Einzigartig: Die Alanus Hochschule in Alfter

Initiativ, innovativ, einzigartig: Die Alanus Hochschule in Alfter hat Profil – KABINETT sprach mit Rektor Marcelo da Veiga

Die berufliche Leidenschaft von Marcelo da Veiga, Hochschullehrer und Rektor der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter, gilt nicht schnöder Wissensvermittlung. Vielmehr legt der in der brasilianischen Stadt mit dem schönen deutschen Namen Blumenau geborene Philosoph und Bildungswissenschaftler mit deutschen Vorfahren Wert darauf, junge Menschen auszubilden, die  Lösungen für drängende Probleme der Menschheit und der Gesellschaft entwickeln können. Der europäische „Re-Import“ aus Brasilien, wie sich der 51-jährige Vater von drei Kindern selbst humorvoll nennt, wuchs in Deutschland auf, studierte Philosophie, Germanistik und Pädagogik und promovierte mit einer Arbeit über den Einfluss des Philosophen Fichte auf Denken und Lehre des Begründers der Anthroposophie, Rudolf Steiner.

Dessen optimistisches Menschenbild, das trotz der problematischen Seiten der Gattung homo sapiens an deren Entwicklungsmöglichkeiten glaubt, beeindruckte da Veiga tief. „Das Individuum muss den Freiheitsraum selbst füllen. Der Mensch ist ein initiatives Wesen“, lautet das Credo des Wissenschaftlers, der in Brasilien deutsche Sprache und Literatur lehrte und 1999 nach Deutschland zurückkehrte: „Ich hatte eine Tätigkeit auf Lebenszeit und lebte am Meer. Wunderschön, aber ich konnte keine Initiative mehr für die Entwicklung des Menschen zur Freiheit entfalten“.

Als Projektleiter der Software AG Stiftung in Darmstadt war da Veiga mit dem Management von Bildungseinrichtungen befasst. So entstand die Verbindung zur Alanus Hochschule, damals noch ein Weiterbildungsträger. 2002 wurde ihm die Projektleitung zur staatlichen  Anerkennung als Kunsthochschule durch das nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerium übertragen: „Ich hatte den Eindruck, ich schaffe das“.

Das Vertrauen in seine Initiativkraft war gerechtfertigt: er hat es hingekriegt, in sechs arbeitsintensiven Monaten, fast im Alleingang (dies entfällt) und mit viel Idealismus „als gutem Nährboden“. Nach erfolgter Anerkennung im Oktober 2002 wurde da Veiga zum Professor für Bildungs- und Kulturphilosophie und zum Gründungsrektor ernannt

Damals gab es nur Campus I „in nicht ausgebautem Zustand, aber mit großem Potential“.. Im   September 2009 wurde der zweite Campus eröffnet. Hier sind die Sparten Architektur, Wirtschaft, Bildungswissenschaft angesiedelt, während das Gros der Kunstateliers, Schauspiel und Eurythmie im ersten Campus zu finden sind.

Aus anfangs 150 Studenten wurden fast 700. Alanus ist eine untypische Kunsthochschule, die neben bildender und darstellender Kunst auch Studiengänge in Wirtschaft und Bildungswissenschaft anbietet. Die Studiengebühren tragen etwa ein Drittel der Kosten, der Rest wird durch Firmenpartnerschaften und Zuwendungen von Stiftungen in Baden-Württemberg und Hessen, darunter auch die Software AG Stiftung, finanziert. „Das Engagement der Region um Bonn ist entwicklungsfähig“, umschreibt da Veiga die mangelnde Einsicht hierzulande, welche Bereicherung diese Kunsthochschule mit universitärem Charakter und der einzigartigen Möglichkeit, an einer nichtstaatlichen Hochschule ein Staatsexamen fürs Lehramt abzulegen, darstellt.

Es gibt eine respektvolle Kooperation mit der Hochschule Bonn/Rhein-Sieg und der Universität Bonn, die den in der Synthese von Kunst und Wirtschaft von Alanus geleisteten Beitrag zur Bildungsvielfalt anerkennen.

Alanus-Absolventen können über Schranken hinwegdenken und haben gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Das für seine Nachhaltigkeit mehrfach ausgezeichnete Alanus-Wirtschaftsstudium eröffnet auch geisteswissenschaftliche Blickwinkel, das Kunststudium ist praxisbezogen. Die Befähigung zur effektiven Problemlösung vermitteln beide.

Da Veiga möchte auch künftig Philosophie so betreiben, dass „man daraus Entwicklungspotentiale gewinnt“. An der Alanus Hochschule sollen konstruktive Lösungen entstehen, im Gegensatz zum nicht nur in der Politik weit verbreiteten Kritizismus: „Statt des kritischen Bürgers wird jetzt der initiative Bürger gebraucht“.

Marcelo da Veiga, jetzt in seiner dritten Amtsperiode als Rektor und unverdächtig der Teilhabe an den braunen Auswüchsen Deutschlands, (entfällt) rät den Deutschen zu mehr Selbstbewusstsein: „Deutsche Intellektuelle tun sich schwer, etwas gut zu finden und sich mit Idealen zu identifizieren. Das hängt mit der Geschichte zusammen. Aber bringt es wirklich weiter, wenn Deutsche sich nur mit ihrer Fußballmannschaft identifizieren können?“

In den kommenden Jahren möchte er die Alanus Hochschule als interdisziplinären Bildungsstandort weiter etablieren.  Hier sollen zukunftsweisende Initiativen für aktuelle Gesellschafts- und Menschheitsfragen und für ein Deutschland der Nachhaltigkeit entwickelt werden. Eine Herausforderung, wie der Rektor sie liebt.

R.

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