Dürer: Kunst, Kommerz und Können

Rastender Hund, 1520, heute darf er sich „Aachener Hund“ nennen. Die Zeichnung mit Silberstift ist außergewöhnlich und zeigt das Interesse Dürers entlang seiner Reise an Tieren. © The Trustees of the British Museum

500 Jahre sind vergangen, seit Albrecht Dürer sich auf den Weg von Nürnberg zu den Niederlanden und das Rheinland aufmachte. „Dürer war hier – Eine Reise wird Legende“ lautet der Titel einer Ausstellung, die seit vielen Jahren vorbereitet worden ist und nun im Suermondt-Ludwig-Museum bis zum 24.10.21 in Aachen zu sehen ist.

Die Ausstellung, ursprünglich geplant für eine Eröffnung im Oktober 2020 und pandemiebedingt verschoben, ist Teil der Trilogie „Dürer – Karl V. – Aachen“.  Das Erlebnis heute  im Museum ist das Verweilen in besonderen Farbräumen, die Besucher*innen durch die Ausstellung leiten. Blau, rot, gelb zeigen Epochen auf. Über 190 Exponate  zeichnen den Reiseweg Dürers nach, der auch die Kaiserstadt Aachen in Werken verewigt hat.

Der Reiseweg des Meisters ist  in Abschriften (um 1550) erhalten, nebst Buchhaltung. Schon zu Lebzeiten war Dürer ein berühmter Künstler, der seine Finanzen im Auge behielt. Das sagen Quellen, die in den Reisebüchern nachzulesen sind. Dürer forderte etwa  bei der Krönung  Kaiser Karl V. 100 Gulden  ein. Ein Vermögen. Und Aachen lag auf dem Weg. Es lohnte sich also einen Abstecher zu machen.  „Eine Reise wird Legende“, lautet der passende Untertitel  für Dürer, der alles konnte – und auf viele Maler und Zeichner Einfluss hatte. Manchmal erscheint wenig  Licht auf Zeichnungen und Gemälden zu fallen, umso intensiver wirken aber die Bilder, die im Museum bei näherer Betrachtung glänzen. Früher gab es eben keinen Strom. Das macht den Charme eines Museums aus, das viel Zeit für Betrachtungen lässt.

Gewaltig: Der Heilige Hieronymus in Farbe: © Museu Nacional de Arte Antiga_Lisbon_Portugal Photo © Selva Bridgeman

Peter van den Brink ist Niederländer, Direktor des Museums und Kenner der Zeit zwischen Mittelalter und Renaissance. Er und sein Team haben zahlreiche Leihgaben aus  berühmten Museen zusammengetragen, „die so in der Euregio Maas-Rhein  einmalig sind“, sagt er. Die Leihgaben kommen aus Amsterdam, London, Paris, Antwerpen, Lissabon, New York, Wien  – und aus eigener Sammlung. Rund 90 Meisterwerke Dürers werden 90 Werke von Zeitgenossen und Nachfolgern zur Seite gestellt – Künstler, die Dürer auf seiner Reise traf, und Künstler, die er mit seiner Reise und seiner Kunst inspirierte. Zu diesen zählen u. a. Quinten Massys, Joos van Cleve, Lucas van Leyden, Jan Gossart, Bernard van Orley, Marinus van Reymerswale, Dirk Vellert, Jan Mostaert, Conrad Meit, Hans Hoffmann, Lucas Cranach d. Ä., Hans Holbein d. J. und Jan Brueghel d. Ä.  Diese Bilder und Zeichnungen werden nebeneinander gestellt, verblüffend sind die Vorgaben des Meisters:  schön zu sehen wie es in der Malerei weiterging.

Außergewöhnlich sind die Zeichnungen mit Silberstift, die Dürer auf besonderem Büttenpapier zeichnete. Teuer war das Papier, wage erscheinen die Zeichnungen, die erst nach einer gewissen Zeit sichtbar wurden. Silber auf Papier, kostbar. Ein „Aachener Hund“ zeigt die Liebe zum Detail, „mit vielen Millionen Pfund versichert“, sagte Direktor van den Brink.  Menschen, Tiere (wie ein Walross!) und Skizzen von Orten, alles hat Dürer vor 500 Jahren eingefangen.  „Dürer ist ein Reisender, der den höfischen Machthabern folgt – nach moderner Maßstäben in seiner Vielfalt ein bildender Künstler“, meint Peter van den Brink, der sich fast sieben Jahre auf diese Ausstellung vorbereit hat.  „Wir hatten Zeit, derzeitiges Wissen über Dürer auch wissenschaftlich zu dokumentieren.“ Unter seiner Feder ist ein Katalog entstanden, der neben großformatigen Zeichnungen  26 namhafte internationale Autor*innen in Essays zum Stand der Forschung zu Wort kommen lässt. Es liest sich spannend über fast 690 Seiten.

Info: Das Suermondt-Ludwig-Museum organisiert die Ausstellung gemeinsam mit der National Gallery in London, wo sie im Anschluss (20. November 2021 bis zum 27. Februar 2022) in leicht modifizierter Form unter dem Titel „Dürer´s Journeys: Travels of a Renaissance Artist“ zu sehen sein wird.

Frank Fäller

www.suermondt-ludwig-museum.de

https://www.imhofverlag.de/buecher/duerer-war-hier/