Brite und Europäer

Sir Ian Kershaw (li.) erhielt in Aachen die „Médaille Charlemagne“. Laudator war Stefan Aust, Herausgeber der „Welt“. © Frank Fäller

Mit der Vergabe der 18. Karlsmedaille würdigte der Verein „Médaille Charlemagne pour les Médias Européen“ Sir Ian Kershaws kürzlich im Aachener Rathaus als „wahren Unterstützter eines gemeinsamen Europas“.

Ein Historiker, der fließend deutsch spricht, zahlreiche Bücher zum Dritten Reich veröffentlicht hat, mahnt in seinen Werken: Vorsicht vor Populismus. Deutschland und das Königreich Großbritanniens in Europa zu verstehen könnte bedeuten: „Einen soft-Brexit könnte ich mir vorstellen“, sagte der Preisträger, der heute in Manchester lebt. Eine „zweite Chance der Insel“ könne er sich als Europäer in einem weiteren Referendum vorstellen, aber unwahrscheinlich sei. Wer sei bereit Geld zu investieren, um Probleme wie Armut und Migration zu lösen? Hier könne Europa wachsen, die Sprache, die Kultur, die Musik erleben. Besser noch: die Jugend mit ins europäische Boot nehmen.

Stefan Aust, Laudator bei der Preisverleihung und Herausgeber der Zeitung die „Welt“ betonte, dass Journalisten Zeitgeschehen schnell beurteilen müssten, Historiker dagegen erst nach Jahren urteilen. So wie Ian Kershaw in seinen Werken, die auch „Höllenwerk“ heißen, in der Rückschau auf faschistische Gräueltaten den Leser faktisch aufklären. Es sei wichtig, eine Sichtweise der europäischen Nachbarn zu verstehen. „Mit Prognosen liegt ein Journalist vielleicht daneben, ein Historiker kann über Jahre hinaus Fakten auswerten.“ (ff)

Karl Medaille
Stefan Aust, Herausgeber der „Welt“. © Frank Fäller