Brühl. Das Max Ernst Museum nimmt Kurs aufs digitale Zeitalter. Dies beweist die aktuelle Ausstellung „Surreal Futures“, die bis zum 28. Januar in Brühl gezeigt wird.
Über Instagram eingeladen
Erstmals in der 18. jährigen Historie des Museums vollzieht sich im sonst bekannten Ausstellungsprogramm
des Brühler Hauses eine Art Paradigmenwechsel. „Ja dies ist ein Experiment und wir wissen noch nicht genau ob und wie wir das ganze als Referenz weiterführen“, erklärt Kurator Patrick Blümel. Die neue Ausstellung „Surreal Futures“, vereint insgesamt 30 internationale Positionen. Interessant, wie Blümel die aus 19 Ländern stammenden Künstlerinnen und Künstler für sein Projekt gewinnen konnte. „Ich habe einige von ihnen über Instagram eingeladen.“ Gezeigt werden zum Teil KI-generierte oder aus dem 3-Drucker stammende Reality-Kunstwerke, interaktive Videoarbeiten, Virtual und Augmented hybriden Rauminstallationen, digitale Collagen sowie multimediale Performances. Die Künstlerinnen und Künstler gehen mit der Ausstellung „Surreal Futures“ den drängenden Fragen des 21. Jahrhunderts nach, etwa im Hinblick auf die Auswirkungen der Globalisierung, der Digitalisierung und der Klimakrise, auf postkoloniale Veränderungen und zunehmende Diversität. Sie zeigen den Surrealismus als aktuelle, über die Realität hinausträumende Kunst, die Veränderungen in unserer Lebenswelt reflektiert und spekulative Zukunftsszenarien entwickelt.
Zeitgenössische Arbeiten in der Sammlung Max Ernst
Erstmals werden in der Ausstellung auch vermehrt zeitgenössische Arbeiten in der Sammlung neben den Werken von Max Ernst unter dem Titel „Pasts Presents Futures“ präsentiert. Unter dem Blickwinkel aktueller Fragestellungen wird so ein Dialog zwischen Max Ernst und zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstler geschaffen. So erforscht z.B. Tim Berresheim in seiner 3-D-Wandgestaltung „Mondmilch Bocksteinhöhle“ die räumlichen Grenzen digitaler Ästhetiken. In „der digitalen Höhle“ begegnet man futuristischen Körperkonstruktionen des barocken Malers Giovanni Battista Bracelli, die 1624 unter dem Titel „Bizzarie di varie figure“ erschienen sind. Zu sehen sind menschliche Figuren, deren Körper aus meist abstrakten Ojekten wie Rauten, Ringen und Rechtecken bestehen, aber auch aus aus Tennisschlägern, Schrauben und architektonischen Elementen. Cyprien Gaillard bezieht sich mit seiner Installation „L’Ange du foyer“ auf das gleichnamige Gemälde von Max Ernst aus dem Jahr 1937, schreibt es medial fort und überführt es in die Gegenwart.
Frottage-Technik
Für Kurator Patrick Blümel ist Max Ernst ein „protodigitaler Künstler“, der analoge Techniken für Arbeitsschritte, die heute durch digitale Technologien alltäglich sind, nutze. Seine Frottage-Technik sei eine Art Vorläufer des Scan-Verfahrens. „Gleichzeitig ist unsere Realitätserfahrung heute durch die digitalen Technologien surreal geworden. Fiktion und Realität verschmelzen zur Hyperrealität“. Blümel war es wichtig, „multiperspektivische Arbeiten aus der digitalen Kunst zu zeigen und damit zu vermitteln, inwiefern der surrealistische Impuls aus dem Werk von Max Ernst in den Medien unserer modernen Wirklichkeit aufgegriffen wird.“ Peter Köster