Das Buch: Weltoffenes Deutschland? Zehn Thesen, die unser Land verändern von Eva Quistorp, Richard Schröder, Gunter Weißgerber

Europa - Deutschland

Waldemar Ritter: Die Autorität der Demokratie

Drei herausragende Autoren, die als Bürgerrechtler ihr Leben lang mutig für Freiheit und gegen eine Diktatur gekämpft haben, haben sich in zehn Thesen damit auseinandergesetzt wie unsere Zukunft gesichert werden und zugleich Deutschland – Deutschland und Demokratie – Demokratie bleiben kann. Sie sprechen aus, was Millionen denken und was trotzdem nicht genau genug gehört werden will. Ihr Buch ist eine Absage an Multikulti-Naivität und „Political Correctness“ und stellt entscheidende Fragen: Auffanglager für alle Flüchtlinge? Welche Grenzen ziehen und welche schließen? Wann sind unsere Kapazitäten erschöpft?
Die Thesen antworten darauf mit unbequemen Wahrheiten und ohne Angst vor Widerspruch. Meine drei Freunde/in tun das, was sie ihr Leben lang getan haben: Sie stehen auf für Bürgerrechte und dafür, das dieses Deutschland eine gute Zukunft hat. Mutig, streitbar und mit klarem Blick für die Zustände in unserem Land.

Vor einem halben Jahr haben die Autoren zehn Thesen für ein weltoffenes Deutschland gemeinsam verfasst und unterschrieben. Die Vertiefungen und Kommentare des vor kurzem erschienenen Buches verantworten dagegen die Autoren jeweils allein.

Ein weltoffenes Deutschland ist für sie nicht dasselbe wie ein Deutschland mit völlig offenen Grenzen. Grundsätzlich bejahen sie Zuwanderung und begrüßen die Freizügigkeit in der europäischen Union. Aber Zuwanderung nach Europa muss kontrolliert und maßvoll erfolgen, „Weltoffen“ heißt nicht Selbstaufgabe. Deutschland wird sich durch Zuwanderung verändern, das war schon immer so, aber bitte nicht so, dass wir und unsere Urenkel es nicht wiedererkennen.“ Weltstoffen heißt auch: offen für Anregungen aus anderen Erdteilen und Kulturen. Es heißt aber nicht je bunter, umso besser. Nicht alles, was Zuwanderer an Überzeugungen und Gewohnheiten mitbringen, bereichert uns. Manches wirft uns zurück und verstärkt, was wir für überwunden hielten. Wir können gegen die Fremdenfeindlichkeit und Abschottungstendenzen nur dann wirksam vorgesehen, wenn wir die großen Probleme und schlimmen Folgen, die sich aus der massenhaften Zuwanderung, 2015/16 ergeben haben und noch ergeben werden, weder beschönigen noch gar verschweigen. „Wir schaffen das“ ist keine Tatsache, sondern eine Hoffnung.

Hier These für These zusammengefasst auf ihre Kerngedanken und Zitate der Autoren aus dem Buch:

These 1
Afrika ist unser Himmel – aber nicht so!

Die Zuwanderung nimmt noch weiter zu. 500 Millionen Afrikaner wollen nach Europa. Nachsatz der Autoren: „Daraus ergibt sich zwingend, dass Europa die Immigration regulieren muss. Wir können nicht alle aufnehmen, die zu uns kommen wollen.“

These 2:
Wir nehmen Flüchtlinge auf unter diesen Bedingungen.

Wir müssen viel klarer unterscheiden zwischen Asylsuchenden und Immigration aus wirtschaftlichen Gründen. Identitätsverschleierung muss rechtsstaatlich begegnet werden. Anreize, die außereuropäische Migranten aus anderen europäischen Ländern nach Deutschland zu locken, sollten abgebaut werden.

Kein Mensch ist illegal. Seine Existenz ist nie illegal. Der Satz vernebelt zwei notwendige Unterscheidungen: „Zweifellos können Menschen, die nicht illegal sind, illegales tun und sich auch illegal aufhalten, als Einbrecher etwa. Der illegale Grenzübertritt ist auch dann illegal, wenn dort nur Schilder stehen und kein Zaun oder gar eine Mauer mit Stacheldraht“, RS S. 24

„Mit dem Geld, das wir für einen Migranten ausgeben, können in Herkunftsnähe fünfzig Personen unterstützt werden“, RS S. 40
„Wenn suggeriert wird, die Aufnahme der Flüchtlinge würde sich für uns lohnen, ist das eine schäbige, unwürdige Haltung, die sich nicht an der Menschenwürde der Flüchtlinge orientiert. Denn wenn es sich nicht lohnen würde, was dann?

Wohlgemerkt: Das Gute darf sich auch lohnen, es ist nicht deshalb gut, weil es sich lohnt. Schön, wenn die Flüchtlinge uns nützen. Und wenn nicht, schützen wir sie dennoch.

