer, der seine umfangreiche Sammlung 1956 dem Beethoven-Haus vermachte. Durch weitere Ankäufe in den Folgejahren wuchs die Briefsammlung beständig weiter. Sie umfasst zahlreiche sehr kurze Mitteilungen von Beethoven, aber auch aussagekräftige Briefe an Geschäftspartner und Freunde, die Auskunft über seine Situation als Komponist und Mensch geben.

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