Das Verborgene Museum zu Gast in „Der Berlinischen Galerie“

„Kleine Liegende“, um 1950, Bronze, 16 x 35 x 16cm, Foto: Friedhelm Hoffmann © Nachlass Louise Stomps

Erste Retrospektive der Berliner Bildhauerin Louise Stomps.

Berlin. Das Verborgene Museum gastiert vom 15. Oktober bis 17. Januar 2022 in der „Berlinischen Galerie“. Anlass ist die erste Retrospektive der Berliner Bildhauerin Louise Stomps. Mit annähernd 90 Skulpturen gibt die Ausstellung Einblick in das Lebenswerk einer außergewöhnlichen Künstlerin.
Das menschliche Leid und die schutzlose Kreatur sind für die Berliner Bildhauerin Louise Stomps (1900 – 1988) ein Leben lang Inspiration ihrer künstlerischen Kreativität. Sie stehen im Mittelpunkt ihres Schaffens, das zwischen den ausklingenden 1920er-Jahren und den späten 1980er-Jahren entstanden ist. Fünf Jahrzehnte vollzieht die Bildhauerin den künstlerischen Prozess vom klassischen Körperbild zur stark abstrahierten Figuration; dabei entwickelt sie sukzessive ihren signifikant eigenen Stil.
Louise Stomps hatte zwar seit 1918 intensiv gezeichnet und modelliert, aber erst zehn Jahre später, nach der Scheidung von ihrem Ehemann, hat sie sich als Mutter zweier Töchter ganz der Kunstausübung gewidmet. Von dem verbreiteten Vorurteil, Künstlerinnen seien doch besser im Kunsthandwerk untergebracht, ließ sie sich nicht entmutigen und nahm zwischen 1928 und 1932 am Unterricht in der Abendaktklasse der „Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Künste“ in Berlin teil; darüber hinaus schulte sie sich bei Milly Steger (1881 – 1948) in der Bildhauerinnenklasse des „Vereins der Berliner Künstlerinnen“.

„Nachdenkende“, 1946/47, Marmor, 31 x 19 x 29 cm, Nachlass Hanna Bekker vom Rath, Foto: Ed Restle © Nachlass Louise Stomps

Rückzug in die innere Emigration

Von ihren Arbeiten der 1930er-Jahre sind infolge von Bombenangriffen auf ihr Atelier während des Zweiten Weltkriegs nur wenige Werke erhalten, so zum Beispiel „Das Paar“ aus Eichenholz (1937), ein Liebespaar in tiefer Verbundenheit nebeneinander kniend noch ganz dem realistischen Menschenbild verhaftet. Diese frühen Ansätze ihrer künstlerischen Bildsprache ließen sich nicht mit der herrschenden Kunstvorstellung im Nationalsozialismus vereinbaren, so dass sie sich in die innere Emigration zurückzog. Nach den am eigenen Leib erfahrenen Erschütterungen während des Zweiten Weltkriegs bot die figurale Abstraktion für Louise Stomps wie für viele Kolleginnen und Kollegen den einzigen Weg künstlerischer Formgebung: Ab den 1950er-Jahren entstehen Figuren mit drohenden, abweisenden oder Angst verbreitenden Gebärden wie „Trauernde“ (1951), „Der Fremde“ (1947), „Gemeinsame Klage“ (1948) oder in direkter Anspielung auf die politischen Ereignisse „Hiroshima“ (1960).

„Sklave“, 1965, Ahorn, 57 x 200 x 40 cm,
Foto: Friedhelm Hoffmann © Nachlass Louise Stomps

Eine Vorliebe für Holz als Material

Louise Stomps‘ Vorliebe für Holz als Material für ihre Natur-Gestalten ist vermutlich durch einen Einschnitt in ihrem Leben ausgelöst worden, als sie 1960 aus Berlin ins bayerische Rechtmehring bei Wasserburg im Inntal eine alte Kumpfmühle aus dem 15. Jahrhundert bezog. Hier lässt sie sich von der Natur als Urquelle alles Lebendigen, von den Hölzern der Buche, Föhre, Eiche, Inn-Eiche, von Apfel, Akazie, Nuss, Birne u.v.m. inspirieren, hier entwickelt sie konsequent ihre Formensprache einer sogenannten figuralen Abstraktion.
In den 1960er-Jahren werden ihre schlanken Figuren, der „Asket“ (1963) oder der „Pilger“ (1966) drei Meter hoch und 1980 entsteht mit 3,20 m „Gilgamesch“, der sich der Sage nach zu einem Drittel menschlich, zu zwei Dritteln göttlich auf die Suche nach der Unsterblichkeit gemacht hat. pk