Die vielen ehrenamtlichen Helfer, die sich für die ankommenden engagieren, denken dabei mit Sicherheit nicht an die Sicherung ihrer Rente. Sie fragen nicht danach, ob sich ihr Engagement für sie selbst lohnt, sondern wollen Menschen in ihrer Not oder die in Schwierigkeiten sind, helfen. Sie sind moralisch jenen Nützlichkeitsberechnern weit überlegen. Den Bedarf an Arbeitskräften durch Flüchtlingsströme anstatt durch regulierte Einwanderung regeln ist moralisch verwerflich. RS S.42

These 3:
Aufnahmelager sind nicht unbarmherzig.

Alle Immigranten sollen zunächst in ihrer Bewegungsfreiheit beeinträchtigt werden und in Aufnahmelagern unterkommen, bis geklärt ist, ob sie bleiben dürfen. Der Staat muss verhindern, dass abgelehnte Asylbewerber untertauchen, also illegal im Lande bleiben. So beugt man vor, dass Zuwanderer denken: „Die Deutschen kann man leicht betrügen.“

These 4:
Das Staatsgebiet ist: „Schauplatz der staatlichen Herrschaft“.

Ein moderner Staat kann die in ihn gesetzten hohen Erwartungen ohne Grenzkontrollen nicht erfüllen. „Bei völlig offenen Grenzen ist ein Sozialstaat unmöglich, denn das bedeutete unbegrenzte Ausgaben bei begrenzten Einnahmen. Und das funktioniert nie.“
Nachsatz der Autoren: „Wenn ein Regierungsmitglied – und ausgerechnet die Integrationsbeauftragte – erklärt, außer der deutschen Sprache gebe es keine deutsche Kultur, sollten wir sie bitten, auch mal in Frankreich oder Polen lautstark zu behaupten, es gebe keine französische oder polnische Kultur.“

„Das Nivellieren, das Verschwinden dessen, was Europa und Deutschland ausmacht, würde die Welt ärmer machen. Menschen zu helfen und die eigene Kultur zu bewahren, schließen sich nicht aus. Es muss Grenzen geben – innere wie äußere.“ GW S.73

These 5:
Wir dürfen die Kapazitätsgrenze nicht überschreiten.

Asylrecht kennt keine Obergrenze, aber es gibt eine Kapazitätsgrenze. Die Autoren definieren sie so: „Diese Grenze wird gewahrt, solange die Zuwanderung die üblichen Abläufe in öffentlichen Einrichtungen, Kitas, Schulen, Krankenhäusern, nicht stört oder gar zerstört.“
Die Zuwanderungswelle 2015/16 hat die Kapazität grenze überschritten, die Folgen werden erst nach und nach sichtbar werden.

These 6:
Familien gehören zusammen – aber nicht immer.

Zum Familiennachzug:
Es ist empirisch belegt, dass mit dem Nachzug der Familie in der Regel die Integrationsbereitschaft sinkt.

Nachsatz der Autoren: „Befindet sich die Familie in einem sicheren Drittland nahe bei der Heimat, sollte die „Familienzusammenführung“ darin bestehen, dass der in Deutschland befindliche Migrant zu seiner Familie fahren kann und nicht umgekehrt.“
Minderjährige sollen sogar ganz ihren Eltern zugeführt werden, wenn diese sich an einem sicheren Ort befinden.

These 7:
Ganz Deutschland hat Angst? Von wegen!

Angst vor Fremden ist beispielsweise angesichts krimineller Parallelgesellschaften weder rassistisch noch faschistisch.

Nachsatz der Autoren: „Überfremdungsängste wie die vor einer Islamisierung Deutschlands oder gar der Einführung der (strafrechtlichen) Scharia in Deutschland sind vollkommen abwegig. Wenn jedoch in einer Schulkasse in bestimmten Stadteilen 80 Prozent der Schüler mangelhaft deutsch sprechen, werden Alteingesessene ihr Kind in einer anderen Schule unterbringen.“

„Die Destabilisierung Deutschlands und der EU kann in direkter Linie auf das Datum September 2015 zurückgeführt werden. Unsere Enkelkinder – und hier speziel die Mädchen unter ihnen – werden für ihre Rechte streiten müssen. Das zu schreiben ist nicht Angstmache, es liegt in der Logik der plötzlichen Massenzuwanderung einer vorwiegend patriarchalischen und sehr männlich geprägten Kultur statt einer über Jahrzehnte und Jahrhunderte umfassenden konfliktfreieren Wanderung.
Dies alles bedenkend, sollten Menschen mit Fragen und Kritik nicht undifferenziert und überheblich abqualifiziert werden. Ist doch diese spezielle Überheblichkeit ein Eingeständnis mangelnder Kenntnis grundlegender Zusammenhänge unserer Gesellschaft. Nicht der Warnende ist der Blamierte. Der Überhebliche wird es sein.“ GW S.99

These 8:
Denk’ ich an Deutschland in der Nacht: Engagierte Weltoffenheit statt gleichgültigem Nebeneinander.

Die Behauptung, Zuwanderer wollten sich integrieren, trifft nur bedingt für Zuwanderer aus islamischen Ländern zu. „Bei Muslimen treten leider besonders häufig Integrationsprobleme auf.“

Nachsatz der Autoren: „Typische Konfliktpunkte mit Muslimen, und zwar nicht nur den salafistischen, sind folgende: die Stellung zur Frau, zu den Juden, den Homosexuellen, denjenigen, die sich vom Islam abwenden (darauf steht die Todesstrafe), das Verhältnis von Staat und Religion sowie eine generelle Staatsverachtung zugunsten des Clans.“

„Ich habe das Abenteuer erlebt, zwei Jahre das kleine Mädchen Modina auf ihrem Weg zu betreuen, Berlinerin und ein starkes Mädchen zu werden. Es ist traurig erleben zu müssen, wie der alleinerziehende Vater mit Lügen – unterstützt von der Heimleitung – Modinas Beziehung zu mir abgrub und ohne Dank und Abschied abbrechen konnte. Modina war fröhlich und lernbegierig geworden, hatte wunderbar Deutsch und Singen bei mir gelernt, suchte meine Nähe. Das zerstörte den Männerstolz des Vaters, dem sein Ansehen in seinem Clan wichtiger war. Es ist fatal, wenn diese Haltungen von Sozialarbeitern und Schulleiterin unterstützt werden. Es fehlen Väter und Mütterkurse, in denen demokratische Erziehungskultur vermittelt wird. Wir sollten die weltoffene, europäische Kindererziehung Migranten nahebringen, statt ihnen diese vorzuenthalten durch faule Toleranz des sogenannten `Anderen`“. EQ S. 11

These 9:
Wir brauchen einen neuen Pakt zwischen dem Staat und seinen Bürgern.

Der Uralt-Sozi Ferdinand Lassalle hilft uns seit Herbst 2015 auf die Sprünge: „Alle große politische Aktion besteht in dem Aussprechen dessen, was ist und beginnt damit. Alle politische Kleingeisterei besteht in dem Verschweigen und Bemänteln dessen was ist.“

„Wenn in einem Parlament Fragen und Ängste, die viele Bürger bewegen, nicht angesprochen werden, artikulieren sie sich außerparlamentarisch …“ und…

These 10:
So kämpfen wir für Freiheit und Frieden und gegen die Fluchtursachen.

Wir können Fluchtursachen in den Herkunftsländern nicht von heute auf morgen beenden. Darüber darf es keine Illusionen geben. Alle Bemühungen sind langfristige Projekte, „die in den nächsten Jahren noch keine Wirkung zeigen können.“
„Wenn es um die Bekämpfung von Fluchtursachen geht bleibt viel zu tun. …Wir müssen die Uno reformieren und ihre Schwächen, ihre dunklen Seiten bekämpfen. Man denke nur an die Diktaturen und autoritären Großmächte im Menschenrechtsrat. Auch die EU muss umgestaltet, effizienter und bürgernäher werden – denn beide Institutionen brauchen wir dringend.“ EQ S.140ff

Diesen zehn Thesen füge ich vier hinzu:

a) Europa kann nicht die Probleme außereuropäischer Länder auf seinem Territorium löse.

b) Die „giftige Debatte“ über den Umbau des Asylrechts und der Umverteilung von Flüchtlingen in Europa muss beendet werden.

c) Es gibt in Deutschland nicht nur bei Links und Rechtsextremisten Antisemitismus. Die Ursache für deutlich zunehmende Judenfeindlichkeit ist auf den Flüchtlingsstrom nach Deutschland zurück zu führen. In arabischen Ländern ist Antisemitismus weit verbreitet. Wenn Menschen aus diesen Ländern zu uns kommen, kann das hierzulande zum großen Problem werden. Die Zuwanderung nach Deutschland ist längst keine deutsche Angelegenheit mehr. Antisemitismus darf kein Platz in Deutschland haben.

d) Gegenüber dem Autoritarismus der uns überall umgibt, ist die Antwort nicht die autoritäre Demokratie oder die der Schlafwandler, sondern die Autorität der Demokratie, auch um dem Vertrauensverlust der Bürger zu begegnen.

 

Die Autoren des Buches:

Richard Schröder ist Philosoph und Theologe, Er war 1990 SPD-Fraktionschef in der ersten und letzten freigewählten Volkskammer der DDR und danach Mitglied des Deutschen Bundestages.

Eva Quistorp ist Theologen und ein Mitbegründerin der Grünen, für die sie im Europaparlament war.

Gunter Weißgerber ist Ingenieur, er war Mitbegründer der SPD in der DDR und für die Sozialdemokraten im Deutschen Bundestag.